Fürstenfeldbruck:Wilder Gesang, dramatischer Text

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Fürstenfeldbruck lernt den Bänkelgesang kennen

Von Marcel Holland, Fürstenfeldbruck

Mord, Liebe, Intrigen und politische Ereignisse sind der Stoff, aus dem viele Schauergeschichten gemacht sind. Diese Geschichten wurden über eine lange Zeit von Bänkelsängern, die von Ort zu Ort zogen, auf den Straßen und Marktplätzen der Städte verbreitet. Im Gepäck hatten sie stets Bildertafeln, die ihre Dichtungen untermalten. Auf diese Weise unterhielten sie, meistens auf Podesten oder "Bänkel" stehend, ihr Publikum. Um dabei ihren Lebensunterhalt zu verdienen, verkauften sie Liederhefte unter den Zuhörern, damit diese dann in die Gesänge mit einstimmen konnten.

Diese Tradition wird vom Volksmusikarchiv wiederbelebt. Seit nun mehr 30 Jahren ziehen die modernen Bänkelsänger von Landkreis zu Landkreis und beglücken dort die Menschen mit den alten Volksweisen. Am Samstag, 14. Juli, wollen die Moritatensänger des Bezirks Oberbayern dann auch erstmals in Fürstenfeldbruck auftreten. Auf dem Geschwister-Scholl-Platz in der Buchenau werden sie ganz traditionell wie die alten Bänkelsänger mit ihrer Bildertafel auftreten und ihre Balladen und Moritate vortragen. Unter anderem werden sie vom "Boarischen Hiasl" und vom "Räuber Kneißl", der insbesondere im Landkreis sein Unwesen trieb und bis heute als Volksheld gilt, erzählen.

"Die Moritat ist als musikalische Gattung insbesondere oft eine Klage von der unterschichtigen Bevölkerung an die Obrigkeit", erklärt Ernst Schusser, Leiter des Volksmusikarchivs. "Man wollte gerade heraus oder aber zwischen den Zeilen Kritik üben an den Regierenden." Vor zehn Jahren etwa, als sich ein Braunbär, man gab ihm den Namen "Bruno", über die deutsch-österreichische Grenze verirrte, dichteten die Sängerinnen und Sänger des Archivs eine Moritat, die den Abschuss des Bären kritisierte. "Die Moritate haben immer einen sehr starken Zeitbezug", führt Schusser weiter aus. "Manchmal ist die Thematik einfach zeitlos, dann bleiben die Gesänge erhalten." Wie beim "Gefängnislied", das ebenfalls zu hören sein wird. Es säßen ja immer Menschen im Gefängnis, ob populäre oder unbekannte. Außerdem habe dieses Stück auch einen besonderen örtlichen Bezug, da es in Fürstenfeldbruck in den 1950er Jahren vom Kiem Pauli, einem Volksmusiksammler, aufgezeichnet und archiviert wurde. Die Moritat selbst bezeichnet eine bestimmte Art des Liedes, das mit einfacher Melodie und meistens zusammen mit Violine, Gitarre oder Drehorgel vorgetragen wird. Zum Thema hat es schauerliche oder rührselige Geschichten, die oft mit einer belehrenden Moral enden.

"Es ist aber kein Chorgesang oder Oper oder der gleichen", so Schusser. "Es ist wilder Gesang mit einer oder vielleicht zwei Stimmen. Musik, bei der jeder mitsingen kann." Die Zuhörer sind also eingeladen, nicht nur zu zuhören sondern auch kräftig mit zu singen. Dafür werden auch Liederhefte verteilt, die anders als früher sogar kostenlos mit nach Hause genommen werden dürfen.

Moritatengesang, Samstag, 14. Juli, 10 bis 12 Uhr, Fürstenfeldbruck, Geschwister-Scholl-Platz.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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