Fürstenfeldbruck:Pflegerinnen auf dem Laufsteg

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Auch im reiferen Alter interessieren sich vor allem die Frauen für aktuelle Kreationen. (Foto: Günther Reger)

Das Label James Pikalov stellt bei einer Modenschau im Fürstenfeldbrucker BRK-Seniorenheim seine Frühlings- und Sommerkollektion vor

Von katharina knaut, Fürstenfeldbruck

"Wenn ich ein Lächeln auf Ihrem Gesicht sehen kann, werde ich sehr glücklich sein." Mit diesen Worten hat der Chef des Modelabels James Pikalov, die erste in Deutschland veranstaltete Modenschau eröffnet. Man befand sich am Freitag jedoch nicht auf der Berliner Fashionweek oder in einer schicken Boutique in München, sondern im Pflegehaus Lepel-Gnitz des Roten Kreuzes. Auch schwebten keine Victoria's-Secret-Engel über den Laufsteg, sondern die Mitarbeiterinnen des Pflegeheims. Für einen Nachmittag wechselten sie ihre schlichte Arbeitskleidung gegen die farbenfrohe Winter-Frühlings- und Sommerkollektion. Die Idee stammt von Milena German, einer Pflegekraft im Heim, deren Freundin bei diesem Anbieter arbeitet. Mit der Veranstaltung wollte sie die Bindung zwischen Pflegern und Gepflegten verbessern. Die Bewohner sähen die Pflegerinnen immer nur in ihrer beruflichen Funktion, erklärt German. Mit der Modenschau sollten die Senioren die Mitarbeiterinnen von ihrer menschlichen und vor allem auch weiblichen Seite kennenlernen. Sie sollten sehen können: das sind nicht nur Pflegerinnen, sondern auch Frauen! Außerdem hoffte sie, mit der Vorführung von bunten und fröhlichen Kleidern den Bewohnern eine Freude zu machen.

Einrichtungsleiterin Andrea Gasteiger war von Anfang an von der Idee begeistert. Auch im Nachhinein bewertet sie die Veranstaltung als vollen Erfolg. Die Modenschau habe eine wunderbare Abwechslung zum Alltag dargestellt, außerdem seien die Bewohnerinnen noch immer sehr an Mode interessiert. Dass die Kollektion eigentlich für etwas jüngere Frauen entworfen wurde, störte dabei nicht.

Etwa 50 Damen im Alter ab 60 Jahren versammelten sich im Foyer des Hauses, in dem die Modenschau stattfand. Trotz des Modeinteresses lockte jedoch offenbar nicht die Kollektion die Bewohner aus ihren Zimmern, sondern die Aussicht, ihre Pflegerinnen in der Rolle des Models zu sehen. Das war wohl auch der Grund, warum sich einige Männer unter die Zuschauer mischten. Als die Bewohner erfuhren, dass ihre Pflegerinnen für sie modeln wollen, seien sie sofort Feuer und Flamme gewesen, berichtet Gasteiger.

Eine Begeisterung, die bis zum Ende der Show anhielt. Mit strahlenden Gesichtern beobachteten die Bewohner ihre Pflegerinnen, die mit viel Elan die Mode präsentierten. Auf dem roten Teppich, der ihnen als Laufsteg diente, warfen sie sich in Pose und schwangen ihre Röcke im Takt der Musik. Jede von ihnen machte dabei eine gute Figur, egal ob sie einen luftigen Rock oder ein rustikaleres Kleid im Landhausstil trug. Es machte auch nichts aus, dass keine von ihnen einer Allessandra Ambrosio oder Gisele Bündchen ähnelte. Gerade das sei sogar beabsichtigt gewesen, erklärt German. Sie wollte zeigen, dass nicht nur Supermodels etwas Schönes tragen und präsentieren können. Auch die etwas älteren und korpulenteren unter den Beteiligten haben ihrer Meinung nach bewiesen, dass weder ein faltenfreies Gesicht, noch eine perfekte Figur dazu nötig sind. Die Kleider hat sie zusammen mit ihrer Freundin ausgesucht. Dabei habe sie darauf geachtet, dass sie zum jeweiligen Model passe. "Ich kenne meine Mitarbeiterinnen," erklärt German lachend. Sie scheint ein gutes Gespür zu haben. Tatsächlich sah man am Ende des Nachmittages kaum eine Beteiligte ohne prall gefüllte Kleidertüte in der Hand. Aber auch insgesamt hat es den Mitarbeiterinnen gefallen, für einen Tag in die Rolle des Models zu schlüpfen. "Wir hatten viel Spaß," erklärt German. Durch die gute Zusammenarbeit im Vorfeld habe es auch keine Probleme gegeben. Die einzige Befürchtung bestand in den hohen Absätzen und der damit verbundenen Sturzgefahr. "Aber es hat alles ja geklappt."

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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