Fürstenfeldbruck:Weniger Stellplätze, mehr Gestaltungsspielraum

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Die Tiefgarage unter der Siedlung auf dem früheren Graf-Rasso-Sportplatz darf kleiner gebaut werden, als die städtische Satzung es verlangt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Für die Kreisstadt ist es ein Novum: In der Tiefgarage der neuen Siedlung, die auf dem ehemaligen Sportplatz des alten Graf-Rasso-Gymnasiums entstehen wird, werden zwei Stellplätze für Carsharing ausgewiesen und ein Stellplatz wird für Elektromobile reserviert und erhält einen Stromanschluss. Im Gegenzug gibt es für die künftigen Bewohner weniger Stellplätze, als dies die einschlägige städtische Satzung eigentlich verlangt.

Die Entscheidung am Dienstag im Stadtrat fiel nach einer äußerst kontroversen Debatte erst durch ein Abstimmungspatt von 20 zu 20 Stimmen. Vor allem CSU und SPD hatten gegen den entsprechenden Vorschlag der Bauverwaltung gestimmt. Die Entscheidung reicht weit über das zentrumsnahe Bauprojekt mit seinen auf vier Häuser verteilten 50 Zwei- bis Vierzimmerwohnungen hinaus. Denn es geht um etwas sehr Grundsätzliches: Soll die Stadt an ihrem Stellplatzschlüssel festhalten, auch wenn die Kapazitäten von Tiefgaragen erfahrungsgemäß nicht ausgeschöpft werden und stattdessen oberirdisch im Umfeld die Straßen zugeparkt werden? Die Firma Wüstenrot, die den Zuschlag für die Bebauung östlich des Seniorenheims Theresianum bekommen hatte, brachte den Stein ins Rollen: Sie will eine kleinere Tiefgarage bauen, die wegen der über das Geländeniveau herausragenden Oberkante damit auch städteplanerisch verträglichere Böschungswinkel ermöglicht. Statt der auf Basis der Wohnungsgrößen errechneten 83 Stellplätze müssen dort nun lediglich 68 untergebracht werden. Für die unterm Strich eingesparten zwölf Parkplätze zahlt Wüstenrot 184 000 Euro Stellplatzablöse, die andernorts beispielsweise für ein Parkhaus verwendet werden können.

Weil Bauträgern im Innenstadtbereich die Ablöse eines Teils der vorgeschriebenen Stellplätze ohnehin kaum verwehrt werden kann, hatte Stadtbaurat Martin Kornacher für eine bereits im Bebauungsplan verankerte Vereinbarung geworben. Denn auf diese Weise erhalte die Stadt die öffentlich zugänglichen drei Stellplätze für Carsharing und die Elektrotankstelle. Für Klimaschutzreferentin Alexa Zierl (Grüne) ist es eine einmalige Chance, ein "innovatives Konzept" umzusetzen, für Dieter Kreis (ÖDP) ein Schritt in die richtige Richtung, weg vom Zwang einer autogerechten Stadt.

Kritiker wie Herwig Bahner (CSU) hielten Kornacher entgegen, man könne doch nicht erst einen allgemeingültigen Stellplatzschlüssel festlegen und dann gleich wieder eine Ausnahme machen, nur weil die Stadt sich davon Vorteile verspricht und damit Einnahmen erzielt. Ähnlich sieht es Franz Neuhierl (Freie Wähler), der durch die in Aussicht gestellten Ablösebeträge die Unabhängigkeit der Bauverwaltung gefährdet sieht: Planungen dürfe man sich "nicht abkaufen lassen". Gabriele Fröhlich warnte zudem davor, einen Präzedenzfall zu schaffen.

Durch das Abstimmungspatt gilt der von den Kritikern formulierte Antrag, auf die Einhaltung des Stellplatzschlüssels zu bestehen, als abgelehnt. Kornacher regte gleichwohl an, sich grundsätzlich noch einmal über den Sinn und die Grenzen des Stellplatzschlüssels zu unterhalten. So gelten in Fürstenfeldbruck im Vergleich zu Kommunen wie Dachau, Germering oder Starnberg besonders restriktive Regeln. Stellplätze in Garagen, vor allem aber in Tiefgaragen, treiben allerdings die Kosten von Bauprojekten in die Höhe. Auch dies ist ein Grund für die Landeshauptstadt, die Vorschriften deutlich zu lockern. Zudem versprechen sich die Befürworter einer großzügigeren Regelung, dass Autofahrer vor allem auf den Umstieg auf Rad, Bus oder Bahn animiert werden können, wenn die nächste Haltestelle näher liegt als der Parkplatz des Autos. Oberbürgermeister Klaus Pleil glaubt nicht, dass es deshalb zwangsläufig zu zugeparkten Straßen kommen muss, zumal die Stadt Halteverbote oder auch Parkzonen für Anwohnern einrichten könnte.

Am Rand der Debatte äußerten sowohl Pleil als auch mehrere Stadträte, darunter Klaus Wollenberg (FDP), Franz Neuhierl (Freie Wähler) und Christian Götz (BBV) Kritik an der als "fantasielos" empfundenen Architektur der neuen Siedlung mit ihren Flachdächern und den von klaren Linien geprägten Fassaden. Kornacher dämpfte die Hoffnung auf deutliche Nachbesserungen, die über die Farbgestaltung hinausgehen - schließlich hatte sich eine Fachjury ausdrücklich für den Wüstenrot-Entwurf entschieden.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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