Fürstenfeldbruck:Musikalische Grenzgänger

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Marialy Pacheco und Joo Kraus verbinden Jazz und Pop

Von Jörg Konrad, Fürstenfeldbruck

Sie spielt mit unglaublicher Virtuosität und elegantem Anschlag. Marialy Pacheco nennt als ihre Favoriten Oscar Peterson, Thelonious Monk und vor allem Keith Jarrett, trotzdem fühlt sich die Pianistin ihrer Heimat Kuba besonders verbunden. Ihr feinnerviges Spiel ist eine tiefe Verbeugung vor der musikalischen Tradition der Karibikinsel. Ihr gegenüber steht Joo Kraus, der besonnene Trompeter aus Ulm, mit deutlichem Hang zum Populären. Egal ob Tab Two, Tina Turner, oder im Bossa Nova-Stil - Kraus bringt eine eigene Note in jedes Projekt. Fesselnd und individuell, auf der Basis handwerklichen Könnens und einer erfrischender Kreativität.

Eine interessante Kombination also, die sich im ersten Konzert der Fürstenfelder Jazz First dem Publikum stellte. Ein Duo, das sich dem Exotischen des Jazz ebenso überzeugend widmete, wie der zeitgenössischen Improvisation. Beide, Pianistin und Trompeter, suchten nicht nur neue Wege in der Klanggestaltung, sie wurden mit ihren melodischen Entfaltungen und ihrer individueller Präsenz auch fündig.

Gleich mit dem ersten Song, Mario Bauzas "Mambo Inn", setzte Pacheco solistische Glanzpunkte. Kaum am Instrument, war sie schon mittendrin in der Kompositionen, verzögerte das Tempo nach Belieben, verlustierte sich in den ungeraden rhythmischen Metren und improvisierte voll überschäumender Lebenslust. Kraus spielte die ersten gemeinsamen Stücke mit der gestopften Trompete und faszinierte mit sinnlicher Sparsamkeit. Mit stark reduziertem Vibrato spielte er sich durch Stings "Englishman in New York" und auch dem "Earth Song" von Michael Jackson trotzte er Momente beiläufiger Schönheit ab.

Aber Pop im Jazzkontext? Ja, diese Diskussion gab es schon oft, etwa 1985, als Miles Davis "Time After Time" interpretierte, oder im letzten Jahr, als der große Enrico Rava ein ganzes Album mit Jackson-Songs veröffentlichte. Beide haben schon bewiesen, die Verbindung Jackson und Jazz funktioniert ausgezeichnet. Den Song "Black Or White" aus der Feder des King Of Pop zerlegten Pacheco und Kraus zu einem stillen, aus seinem Zentrum heraus glühenden Blues. Sie beide zeigten sich immer wieder als Verwandlungskünstler, die ständig musikalische Querverbindungen herstellten, die aufgrund ihrer konstruktiven Interaktion und ihrer Hingabe absolut überzeugten. Auch in den Momenten, in denen Kraus sein Steckenpferd, die Elektronik, mit ins Spiel brachte und den zweiten Set mit einer atmosphärischtraumhaften Improvisation eröffnete. Für zwei Instrumentalisten dieses Kalibers gibt es einfach keine Grenzen. Sie übersteigen alles, was sich ihnen musikalisch in den Weg stellt und zeigen, wie großartig der Begriff Freiheit gelebt werden kann.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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