Gröbenzell:Ärger über München

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Die Planungen für neue Wohnungen in Lochhausen rufen bei einigen Gröbenzeller Gemeinderäten Kritik hervor

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Ist es angesichts der Wohnungsnot angemessen, den Bau von Geschosswohnungen in Lochhausen an der Grenze zu Gröbenzell als "menschenverachtend" zu bezeichnen und abzulehnen, weil das Bauvorhaben den Verkehrsengpass auf der Olchinger und Lochhausener Straße in Gröbenzell verstärkt? Über diese Frage und die richtige Strategie im Umgang mit weiteren größeren Bauprojekten der Landeshauptstadt wird in Gröbenzell kontrovers diskutiert. Obwohl die Verärgerung über München groß ist, stellt sich die Mehrheit der Gemeinderäte nicht gegen das Vorhaben Münchens, wie das die CSU gefordert hat. Stattdessen sucht die Gemeinde den Dialog mit dem Bezirksausschuss für Lochhausen und Aubing, um die strittigen Fragen zu klären. Auch unter Münchner Bezirkspolitikern gibt es ähnliche Forderungen wie in Gröbenzell.

Was CSU-Fraktionssprecherin Brigitte Böttger und andere in Rage bringt, ist eine Planung ohne Rücksicht. An der Stadtgrenze sollen etwa 1000 Geschosswohnungen entstehen, ohne dass Einkaufsmöglichkeiten geschaffen oder andere Infrastrukturmaßnahmen ergriffen werden. Mit der Folge, dass künftig noch mehr Lochhausener zum Einkaufen nach Gröbenzell fahren und auch ihre Kinder im Nachbarort aufs Gymnasium schicken.

Die Gröbenzeller Politiker erheben deshalb drei Forderungen. Wegen des starken Fahrgastaufkommens in Lochhausen gilt es als "zwingend erforderlich", auf der Linie S 3 ganztags durchgehend einen Zehn-Minuten-Takt einzuführen. Um die Verkehrsbelastung für Gröbenzell in Grenzen zu halten, soll die Verdichtung zudem an einen Ausbau der Buslinien gekoppelt werden. Zudem sollen neben Schulen und Kindertagesstätten in Lochhausen auch Einkaufsmöglichkeiten geschaffen werden. Auch wird das Münchner Planungsreferat gebeten, das Strukturkonzept für den Stadtteil Lochhausen nach Gröbenzell zu übermitteln.

Die kontroverse Diskussion zeigt, dass sich die Gemeinde in der Rolle eines Bittstellers befindet, der schon seit Jahren weder in die Planungen eingebunden, noch ausreichend informiert wird. Auch die Hoffnung, den Strukturplan zu bekommen, ist gering. München habe kein Interesse an öffentlichen Diskussionen oder Transparenz, bemängelt Zweiter Bürgermeister Martin Runge (Grüne).

"Gröbenzell wird wie eine Krake überwuchert", poltert Brigitte Böttger (CSU) in einem von ihr selbst als "emotional" bezeichneten Beitrag. Die Stadt wachse rücksichtlos an Gröbenzell heran und zwinge die Lochhausener dazu, für Erledigungen ins Auto zu steigen und in den Nachbarort zu fahren, der im Verkehr ersticke. Das sei "menschenverachtend". Peter Falk warnt vor solchem "Verbalradikalismus". Der SPD-Fraktionssprecher empfiehlt, das Gespräch mit dem Bezirksausschuss zu suchen. Und er erinnert daran, dass auch Gröbenzell nicht immer perfekt plant.

Inga Wiebers (SPD) begrüßt es, dass München Flächen für den Wohnungsbau ausweist, was Gröbenzell nicht mache. Dritter Bürgermeister Axel von Walter (SPD) sieht überhaupt keine Beeinträchtigung der Lebensqualität in der Gartenstadt. Geplant werde im Grünen in der Nähe zur Autobahn und in der Nähe zur S-Bahn-Lochhausen. Deshalb sei die Kritik unangemessen. Laut Rainer profitieren alle fast alle in Gröbenzell und in der Region von der florierenden Wirtschaft und den Aktivitäten der Landeshauptstadt.

Thomas Breitenfellner (CSU) befürchtet Folgen für das Gewerbe in der Gemeinde, wenn der Dauerstau anhält. Der Standort verliere an Attraktivität, wenn er nur noch schwer zu erreichen sei. Der CSU-Politiker regte an, die Staatsstraße zwischen Gröbenzell und dem Anschluss an die Westumfahrung der A 99 hinter Lochhausen auf drei Spuren auszubauen. Morgens könnten zwei Spuren stadteinwärts und abends zwei Spuren stadtauswärts befahren werden. Auf diese Weise lasse sich das Nadelöhr zwischen München und dem Landkreis Fürstenfeldbruck beseitigen.

Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) schlägt eine andere Lösung vor. Er plädiert dafür, es bei zwei Fahrspuren zu belassen, zusätzlich aber eine Busspur zu schaffen. Grünen-Gemeinderat Markus Rainer meldet sich mit einer anderen Vision zu Wort. Er regt an, einen Fahrradweg oder Fahrradschnellweg zu bauen. Werde dieser nach holländischem Vorbild überdacht, könnte man auch bei Regenwetter radeln, ohne nass zu werden.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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