Fürstenfeldbruck:Schwarz wie das Vergessen

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Porträtfotos zeigen die von Demenz Betroffenen, denen mit der Ausstellung Stimme und Gesicht gegeben werden. (Foto: Günther Reger)

Wanderausstellung zum Thema Demenz

Von Christian Lamp, Fürstenfeldbruck

Demenz ist eine Krankheit, die auf den ersten und auch noch den zweiten Blick verborgen bleibt. Deshalb ist die Ausstellung der "Black Box Demenz" auf der Galerie des Landratsamtes nicht unpassend. Wer sich durch die Drehtür begibt, hört immer wieder lautsprecherverstärkte Gesprächsfetzen, ohne sofort ihren Ursprung ausmachen zu können. Auf der lichten Galerie provoziert die Ausstellung einen Kontrast von Normalität und Krankheit. Acht Stellwände auf beiden Seiten lenken den Blick auf einen schwarzen Gartenpavillon, der im Verhältnis zu den großzügigen Raumverhältnissen des Foyers etwas verloren wirkt. Aber auch das ist nicht unpassend. Aus diesen beiden Elementen besteht die Installation, eine Leihgabe des Kreisbildungswerks Garmisch-Partenkirchen. In Fürstenfeldbruck war sie auf Initiative des Brucker Forums zu sehen.

Die Stellwände zeigen sieben großformatige schwarz-weiße Porträtaufnahmen. Durch die auffallend geringe Tiefenschärfe erscheinen die Gesichter sehr markant. Interessant ist der Kontrast zwischen dieser Überbetonung der Falten und Furchen des Alters und der sanften Schwarz-Weiß-Optik. Sie gehören sieben Demenzkranken in verschiedenen Stadien der Krankheit, die für das Projekt von Josef Jonietz interviewt und fotografiert wurden: Elisabeth, Sabine, Irene, Waltraud, Irmgard, Rosa und Hartwig.

Der zweite Teil der Ausstellung ist der Pavillon, die "Black Box". Eine Diashow zeigt weitere Aufnahmen der Kranken in ihr Wohnumfeld, während eine Tonspur Gesprächsmitschnitte abspielt. Ihre Stimmen sind es, die losgelöst ins Foyer herunterschweben. "Komm in meine Welt..." heißt das Motto der Ausstellung. Durch die Präsentation soll es möglich sein, sich geschützt und doch sehr persönlich dem Alltag von Demenzkranken zu nähern.

Die Krankheit verändert auch die Wahrnehmung. Die Vergesslichkeit spiegelt sich in der Unschärfe, die den Hintergrund einnimmt. Jonietz fotografiert auffällig oft Wecker und Uhren im Umfeld der Kranken. Koller spricht davon, dass man schon "extrem geduldig sein" müsse, um sich längere Zeit die Gespräche anzuhören. Damit wird auf einen subjektiven Zeitbegriff verwiesen, der anders als die objektive physikalische Zeit wahrnehmungsbedingt variieren kann. Man muss sich Zeit nehmen, um sich mit der Ausstellung auseinanderzusetzen - wie mit der Krankheit. Der Umgang mit den Kranken erfordert Geduld.

Die porträtierten Personen haben teils schon Artikulationsschwierigkeiten, wie sich beispielsweise an Irmgard zeigt, die mit dem charakteristischen entschuldigenden Lachen auf Fragen reagiert, um ihre Vergesslichkeit zu kaschieren. Irene dagegen erzählt so lebhaft von ihrem Leben als Lehrerin, dass man von der Demenz überhaupt nichts merkt.

Immer wieder kommen einzelne Besucher, um sich in die "Black Box" zu setzen und ein wenig zuzuhören, auch eine FOS-Klasse hat sich die Zeit genommen, die Schüler waren sehr interessiert. Damit hat die Ausstellung schon viel erreicht: wichtig im Umgang mit Dementen ist, ihnen zuzuhören.

© SZ vom 23.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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