Fürstenfeldbruck:Stockende Herbergssuche

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Wohnort für Asylsuchende: Das Pfarrhaus in Emmering soll saniert werden, damit dort Flüchtlinge unterkommen können. (Foto: Günther Reger)

Papst Franziskus hat größere Anstrengungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen angemahnt. Pfarrer beider Konfessionen im Landkreis aber bezweifeln, dass es übers Kirchenasyl hinaus viel Spielraum bei Unterkünften gibt

Von Max Keldenich, Fürstenfeldbruck

Wenn Dekan Albert Bauernfeind über die Unterbringung von Flüchtlingen in Immobilien der Pfarreien spricht, klingt er nicht optimistisch: "Unsere Belastungsgrenze ist eigentlich schon überschritten. Wir können sie nicht überall wohnen lassen, sondern nur unter menschenwürdigen Bedingungen." Der Aufruf des Papstes, in dem dieser jede Pfarrei auffordert, mindestens eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen, erscheint den Gemeinden im Landkreis als kaum umsetzbar. Der katholische Dekan Albert Bauernfeind unterstützt zwar den Vorstoß des Papstes, in dem er die "Gretchenfrage des Christentums" berührt sieht. Er selbst hat im Brucker Pfarrhaus von Sankt Magdalena, in dem er selbst wohnt, einen Nigerianer und einen Syrer aufgenommen. Doch Bauernfeind geht nicht davon aus, dass noch weitere Flüchtlinge in Gebäuden der Pfarrgemeinden Unterschlupf finden können. Diese seien wegen fehlender Ausstattung meist ungeeignet. Bauernfeind sieht eher gut betuchte Hausbesitzer in der Verantwortung: "Die reichen Bürger in diesem Land halten sich meistens raus. Wir können das nicht alles auffangen. Wenn ich sehe, was dann noch in den neuen Bundesländern los ist, wird mir schlecht." In Deutschland stehe der Staat an erster Stelle, die Politik gebe die Regeln vor. Aktuell soll das alte Pfarrhaus in Emmering renoviert werden, in dem zwei Familien untergebracht werden sollen. Bauernfeind will sich noch in dieser Woche an die Pfarreien wenden, um weitere Möglichkeiten zur Unterbringung zu prüfen.

Pater Ludwig Mazur, der für den katholischen Pfarrverband Grafrath-Schöngeising zuständig ist, verweist ebenfalls auf fehlende Kapazitäten. "Natürlich liegt uns das Schicksal der Flüchtlinge am Herzen. Aber wir können auch nur im Rahmen unserer Möglichkeiten helfen." Schon bevor die Flüchtlingsproblematik derart ins öffentliche Bewusstsein gerückt sei, sind Familien in Eching im Landkreis Landsberg, Grafrath und Schöngeising untergebracht worden. Mehr Kapazitäten stünden in der Gemeinde aktuell nicht zur Verfügung, doch die bedürftigen Menschen könnten mit finanziellen Mitteln unterstützt werden. "Manchmal wird in den Medien behauptet, dass die Kirche zu wenig macht. Das stimmt einfach nicht", meint Mazur. Das weitere Vorgehen wird auf der Dekanatskonferenz am 24. September besprochen. "Dann wollen wir uns mit dem Dekan über weitere Hilfen für die Flüchtlinge Gedanken machen", kündigt Mazur an.

Die Kirche habe das Thema Flüchtlinge ganz oben auf ihre Agenda gesetzt, sagt Ursula Hinterberger vom Erzbischöflichen Ordinariat für München-Freising. Der Papst renne mit seiner Initiative offene Türen ein. "Wir treffen bei den Gemeinden auf große Zustimmung, wenn es darum geht, den Flüchtlingen zu helfen", sagt Hinterberger. Die Erzdiözese München und Freising hat ihre Pfarrgemeinden bereits vor zwei Jahren dazu aufgerufen, Flüchtlinge unterzubringen. Mittlerweile wurden offenbar etwa 1000 Flüchtlinge in Pfarreien der Erzdiözese untergebracht. Weitere geeignete Unterkünfte zu finden, sei wegen der Brandschutzauflagen und fehlender sanitärer Einrichtungen schwierig. Die Erzdiözese hat für 2015 ein Sonderbudget von fünf Millionen Euro eingerichtet. "Damit werden Deutschkurse bezahlt oder Fahrräder für Flüchtlinge repariert", erklärt Hinterberger. Im Jahr 2014 stiegen die Einnahmen aus der Kirchensteuer in der Erzdiözese im Vergleich zum Vorjahr um 2,7 Prozent auf insgesamt gut 545 Millionen Euro. Allerdings sind diese zusätzlichen Mittel für Baumaßnahmen und zur wirtschaftlichen Stärkung der Kirchenstiftungen vorgesehen. Laut Hinterberger ist noch nicht klar, ob das Sonderbudget für Flüchtlinge im nächsten Jahr aufgestockt wird.

Auch die evangelische Kirche kämpft gegen den Eindruck der Untätigkeit. "Manche Menschen meinen, dass die Kirche Gebäude ohne Ende hat", sagt Dekan Stefan Reimers. Doch die Realität im Landkreis sehe völlig anders aus: Im Unterschied zu anderen Teilen Bayerns stünden der evangelischen Kirche nur so viele Gebäude zur Verfügung, wie sie tatsächlich benötigt. Gemeindezentren seien zur Unterbringung nicht geeignet, da sie weder über Duschen noch ausreichend Toiletten verfügten. Gleichwohl würden alle Möglichkeiten überprüft. Dazu hat Reimers einen Aufruf gestartet. So wird derzeit überlegt, ob ein altes Gebäude an der Albrecht-Dürer Straße in Bruck geöffnet werden kann. "Das Haus ist aber in einem sehr schlechten Zustand. Wir brauchen dafür erst einmal eine Genehmigung vom Landratsamt", gibt Reimers zu bedenken. Der evangelische Dekan sieht den Beitrag der Gemeinden vor allem in der Unterstützung der Flüchtlinge. Das evangelische Bildungswerk in Fürstenfeldbruck bildet zum Beispiel Helfer aus, die für den Umgang mit Flüchtlingen geschult werden. In Eichenau hat eine Familie bereits Kirchenasyl erhalten. Zwar ist dies eine rechtliche Grauzone, aber die staatlichen Stellen akzeptieren es meistens. So können Flüchtlinge vor der Abschiebung in unsichere Länder bewahrt werden.

© SZ vom 17.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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