Fürstenfeldbruck:Neue Impulse

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Neu-Brucker: Valentin Wendebourg folgt Niclas Willam-Singer als Pfarrer der evangelischen Erlöserkirche nach. (Foto: Johannes Simon)

Valentin Wendebourg stellt sich am Sonntag beim Festgottesdienst als neuer Pfarrer der evangelischen Erlöserkirche vor

Von Ekaterina Kel, Fürstenfeldbruck

Valentin Wendebourg steht in der Erlöserkirche und schaut in den Saal: Ehrwürdiges Holz und gedämpfte Farben begrüßen ihn, ein dunkles Tannengrün, ein mattes Weinrot. Die tiefen Holzbänke wirken so streng, findet der neue Pfarrer. Und überhaupt, so kann man doch gar keinen Stuhlkreis machen. Am Sonntag hat der 32-jährige gebürtige Münchner deshalb vor, den Altar etwas vorzuziehen und ins Zentrum zu stellen. "Ich will nahe bei den Menschen sein", sagt er. Wendebourg plant seinen Festgottesdienst, mit dem er feierlich in sein neues Amt eingeführt wird. Er hat es Anfang des Monats von seinem Vorgänger Niclas Willam-Singer übernommen.

Für das Foto zieht der schlanke, hochgewachsene Wendebourg seinen knallgrünen Pullover lieber aus, um nicht zu sehr aus dem Farbensemble der Erlöserkirche herauszufallen. Der Mann, der zuletzt seine Wohnung in Berlin gegen eine in Fürstenfeldbruck eintauschte, will hier nicht die radikale Veränderung. Er habe bloß vor, ein paar neue Impulse zu setzen. "Das ist ja auch mein Auftrag". Was er für neue Ideen für seine Gemeinde hat, will Wendebourg aber noch nicht verraten, um nicht seiner Einführungspredigt vorzugreifen. Soviel sei jetzt schon gesagt: Wendebourg legt großen Wert auf die Gemeinschaft. "Was mir sehr wichtig ist, ist die gemeinsame Feier. Jeder Gottesdienst soll ein Fest des Glaubens werden", kündigt er an, seine Augen zeugen von Enthusiasmus.

Wendebourg, dessen Name bloß französisch geschrieben, jedoch deutsch, wie die Burg, ausgesprochen wird, hat evangelische Theologie und Philosophie in Tübingen studiert und stillte seine Neugier für fernöstliche Kultur und Religion mit einem Studienaufenthalt im japanischen Kyoto. Anschließend nahm er sich als drittes Fach Geschichte vor, und zwar an der Humboldt-Universität zu Berlin. In Göttingen fing er danach mit seiner Promotion an. In seiner Doktorarbeit geht Wendebourg der Frage nach, wie die aufkeimende Religionskritik in der Zeit der Aufklärung öffentliche Debatten in England, Frankreich und Deutschland des 18. Jahrhunderts auslöste. Recherchen dafür führten ihn nach Paris und Oxford, so lernte er die zwei wichtigen Sprachen der Europäischen Union - die er im Übrigen im vergangenen Jahr bei der offiziellen Vertretung der evangelischen Kirche in Brüssel unterstütze. Und als "großer Fan von Kirchenmusik", wie er über sich selbst sagt, hörte er in dieser Zeit nicht auf, als Tenor in geistlichen Chören zu singen. Nebenbei spielt er Geige und Bratsche. Ausdrücklich habe er sich gewünscht, eine Pfarrstelle in einer Gemeinde zu bekommen, in der Musik eine große Rolle spielt und in der viel Musik gemacht wird. Dieser Wunsch ist ihm erfüllt worden - das zeigt sich allein an der Art und der Begeisterung, mit der Wendebourg über die musikalischen Gruppen der Gemeinde spricht. Er freue sich sehr darauf, gemeinsam mit den Leuten etwas zu gestalten und ja, auch Musik zu machen, sagt er. Das Vorspielen und Vorsingen überlässt er indes lieber anderen, sein Ding ist das Predigen. Und darauf bereitet er sich nun vor.

Auf dem Schreibtisch in seinem hellem Büro im Erdgeschoss des Pfarrhauses steht ein Laptop. Davor liegt ein dickes Buch mit sehr vielen, sehr dünnen Seiten. In der Bibel stöbere er gern, sagt Wendebourg. Gerade bereite er sich auf die anstehenden Osterpredigten vor. Nach der Amtseinführung geht es für Wendebourg direkt um das höchste Fest des Christentums. Deshalb liest er an diesem Nachmittag ein paar Tage vor der Predigt noch einmal die Passage über die Verleugnung des Petrus. Der Glaube spielt für Wendebourg im Alltag eine zentrale Rolle. Das Beten helfe ihm, einen anderen Blick auf das Leben zu bekommen und jeden neuen Tag mit Dankbarkeit zu beginnen. Und die Kirche sei ein wunderbarer Ort der Ruhe, der Reflexion und der Stärkung, sagt er - besonders, wenn man in der Gemeinschaft sei.

Im Kreis dieser Gemeinschaft anzukommen, ist Wendebourg sehr wichtig. Zu seinen Aufgaben als Pfarrer gehört auch die Seelsorge. Dafür muss er die Sorgen und Bedürfnisse der evangelischen Brucker kennenlernen. Er hat schon angefangen, die Stadt, und damit ihre Bürger, zu ergründen. Seit Wochen ist Wendebourg in Fürstenfeldbruck. "Ich fühle mich hier total wohl. Das persönliche Miteinander finde ich sehr schön", sagt er. Und die Nähe zu München habe ihn gar nicht so beeindruckt, er bevorzugt es vor Ort zu sein, "weil es hier noch so viel zu entdecken gibt".

Festgottesdienst zur Einführung von Pfarrer Valentin Wendebourg, Sonntag, 25. März, um 15 Uhr in der Erlöserkirche mit anschließendem Empfang im Gemeindesaal

© SZ vom 24.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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