Fürstenfeldbruck:Pflege durch Fremde

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Festredner Rainer Goretzki, Vorsitzender der Ökumenischen Nachbarschaftshilfe Fürstenfeldbruck/Emmering. (Foto: Günther Reger)

Jubiläumsfeier der Brucker Nachbarschaftshilfe

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Als 1976 der Verein "Ökumenische Nachbarschaftshilfe (NBH) Fürstenfeldbruck" gegründet wurde, hatten die Mitglieder schon mehrere Jahre lang Erfahrung gesammelt. Bereits von 1969 an hatten Brucker als "Helfer in der Not" Mitmenschen in schwierigen Lebenslagen unterstützt. 1984 schlossen sich die NBH Fürstenfeldbruck und Emmering schließlich zur Ökumenischen NBH mit Sozialdienst Fürstenfeldbruck/Emmering zusammen. Einen Verein zu gründen, sei vor 40 Jahren unerlässlich gewesen, um angesichts der Nachfrage Hilfeleistungen besser koordinieren und organisieren zu können. Damit habe aber auch die Institutionalisierung der Arbeit begonnen, erinnerte Beate Hollenbach am Samstag auf der Jubiläumsfeier im Pfarrsaal von St. Bernhard in Fürstenfeldbruck, in der der Dank und die Anerkennung für die nicht immer leichte Arbeit im Mittelpunkt standen.

In der Anfangszeit sei Pflege durch Fremde noch ein Tabuthema gewesen, man habe sich Sorgen gemacht, "was könnten die Nachbarn denken", erzählte Hollenbach, die 30 Jahr die Geschäfte führte. Heute indes sei es eine Selbstverständlichkeit, fremde Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ein wichtiger Meilenstein, aber auch eine riesige Herausforderung sei die Einführung der Pflegeversicherung im Jahre 1995 gewesen. Von da an habe man alle Tätigkeiten dokumentieren und in der Verwaltung den operativen vom ideellen Bereich trennen müssen. Kritik übte Hollenbach mit den Worten "Wir wollen Menschen pflegen und nicht die Bürokratie" daran, dass heutzutage etwa ein Drittel der Pflegezeit durch die Dokumentation verloren gehe. "Deine Fußstapfen sind nicht klein", lobte Hollenbachs Amtsnachfolgerin Marlene Gnam und versprach, auch zukünftig dann noch nach Lösungen zu suchen, wenn andere Einrichtungen schon aufgegeben haben.

Einen Lacher entlockte sie den etwa 80 Mitarbeitern, Mitgliedern und Gästen mit der Anmerkung, dass der Verein nicht etwa von "Hausfrauen mit Helfersyndrom" ins Leben gerufen worden sei, sondern von "honorigen Männern der Stadt". Der Vorsitzende des Vereins, Rainer Goretzki, würdigte die wertvolle Arbeit der vielen ehrenamtlichen und professionellen Kräfte als unverzichtbaren Beitrag für das Gemeinwesen. Helfen kenne keine Konfessionsgrenzen, von Anfang an sei die NBH "ökumenisch" gewesen, also offen für alle, ohne Rücksicht auf Rasse, Weltanschauung oder Religion, befand Goretzki. In der NBH sei die Ökumene also bereits gelebt worden, als die Kirchen noch nicht soweit waren, kommentierte dies Ulli Schmetz. Als bewundernswert stellte der Landratsstellvertreter heraus, dass die NBH neben ihrem "Kerngeschäft Pflege" auch die Kinder- und Jugendarbeit stark ausgebaut habe. 500 Schüler seien in der Mittagsbetreuung. Dass die NBH mit der Zeit gehe, zeige das vielseitige Programm des Mehrgenerationenhauses, "das sich wie eine Wunschliste liest", sagte Schmetz und nannte als aktuelles Beispiel das "Senioren-Speed-Dating", das unlängst großen Anklang gefunden habe. Brucks amtierender Bürgermeister Erich Pfaff zeigte sich "beeindruckt" davon, dass unabhängig von Rasse oder Satus jedem geholfen werde, der Hilfe benötige: "Die Stadt ist stolz auf die Einrichtung." Als Vertreter das Oberbürgermeisters habe er mitbekommen, dass Nachbarn heutzutage manchmal "erschreckend" miteinander umgingen. "Nachbarschaft leben" war auch das zentrale Thema von Dekan Stefan Reimers, der vor dem Jubiläumsfest mit Pastoralreferent Johannes Schorrer einen ökumenischen Gottesdienst gefeiert hatte.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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