Fürstenfeldbruck:Küchenschaben im Visier

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120 Bewohner müssen die Asylunterkunft im Brucker Gewerbegebiet acht Stunden lang verlassen, weil Kammerjäger dort Ungeziefer bekämpfen. Die vom THW aufgestellten Zelte werden aber kaum benötigt

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Das zweigeschossige Gebäude ist hermetisch abgeriegelt, alle Türen sind versperrt: In der Asylbewerberunterkunft im Brucker Gewerbegebiet Hasenheide sind am Freitag die Kammerjäger zugange. Weil sich in dem vor einem Jahr bezogenen Haus die Küchenschaben zu einer Plage entwickelt haben, hat sich das Landratsamt für den geballten Einsatz von Insektiziden entschlossen.

Mit Hinweisen an den Türen sind die Bewohner bereits Tage zuvor auf die bevorstehende Aktion hingewiesen worden und ebenso darauf, möglichst nur so viele frische Lebensmittel einzukaufen, wie sie bis zu diesem Termin auch verbrauchen. Denn diese dürfen am Freitag nicht mitgenommen werden - würden damit doch vermutlich auch die von den wieselflinken Insekten abgelegten Eier erst mit ausund dann ins frisch desinfizierte Haus gleich wieder miteinziehen. Deshalb werden die Restbestände vernichtet.

Ein Mitarbeiter einer Spezialfirma versprüht in der Unterkunft am Hardtanger Insektenbekämpfungsmittel. (Foto: Günther Reger)

Um 8 Uhr verlassen die Bewohner das Haus und gehen die paar Schritte zum benachbarten Gelände des Technischen Hilfswerks. Dessen Mitarbeiter haben auf einer mit gelben Blüten überzogenen Wiese zwei mit Biergarnituren ausgestattete große Zelte als Übergangsquartier aufgebaut. In einem werden Frühstück und später Mittagessen ausgegeben, im anderen halten sich am Vormittag einige Bewohner auf. So auch eine syrische Familie mit mehreren Kindern, die seit sieben Monaten in der Kreisstadt lebt. "Alles kein Problem", sagt ein Mann und lacht. Wer eine lange und entbehrungsreiche Flucht hinter sich hat, den können ein paar Stunden im Zelt nicht schrecken. Die meisten der 120 Bewohner wollen sich aber gar nicht auf die Camping-Idylle einlassen, holen nur kurz ihr Essen und machen sich auf den Weg zu den Freiflächen rund um ihre abgesperrte Unterkunft. Andere sind in der Arbeit, in ihren Ausbildungsstätten, besuchen Bekannte in der ebenfalls benachbarten Containerunterkunft oder gehen spazieren und erledigen Einkäufe. Viele Kinder sind ohnehin in der Schule. Acht Stunden müssen sie überbrücken, dann sollen sie wieder ihr angestammtes Quartier beziehen können.

Das Technische Hilfswerk hat zwei Zelte aufgestellt, in einem davon wird Essen an die Flüchtlinge ausgegeben (rechts). (Foto: Günther Reger)

Einrichtungsleiter Steffen Beckschulte steht entspannt am Rand der Wiese, während drüben in der Unterkunft Männer mit Gasmasken und Schutzanzügen unterwegs sind und mit Pump-Sprühflaschen in alle Ritzen spritzen. "An den Stellen, an die man nicht hinkommt, wird großflächig vernebelt", sagt Beckschulte. So etwa in Küchen oder Sanitärräumen. Die eingesetzten Mittel hätten sich auch in Seniorenheimen und Krankenhäusern bewährt und würden nur einige Stunden wirken. Anschließend wird gründlich durchgelüftet, Geschirr oder Kochutensilien sollten dennoch vor dem ersten Einsatz gründlich abgewaschen werden. Kleine Kinder werden mit ihren Familien sicherheitshalber die nächsten drei Tage dennoch in anderen Unterkünften in Fürstenfeldbruck und Olching untergebracht.

Dass sich die allesfressenden, sechsbeinigen und als Überlebenskünstler geltenden Kakerlaken so vermehrt haben, erklärt der Einrichtungsleiter damit, dass hier sehr viele Leute auf engem Raum zusammenleben, nicht immer alle Lebensmittel im Kühlschrank Platz finden und es schon vorkommt, dass Essensreste nicht gleich entfernt werden. In der Containerunterkunft nebenan sei deshalb wegen der Insekten auch schon mal "begast" worden. Zurzeit wird geprüft, ob auch dort eine Wiederholung erforderlich ist.

© SZ vom 30.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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