Fürstenfeldbruck:Landkreis bittet Tierschutzverein zur Kasse

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Seit dem vergangenen Jahr müssen die Vereinsmitglieder für die Entsorgung des Katzenstreus in der Mülldeponie Jesenwang bezahlen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Fast 6000 Euro hat der Tierschutzverein Fürstenfeldbruck und Umgebung von seinen Rücklagen entnehmen müssen, um die Ausgaben des letzten Jahres bezahlen zu können. Einen großen Posten hat zwar der neue Zaun geschluckt. Doch es gibt auch andere, aus Sicht der Tierschützer unnötige Ausgaben, die sie plötzlich zu tragen haben. So müssen sie seit vergangenem Jahr für die Entsorgung des Katzenstreus an der Mülldeponie in Jesenwang plötzlich etwas bezahlen. "Das finden wir nicht sehr hilfsbereit, denn wir erfüllen ja nur mit der Aufnahme von Fundkatzen eine Pflicht, die eigentlich die Gemeinden zu erfüllen hätten, wie ja zur Zeit die Tierfreunde Brucker Land beanstanden, und zwar mit Recht."

Diese Unmutsbekundung tut Vorstandsmitglied Dieter Ducque am Freitagabend bei der Jahresversammlung des Tierschutzvereins im Hotel Zur Post kund. Der Beirat verliest vor den 15 überwiegend älteren Anwesenden den Jahresbericht des langjährigen ersten Vorsitzenden, Karl-Heinz Maier. Dessen Frau Inge ist für die Kasse verantwortlich. Das Ehepaar Maier prägt seit etwa 35 Jahren den Brucker Tierschutzverein mit seinen 500 Mitgliedern. Da passt es gut, dass die Neuwahl des Vorstandes an jenem Abend eine reine Formalie ist: Es gibt keine Gegenkandidaturen, abgestimmt wird per Handzeichen. Als die Wiedergewählten noch einmal mit Namen und Funktion aufgerufen werden und die Anwesenden dazu klatschen, bellt wie zur Bekräftigung ein Hund unterm Tisch. Somit ist der gesamte Tagesordnungspunkt "Neuwahlen" innerhalb weniger Minuten erledigt.

Weitere Worte werden nicht zu den Tierschützern aus Maisach verloren, jenen Tierfreunden Brucker Land, die sich, wie manche berichten, aus einem internen Streit zwischen Mitgliedern des Tierschutzvereins gegründet haben. Demnach waren die Maiers manchem Tierfreund zu autoritär und machtzentriert. Auch beklagt sich die Runde nicht weiter über die Ungerechtigkeit, nun plötzlich Abfallgebühren für das Katzenstreu an den Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises bezahlen zu müssen.

Stattdessen nimmt der von Ducque verlesene Rechenschaftsbericht den meisten Raum bei der Veranstaltung ein. Da steckt weit mehr drin als die Bilanz der nackten Zahlen, beispielsweise dass der Tierschutzverein im vergangenen Jahr 26 Hunde betreut hat. 19 von ihnen wurden von den Besitzern - oft nach Stunden, manchmal aber auch erst nach Tagen - zurückgeholt, einer verstarb. Viel aussagekräftiger und auch anrührender sind indes die Schicksale, die hinter diesen nackten Zahlen stehen. Angefangen bei den ehrenamtlichen Gassi-Gehern, die in ihrer Freizeit regelmäßig zu dem Tierheim kommen, um dort "ihren" Hund auszuführen. "Es kann sich niemand vorstellen, was das für eine Freude ist, wenn die entsprechenden Autos vorfahren, wobei jeder Hund weiß, welches Auto zu ihm gehört", berichtet Ducque. Als Dankeschön überreicht der Beisitzer der einzigen an diesem Abend anwesenden Gassi-Geherin einen Blumenstrauß.

Die meisten Hunde freilich vermittelt der Verein weiter, nur die wenigsten bleiben in dem Heim hinter dem Klosterareal hängen. Ende 2016 lebten dort sechs Hunde, 20 hatten die Tierschützer über das Internet weitervermitteln können. Ferner gab es 16 Hasen, ein Meerschweinchen und einen Chinchilla. Fünf Schildkröten und drei Igel überlebten dort den Winter. Die Katzen betreut seit nunmehr 20 Jahren Barbara Weberschock in Geltendorf. 35 Tiere hat sie im Vorjahr aufgenommen, 19 wurden weitervermittelt.

Wie nah Freud und Leid der Tierschützer oft beieinander liegen zeigen diese Berichte. Im März fingen Vereinsmitglieder eine gepflegte, aber sehr lebhafte und nervöse Schäferhündin ein, die zwischen Mammendorf und Schöngeising herumgelaufen war. Wochenlang meldete sich kein Besitzer, da erfuhren die Tierschützer durch einen Pferdeschmied, dass das Herrchen der Hündin ganz verzweifelt sei und auf einem Pferdehof in Gilching arbeite. Als die Beiden sich endlich wiedersahen, war die Freude so groß, dass allen Anwesenden Tränen in die Augen traten. Ganz anders in Grafrath, wo ein kleiner West-Highland-Terrier herumirrte. - Die Besitzerin war verreist.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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