Fürstenfeldbruck:Saison des Lebens

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Eine Spielzeit der Rekorde neigt sich dem Ende zu: mehr als 10 000 Besucher in der Halle, noch immer Platz zwei in der Tabelle. Am Samstag verabschieden sich Fürstenfeldbrucks Handballer beim letzten Auftritt mit Freibier und Party

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Selbst das Zuschauen ist anstrengend geworden. Rappelvoll ist die Wittelsbacher Halle jedes Mal, wenn Fürstenfeldbrucks Drittliga-Handballer zum Heimspiel antreten. Zusammengerückt werden muss auf den Sitzbänken, und ganz oben über der Tribüne stehen die Besucher gleich in mehreren Reihen hintereinander. Mehrmals in der sich dem Ende zuneigenden Saison wollten 1000 Besucher ein Spiel der Brucker Handballer sehen, insgesamt wird die Saisonbilanz nach dem letzten Heimspiel an diesem Samstagabend mehr als 10 000 Zuschauer ausweisen - ein nie da gewesener Andrang.

Die Saison in der dritten Bundesliga, die erst auf den letzten Drücker gerettet worden war beim Beinahe-Abstieg im Vorjahr, ist eine Saison der Superlative geworden. Zwei Spieltage vor Schluss ist der TuS Fürstenfeldbruck Tabellenzweiter, die Zuschauerresonanz ist auf Rekordniveau angelangt und die Stimmung in der Halle sucht ligaweit ihresgleichen. In Windeseile hat eine Handball spielende Boygroup eine immer größer werdende Fangemeinde für sich eingenommen. Dass zwischenzeitlich die deutsche Handballnationalmannschaft auch noch Europameister geworden ist, benötigte man in Fürstenfeldbruck als Anschubhilfe nicht. Dort begeistert moderner Hochgeschwindigkeitshandball, gepaart mit nie endender Einsatzbereitschaft und ausgeprägtem Teamgeist. Fertig ist eine acht Monate währende Spielzeit der Rekorde, die sie in Fürstenfeldbruck nun "Saison unseres Lebens" nennen.

Um die Heimspiele herum ist viel Ballyhoo entstanden. Die Brucker Panther, wie sie sich nennen, laufen unter Kunstnebel und Spotlight ein, die Fans sekundieren optisch und akustisch, mit großen Fahnen und dem Lärm von Trommeln und Klatschpappen. Die Musik ist laut und die Werbebanden, die an den Wänden hängen und auf dem Hallenboden kleben, sind deutlich mehr geworden. Auch das Merchandising nimmt Fahrt auf, es gibt mittlerweile Fan-Shirts und den Kaffee in Tassen im Panther-Design. "Wir wollten uns immer wieder was Neues überlegen", erinnert sich Hallen-DJ Bastian Wöller, der für die Musik-Einspieler zuständig ist.

Weil es weit und breit keine ähnlich hochklassige Mannschaft gibt, ziehen die Erfolge der Brucker auch Publikum aus dem ganzen Münchner Raum und sogar von weit her an. Dominik Klein, der mit einigen Bruckern befreundete Handball-Weltmeister von 2007 vom THW Kiel, war da, regelmäßiger Gast ist auch Karl-Heinz Schulz. Der ehemalige Nationalspieler aus Günzburg wohnt in Fürstenfeldbruck, seit er dort vor gut zwanzig Jahren selbst beim TuS gespielt und diesen später als Trainer geführt hat. Auch der Bayerische Handball-Verband schickte in Präsident Gerd Tschochohei und Vize Georg Clarke seine höchsten Vertreter vorbei. Den Fußballern im Umkreis haben Brucks Handballer längst den Rang abgelaufen.

Trainer Martin Wild beobachtet seine Spieler. (Foto: Günther Reger)

Die seit vorigem August währende Saison mit ihren insgesamt 30 Spieltagen endet am 30. April mit einem Gastspiel in Bad Neustadt. Das letzte Heimspiel an diesem Samstag gegen Absteiger TSV Rödelsee (Beginn 19.30 Uhr) wird dem Anlass entsprechend mit Freibier, Brotzeit und Party im Hallenfoyer ausklingen. "Das Ganze hat schon eine wahnsinnige Entwicklung genommen, nicht nur sportlich, sondern auch vom öffentlichen Interesse her", resümiert Trainer Martin Wild: "Diese Saison hat unheimlich Spaß gemacht und wird uns vermutlich noch lange in Erinnerung bleiben."

Dass das Handballmärchen des einzigen Drittligisten in ganz Südbayern tatsächlich weit nach München hineinstrahlt, haben sie nicht erst erkannt, als gleichzeitig mit den Brucker Erfolgen wieder einmal die Frage aufkam, wie Spitzenhandball nach jahrzehntelanger Abstinenz wieder in der Landeshauptstadt selbst etabliert werden könnte. Bei diesen Überlegungen fiel konsequenterweise auch der Name Fürstenfeldbruck. Mit sicherem Gespür für die Gunst der Stunde machten sich die Brucker Hauptdarsteller deshalb nach ihrem jüngsten Überraschungssieg beim HC Elbflorenz Dresden über einen Song der Münchner Bayern-Fans her und gaben dem Text "Münchens wahre Liebe, FCB" eine kleine, aber entscheidende Richtungsänderung: "Münchens wahre Liebe - FFB".

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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