Fürstenfeldbruck:Wunderbar kantable Musik

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Heiter und fließend: Das Talich Quartett eröffnet die "Fürstenfelder Konzertreihe" im voll besetzten Stadtsaal mit Haydn, Brahms und Janáčeks. (Foto: Günther Reger)

Das Talich Quartett erntet vom Brucker Publikum viel Applaus

Von Klaus Mohr, Fürstenfeldbruck

Mit einem Streichquartett, der klassischsten aller Kammermusikbesetzungen, wurde die 14. Saison der "Fürstenfelder Konzertreihe" am vergangenen Samstag im voll besetzten Stadtsaal eröffnet. Traditionen spielen in der Musik nicht nur aus dem Blickwinkel der Komponisten für ihre Werke eine wichtige Rolle, sondern auch bei den Künstlern in den Ensembles und nicht zuletzt bei den Konzertreihen, in denen sie erklingt. Das Talich Quartett existiert seit mehr als 50 Jahren. Auch wenn keines der Gründungsmitglieder mehr dabei ist, existieren Spieltraditionen, die zumindest über den Primarius des Ensembles, Jan Talich Jr., der der Sohn des Streichquartettgründers ist, weitergegeben werden. Dem Quartett gehörten außerdem Roman Patočka (Violine), Aida-Carmen Soanea (Viola) und Petr Prause (Violoncello) an.

Joseph Haydn gilt als "Vater des Streichquartetts" und begründete so eine Tradition, die auch in den beiden anderen Werken des Abends hörbar wurde. Sein "Lerchenquartett" in D-Dur op. 64 Nr. 5 stand als erstes auf dem Programm. Der Kopfsatz (Allegro moderato) begann hauchzart mit einer Begleitung in den Unterstimmen, in der Noten und Pausen gleichberechtigt waren. Die darauf aufbauende Kantilene der ersten Violine in hoher Lage gab dem Quartett seinen Beinamen. Der gut getroffene Charakter dieses Satzes ergab sich aus der transparenten Korrespondenz zwischen führender erster Geige und den Begleitstimmen, aber auch aus der Korrespondenz zwischen gebundenen und gestoßenen Noten. Auch in den anderen Sätzen blieb die Rolle des Primarius herausgehoben, sei es durch die impulsartigen Vorschläge im Menuet oder die prägnant dahinrasenden Sechszehntelketten im heiteren Vivace-Finalsatz.

Leoš Janáčeks erstes Streichquartett mit dem Beinamen "Kreutzersonate" stammt aus dem Jahr 1923. Es folgt dem Geist nach klassischen Vorbildern und atmet an vielen Stellen die Wehmut böhmischer Musik. Dennoch war der Komponist hier deutlich auf der Suche nach klanglichen Nuancierungen und einer Konfrontation mit den Klängen seiner Zeit. Einer burlesken, tänzerischen Szene mit abruptem Ende wurde im zweiten Satz überzeugend ein Tremolo an der Grenze des Hörbaren entgegengesetzt. Kratzige Einwürfe wirkten wie ein gut dosiertes Störfeuer für eine veritable Kantilene im dritten Satz und immer wieder wirkte der gedämpfte Klang wie unter einer Käseglocke. Beeindruckend geriet die Steigerung in Dynamik und Bewegungstempo gegen Ende des Finales.

Für das Klavierquintett in f-Moll op. 34 von Johannes Brahms wurde das Talich Quartett um den Pianisten Dinis Schemann verstärkt. Die Leidenschaftlichkeit der Tonart f-Moll setzten die Musiker eher introvertiert um, äußere Effekte blieben ihnen fremd. Dadurch entfaltete sich ein transparentes Netzgewebe der Stimmen, das trotz der im Vergleich zu Haydn deutlich größeren Komplexität im Zusammenspiel eine Weiterentwicklung kammermusikalischer Grundideen hörbar werden ließ. Die schön fließende Bewegung im Kopfsatz (Allegro non troppo) fußte auf einem quasi demokratischen Prozess, weil die Führungsrolle zwischen den Instrumenten organisch wechselte und sich so eine stringente Melodielinie ergab. Das Andante führte Steigerungen zu hymnischer Größe, während das Scherzo durch Leuchtpunkte im Klavier seinen tänzerischen Charakter unterstrich. Sowohl das Scherzo als auch der Finalsatz begannen geheimnisvoll schwebend.

Es war in beiden Fällen ein beeindruckendes Erlebnis, wie aus diesem Urgrund wunderbar kantable Musik entstand. Eine Zugabe belohnte am Ende den reichen Applaus des Publikums.

© SZ vom 27.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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