Fürstenfeldbruck:Malen mit dem Mund

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Eines der mundgemalten Bilder von Lucy Hoffmann, die in Fürstenfeldbruck zu sehen sein werden (Foto: Günther Reger)

Die 18-jährige Lucy Hoffmann leidet an Muskelatrophie. Ihre Bilder sind demnächst im Caritas-Zentrum zu sehen

Von Svenja KöniG, Fürstenfeldbruck

Die 18-jährige Lucy Hoffmann ist Auftragsmalerin der Stiftung Ambulantes Kinderhospiz München (AKM). Das Besondere an ihren Werken ist, dass sie mit dem Mund gemalt sind. Mit zwei Jahren erhielt Lucy die schwere Diagnose Muskelatrophie, eine chronisch voranschreitende Nervenkrankheit, die zur Schwächung der Motorik führt. Seit acht Jahren werden Lucy und ihre Familie vom AKM betreut. Da die Stiftung nur zu 20 Prozent von den Krankenkassen gefördert wird, ist sie größtenteils von Spenden abhängig. Mit ihrer Wanderausstellung "Im Rahmen des Möglichen" möchte das AKM gemeinsam mit Botschafterin Lucy Hoffmann auf die Stiftungsarbeit aufmerksam machen. Von 3. Juni bis 31. August ist die Ausstellung im Caritas-Zentrum Fürstenfeldbruck zu sehen.

Allein in Bayern sterben täglich zwei Minderjährige an einer schweren Erkrankung. Das AKM setzt sich dafür ein, schwer erkrankte Kinder und ihre Familien professionell zu unterstützen. Als betroffene Mutter gründete Christine Bronner vor mehr als elf Jahren die Stiftung. Das "kleine Kinderhospiz" von damals ist seitdem gewachsen. "Jetzt gehören die sozialmedizinische Nachsorge und auch die Krisenintervention mit 24-Stunden-Erreichbarkeit dazu", berichtet Bronner. Das AKM betreut Familien, in denen ein Elternteil, ein Kind oder auch Ungeborenes eine lebensbedrohliche Erkrankung hat, die zu einer Lebensverkürzung führen könnte. Wenn Familien nicht von der Diagnose an betreut würden, könne es mit 30-prozentiger Wahrscheinlichkeit passieren, dass schwere posttraumatische Belastungsstörungen entstehen, erklärt Bronner. Geschwister würden ebenso darunter leiden wie die Eltern, deren Ehe unter der Last oft zu zerbrechen drohe.

Damit, dass Lucy ihre Gemälde mitten in Fürstenfeldbruck ausstellen könne, mache man der 18-Jährigen und stellvertretend allen betroffenen Familien ein "großes Geschenk", sagt Bronner. Eine Stunde kann Lucy maximal malen, dann muss sie sich ausruhen. Zur Fertigstellung eines Gemäldes brauche sie mindestens eine Woche. "Wir wissen nicht, wie lang ihr noch bleibt," sagt Bronner. Um so wichtiger sei es, jeden einzelnen Tag mit Leben zu füllen. Kinder und Jugendliche wie Lucy führen nicht selten ein Schattendarsein in der Gesellschaft. Deshalb rief das Ambulante Kinderhospiz die Kampagne "Mach das Licht an" ins Leben. "Es gibt keinen Grund wegzuschauen", heißt es im eigens hierfür geschriebenen Kampagnensong. Denn die Familien wollen gesehen und in die Gesellschaft integriert werden.

Die Schüler des Fürstenfeldbrucker Viscardi-Gymnasiums schauen nicht weg. Vor den Sommerferien plant die Schule eine Projektwoche. Gemeinsam mit der Kunstlehrerin Stefanie Schielein möchten Schüler der 10. Jahrgangsstufe die Stiftungsarbeit unterstützen und selbst Bilder mit dem Mund malen. Für das Projekt ist auch Lucy an die Schule eingeladen. Inklusive Bildungsarbeit im Fach Kunst bedeute, jungen Menschen einen Raum zu geben, um Toleranz und Akzeptanz zu lernen, so Schieleins Überzeugung. Von August an sollen die Bilder der Schüler neben Lucys Bildern im Caritas-Zentrum ausgestellt werden. Seit 2009 zeigt die Gestaltungs-AG in den Caritas-Räumen mehrere Ausstellungen im Jahr. Judith Beer, eine ehemalige Caritas-Mitarbeiterin, zählt zu den Gründungsmitgliedern der AG. Auf ihre Initiative hin kommt die Ausstellung nach Bruck. Die Zusammenarbeit des Ambulanten Hospiz- und Palliativberatungsdienstes des Caritas-Zentrums Fürstenfeldbruck mit dem AKM besteht schon seit 2010.

Der inklusive Ansatz der Ausstellung aus der Kooperation von Viscardi-Gymnasium und Caritas und dem AKM sei bemerkenswert, sagt Stadt-, Kreis- und Bezirksrat Jan Halbauer von den Grünen. Er ist Schirmherr der Ausstellung.

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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