Fürstenfeldbruck:Wenn der Azubi nicht nach Österreich darf

Lesezeit: 2 min

Brucks Unternehmer sind dabei, Flüchtlinge erfolgreich zu integrieren. Sie klagen jedoch über behördliche Willkür

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Fortschreitende Digitalisierung, berufliche Bildung, flexiblere Arbeitszeiten und neue Arbeitsplatzmodelle sowie die Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt sind die Themen, die die Unternehmer im Landkreis derzeit beschäftigen. Um Antworten auf die drängendsten Fragen zu bekommen, lud der Regionalausschuss Fürstenfeldbruck der Industrie- und Handelskammer (IHK) die CSU-Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler aus Türkenfeld zu seiner Sitzung am Dienstag ein. Von den Ausschussmitgliedern erfuhr sie, wie die Firmen bei ihrer Entwicklung und dem Aufbau von Fachkräften durch gesetzliche Vorgaben und deren Ausführung durch die Behörden gehemmt werden. Insbesondere bei der Ausbildung und Beschäftigung von Flüchtlingen stoßen die Firmenchefs dabei oft an ihre Grenzen, weil unter anderem das Münchner Kreisverwaltungsreferat die Fälle rigoros behandle.

Im Tagesgeschäft geht es nicht nur dem IHK-Ausschussvorsitzenden Michael Steinbauer, besonders bestellter Bevollmächtigter vom Maisacher Schalungsbauer Deutsche Doka so, sondern auch Stephan J. Reinhold , Ausschussmitglied und Prokurist von Cewe in Germering. Steinbauer hat einen Lehrling, dem der Aufenthalt in Deutschland gestattet ist. Nun sollte der junge Mann, wie jeder andere Azubi der Firma auch, in einem Werk in Österreich an einer Qualifizierungsmaßnahme teilnehmen. Doch nicht mit dem Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR). Die beschieden dem Azubi und seiner Firma, so Steinbauer, dass es "nicht im Interesse der Bundesrepublik" sei, wenn der Flüchtling dorthin reise. Und auch Reinhold erzählt Flüchtlingen, die in seiner Firma Beschäftigung gefunden haben. Während der aus Syrien keine Probleme habe und auch überall hinreisen dürfe, gebe es für den Mitarbeiter aus Afghanistan keine Möglichkeit, an einem anderen Cewe-Standort eingesetzt zu werden. Reinhold empört sich in der Runde über die "professionellen Neinsager vom KVR", die die Bemühungen des Unternehmens "mit unheimlicher Bremswirkung zu Fall bringen". Diese "verwaltungstechnischen Hürden", wie Steinbauer sie nennt, würden viele Unternehmer abschrecken, einem Flüchtling einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu geben.

Ähnlich düster sehen manche Mitglieder im IHK-Regionalausschuss die Neueinführung der "Brückenteilzeit", die derzeit noch als Gesetzesentwurf der SPD-Bundestagfraktion in Berlin verhandelt wird. Teilzeitbeschäftigte sollen das Recht bekommen, auf eine Vollzeitstelle zurückzukehren. Vor einer solchen Regelung halten zum Beispiel Thomas Heske, Geschäftsführer der Türkenfelder Firma BIP Biomedizinische Instrumente und Produkte, und Sandra Pabst, Chefin der GeBE Elektronik und Feinwerktechnik GmbH in Germering, sehr wenig. Es solle den Unternehmen vorbehalten bleiben, nach eigenen Belangen zu entscheiden, wer wieder in Vollzeit komme. Einen Rechtsanspruch halten sie für kontraproduktiv. Katrin Staffler verwies auf den Entwurfscharakter des Gesetzes und erklärte den Ausschussmitgliedern, in welchen Fällen und Firmengrößen es keine Anwendung fände oder nur eingeschränkt gelten würde.

Auf die Frage, wo sich Unternehmen im Landkreis Fürstenfeldbruck noch neu ansiedeln könnten, sagte Staffler: "Wir können nicht alles zubauen, da werden wir Widerstand bekommen. Teilweise aus nachvollziehbaren Gründen." Man müsse, so die Abgeordnete "nicht alles in die Ballungsräume packen". Schnelles Internet und entsprechende Infrastruktur solle in allen Regionen aufgebaut werden, um Firmen anzusiedeln.

© SZ vom 12.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: