Gröbenzell:Abschied von der Hexe

Lesezeit: 2 min

Zu einem beliebten Treffpunkt entwickelte sich die Musikkneipe "Hexe", welche die letzten Jahren in der ehemaligen Bahnhofswirtschaft untergebracht war. (Foto: Günther Reger)

Das beliebte Musik- und Kultlokal in einem der ältesten Häuser von Gröbenzell hat an diesem Samstag zum letzten Mal geöffnet. Wie so oft, legt ein DJ auf. Die Zukunft der früheren Bahnhofswirtschaft ist ungeklärt

Von Gerhard Eisenkolb, Gröbenzell

Wehmütig dürfte es an diesem Samstagabend, 13. Februar, in dem Gröbenzeller Musik- und Kultlokal "Die Hexe" in der Kirchenstraße zugehen. Die besonders bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebte Kneipe hat nämlich zum letzten Mal unter der alten Geschäftsführung geöffnet. Dann wird die Gaststätte "vorerst" auf unbestimmte Zeit geschlossen. Ob und wann sie wieder eröffnet wird, ist offen. Eine Wiedereröffnung wird es nur dann geben, wenn die Eigentümer, die beiden Brüder Michael und Martin Schäfer - Letzter ist der Bürgermeister der Gemeinde -, einen Pächter finden, der die Gaststätte in ihrem Sinn weiterführt.

Von 21 Uhr an wird am Tag vor der Schließung ein DJ wie so oft für das sorgen, was die Stammgäste des Lokals so lieben: Stimmung. "Es wird recht voll", erklärte eine Mitarbeiterin der Hexe am Freitag auf SZ-Anfrage in Anspielung auf den zu erwartenden Ansturm an Gästen. Zu der Abschiedsparty kann jeder kommen, der Lust hat.

Das in die Jahre gekommene Lokal soll erst dann wieder geöffnet werden, wenn es den Eigentümern gelingt, einen Pächter zu finden, der die ehemalige Bahnhofsgaststätte so führt, wie es ihren Vorstellungen entspricht. Also in der Tradition des Musiklokals. Laut Auskunft der Mitarbeiterin soll aus der Hexe nämlich kein "Inlokal" werden. Als schicke Gaststätte, die mit Ledermöbeln ausgestattet ist, werde die Kneipe, die für Generationen von Heranwachsenden so etwas wie ein zweites Wohnzimmer war, nicht funktionieren, sagte die Mitarbeiterin. "Wir sind dran", sagte am Freitag Michael Schäfer. Er berichtete von Gesprächen mit Pachtinteressenten.

Neben der Suche nach einem Pächter haben die Eigentümer noch eine andere Zukunftsoption. Laut Michael Schäfer gibt es nämlich auch Kaufinteressenten für das vor 115 Jahren errichtete Gebäude, vor dem die Gröbenzeller 1953 mit dem damaligen bayerischen Innenminister Wilhelm Högner die Erhebung ihres Orts zu einer selbstständigen Gemeinde gefeiert hatten. Der Standort im Ortszentrum in unmittelbarer Nähe zum Ostbahnhof gilt als interessant für Investoren - auch wegen des Baurechts.

Diese ungewisse Zukunft beschäftigt die Gröbenzeller auch in sozialen Netzwerken. So wird auf Facebook über eine Initiative zum Erhalt der Kneipe und über das Sammeln von Unterschriften diskutiert. Für die Gröbenzeller ist das nichts Neues. Schließlich stand das Lokal schon 1993 vor dem Aus. Damals hatten Karin Klöpper und Lilli Kammerl eine Bürgerinitiative gegründet, die so viele Unterstützer fand, dass die Hexe erhalten werden konnte.

Einen Tag vor der Abschiedsparty kündigte Sebastian Huber, der Ortsvorsitzende der Jungen Union an, dass sich die CSU-Nachwuchsorganisation für den "Erhalt des einzigen verbliebenen Treffpunktes für Jung und Alt" in der Gemeinde einsetzen werde. Huber fordert den Gemeinderat und den Bürgermeister auf, ebenfalls aktiv zu werden. Der JU-Appell bringt den Bürgermeister in einen Interessenkonflikt. Schließlich ist er als Miteigentümer des Lokals persönlich betroffen, auch wenn er sich seit seinem Wahlsieg im Jahr 2014 aus den Geschäften der Unternehmen seiner Familie zurückgezogen hat.

Nun den Prozess der Schließung beobachten zu müssen, beunruhigt laut dem JU-Chef viele junge und alteingesessene Gröbenzeller. "Die Hexe ist der einzige, funktionierende und angenommene Treffpunkt für Jugendliche ab 16 Jahren in Gröbenzell", stellt Huber fest. Das Musiklokal biete Jung und Alt die Möglichkeit, sich abends zu verabreden. Verschwinde die Hexe ganz, sei ein "dauerhaftes Aussterben des Ortslebens" zu befürchten. Besorgt äußert sich auch die stellvertretende JU-Ortsvorsitzende Julia Sturm. Sie erinnert daran, dass mit der Schließung von Königstubn und Unikum sowie dem Umbau vom Caféperte die Ausgeh-Optionen für Jugendlichen stark geschrumpft seien.

SPD-Fraktionssprecher Peter Falk erinnert daran, dass es in den 1990er-Jahren die Überlegung gab, die historische Gaststätte unter Denkmalschutz zu stellen. Als das Gebäude gerettet war, sei dieser Gedanke nicht mehr weiter verfolgt worden. Für Albert Donhauser, den stellvertretender Vorsitzender der Gröbenhüter, ist die ehemalige Bahnhofsgaststätte für die Gemeinde ebenso wichtig wie die inzwischen denkmalgeschützte Alte Schule.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: