Fürstenfeldbruck:Provokation und Politik

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Gerhard Jilka spielt Hitler in "Er ist wieder da". Das Stück musste wegen Streitigkeiten gestrichen werden, im Oktober folgte die Neuaufnahme. (Foto: Günther Reger)

Die Neue Bühne Bruck hat auch in ihrem Jubiläumsjahr viel Gesprächsstoff geboten

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Es ist durchaus aufregend gewesen, was die Neue Bühne Bruck in diesem Jahr alles erlebt und auch geleistet hat. Gleich im Januar wurde mit einer kleinen Feier an die Gründung der Bühne vor 30 Jahren erinnert - aufregende Zeiten auch schon damals. Denn von dem Moment an, in dem der erste Vorhang gefallen war, war die Beziehung zwischen der Stadt Fürstenfeldbruck und ihrem Laientheater, gelinde gesagt, angespannt. 30 Jahre später, mit einer deutlich liberaleren Stimmung in Stadt und Stadtrat, fordert zwar niemand mehr, die oft provokante Bühne abzuschaffen, eine ordentliche finanzielle Unterstützung gibt es, trotz Bekenntnissen von zahlreichen Kulturpolitikern, aber immer noch nicht.

Einen kleinen Auffuhr gab es dann aber doch in diesem Jahr: Im April feierte die Hitler-Satire "Er ist wieder da" Premiere. Es blieb bei dieser einen Aufführung, weil das Stück vom Spielplan genommen werden musste. Allerdings nicht aus politischen Gründen, sondern wegen eines Lizenzstreits zwischen der Neuen Bühne und dem Autor der Bühnenfassung. Weil sich die Parteien nicht einigen konnten, suchte Intendant Harald Molocher nach einer anderen Fassung - die er dann beim Altona-Theater fand. Seit Oktober ist das Stück deshalb wieder auf dem Spielplan.

Um die Lücke, die durch die Absetzung entstanden war, zu füllen, entschied man sich bei der Neuen Bühne zu einem radikalen Projekt: Mehrere Wochen lang wurde das Theater mit den "Kamikaze-Produktionen" bespielt. Dabei durften die Besucher ein Stück wählen, das innerhalb von nur einer Woche geprobt und am Wochenende auf die Bühne gebracht wurde. Das erste Stück, das auf diese Weise entstand, war Wedekinds "Frühlingserwachen". Das Konzept war ein Erfolg, ließ sich aber wegen der hohen Belastung für Schauspieler und Regisseur nur kurze Zeit durchhalten. Auch mit der Abschlussproduktion des Jahres hatte man sich noch einmal einen schweren Stoff ausgesucht: "Rosa Winkel", ein Stück über das Leben eines jungen Homosexuellen, der im Dachauer Konzentrationslager stirbt.

Mit ihrer Themenwahl und der Qualität der Inszenierungen hat die Neue Bühne im Jahr 2015 einmal mehr bewiesen, wie wichtig und belebend sie für die Kultur im Landkreis ist.

© SZ vom 31.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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