Fürstenfeldbruck:Umstrittene Strategie gegen Rechts

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Landrat und Bürgermeister geraten in die Kritik, weil sie eine geplante Kundgebung der Partei "Der Dritte Weg" in Fürstenfeldbruck nicht früh publik gemacht haben. Sie begründen das damit, den Nazis kein Forum geben zu wollen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kundgebung der als rechtsextremistisch und fremdenfeindlich eingestuften Partei "Der Dritte Weg" auf dem Brucker Marktplatz schlägt auch noch zwei Tage später hohe Wellen. Umstritten ist vor allem, ob Politiker frühzeitig und öffentlich darauf hinweisen sollten, um auf diese Weise die Organisation einer Gegendemonstration zu ermöglichen.

Am Samstagnachmittag hatten 15 Anhänger des "Dritten Wegs" Stimmung gegen Ausländer gemacht - unter dem Slogan "Stoppt die Asylflut - keine Asylanten in meiner Nachbarschaft". Fürstenfeldbruck hatten sie offenbar deshalb ausgewählt, weil die Kreisstadt besonders viele Flüchtlinge aufnimmt: unbegleitete Jugendliche in einem ehemaligen Hotel im Zentrum, Familien in einem Haus sowie Wohncontainern in der Hasenheide und zurzeit etwa 1100 Menschen in der Asyl-Erstaufnahmeeinrichtung am Fliegerhorst. Auch Stadträte und Bürger mahnen zwar, die Integrationsfähigkeit der Stadt nicht durch weiter steigende Flüchtlingszahlen überzustrapazieren. Von den dumpfen Parolen der Rechten distanzieren sich aber die Vertreter aller Parteien und Gruppierungen nachdrücklich. Mehrere Stadträte der Grünen und der Brucker Bürgervereinigung waren selbst mit dabei und trugen dazu bei, dass das Häuflein der Rechtsextremen kein Land sah gegen die gut 80 lautstarken Gegendemonstranten. Die Debatte darüber, ob es nicht noch viel mehr Gegendemonstranten hätten sein können, wurde nach Beendigung der friedlich verlaufenen Kundgebungen am Wochenende unter anderem in den sozialen Medien geführt.

BBV-Stadtrat und Integrationsreferent Willi Dräxler hatte am Freitag aus inoffiziellen Quellen von der geplanten Demo erfahren (". . . mir ist gerade zugetragen worden. . ."). Politiker und Bürger wundern sich, dass weder von den Behörden noch vom Landrat oder dem amtierenden Bürgermeister in Fürstenfeldbruck auf die bevorstehende Demo hingewiesen wurde.

Diese war am Mittwochabend bei der Stadt Fürstenfeldbruck angemeldet worden. Die Stadt reichte sie am Donnerstagmorgen an das zuständige Landratsamt weiter. Genehmigt werden muss eine solche Demonstration freilich nicht. Laut Artikel acht Grundgesetz haben "alle Deutschen das grundsätzliche Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln." Versammlungen unter freiem Himmel müssen zusätzlich bei der Ordnungsbehörde angemeldet werden und die Demonstrationsteilnehmer dürfen sich nicht uniformieren oder vermummen. Gegen das polizeiliche Verbot einer Demonstration können Rechtsmittel eingelegt werden.

Brucks Ordnungsamtsleiterin Birgit Thron zufolge war der Handlungsspielraum der Stadt denkbar klein. Ebenso wie die Polizei werde die Stadt angehört, mehr aber auch nicht. Man habe die Auflage erlassen, auf ein Megafon zu verzichten und den Verkehr nicht zu behindern. Von Problemen sei nichts bekannt geworden. Ähnlich sieht dies das Landratsamt. Die Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut, betont Sprecherin Indes Roellecke. Und mag die Partei "Der Dritte Weg" auch als Nachfolger der Partei "Freies Netz Süd" gelten, so ist sie im Gegensatz zu dieser nicht verboten. Intervenieren könnte das Landratsamt nur dann, wenn es eine Gefahr für öffentliche Sicherheit und Ordnung sieht. Dafür gab es aber keine Anhaltspunkte. Grundsätzlich mache die Kreisbehörde "keine Reklame" für Demonstrationen, so Roellecke - und dies weder im positiven noch im negativen Sinne. Auch der Landrat sei als Behördenchef an das Gebot zur Dienstverschwiegenheit gebunden. Karmasin lehnte es in Facebook-Beiträgen ohnehin ab, hier in irgend einer Weise die Werbetrommel zu rühren. Je mehr man auf eine solche Demo aufmerksam gemacht hätte, so sein Credo, desto mehr hätten die Rechtsextremen Gehör gefunden. Damit hätte man ihnen also in die Hände gespielt. Brucks Zweiter Bürgermeister Erich Raff (CSU) sieht das ähnlich:Eine Ankündigung hätte den Rechten eine größere Plattform verschafft. Und die Gegendemonstranten hätten sich über die sozialen Medien gut verabreden können. "Wenn ich am Wochenende in Fürstenfeldbruck gewesen wäre, hätte ich selbst an der Gegendemonstration teilgenommen", sagte Raff am Montag. Grünen-Kreissprecher Jan Halbauer, selbst Teilnehmer, sieht alles differenzierter. "Ich hätte mir schon eine offenere Kommunikation gewünscht", sagt er vor allem mit Blick auf Raff. Wenn nicht doch etwas durchgesickert wäre, dann hätte man den Rechten schlimmstenfalls gar nichts entgegensetzen können. Bisher hätten immer alle demokratischen Parteien gemeinsam und aktiv gegen Rechts gekämpft. Auch als die NPD 2013 in Gröbenzell Unterschriften gesammelt hatte, um an den Landtagswahlen teilnehmen zu dürfen. Gleichwohl will Halbauer "nicht zu laut schimpfen, denn das Ergebnis der Gegendemonstration hat ja gestimmt".

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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