Fürstenfeldbruck:Komische Stolperfallen

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Einer Komödie entsprechend, geht es im Stück des Theaters 5 turbulent zu. Die Schauspieler geraten in eine Serie von Chaos stiftenden Ereignissen. (Foto: Johannes Simon)

Dem Theater 5 gelingt mit der "Komödie im Dunkeln" von Peter Shaffer eine höchst amüsante Inszenierung. Die Premiere erhält großen Applaus

Von Valentina Finger, Fürstenfeldbruck

Ein Kriterium zur Bewertung von Schauspielkunst ist die Interaktion der Darsteller miteinander. Spielen die Akteure aneinander vorbei, stört das den Fluss der Darbietung. Ein Gegenbeispiel ist die aktuelle Inszenierung "Komödie im Dunkeln" des Briten Peter Shaffer, die das Theater 5 in den Räumen der Neuen Bühne Bruck aufführt: Niemand interagiert hier erfolgreich mit irgendwem, nicht einmal in die Augen blicken sich die Schauspieler die meiste Zeit, ganz zu schweigen von einem physischen Zusammenspiel. Nur ist jenes Aneinandervorbei in diesem Fall eines der Hauptmerkmale, das die Produktion unter der Leitung von Matthias Weber so gelungen macht. Bedenkt man die Handlung des Stücks, ist diese Feststellung weniger paradox als sie vielleicht erscheint.

Das noch unverheiratete Paar Brindsley Miller und Carol Melkett, gespielt von Finn Pulver und Aline Pronnet, erwartet Besuch. Zum einen hat sich der reiche Russe George Godunow (Jupp Peters) angekündigt, der Interesse an einer Bildhauer-Arbeit Brindsleys zeigt. Zum anderen kommt Carols Vater, ein Vollblut-Militär, vorbei, um seinen Schwiegersohn in spe kennenzulernen. Bevor sich jedoch irgendjemand die Ehre gibt, geht das Licht aus: ein Kurzschluss, der gleichsam der Startschuss für die urkomische Serie von das Chaos verdichtenden Ereignissen ist. An dieser Stelle kommt es auch zu einem raffinierten dramaturgischen Kniff: Bereiten Brindsley und Carol die Wohnung zu Beginn scheinbar bei Licht für ihre Besucher vor, ist die Bühne für das Publikum stockdunkel. Fällt dann in der Bühnenwelt das Licht aus, erhellt sich das Geschehen für die Zuschauer. Dieses Kontrastspiel wechselt diverse Male, nämlich immer dann, wenn eine der Figuren kurz eine Lichtquelle entfacht, die dann wieder erlischt.

Diese Voraussetzungen sind der Grund, wieso sich die Darsteller mit in die Leere starrenden Augen auf der Suche nacheinander durch das Wohnzimmer tasten, wie Stuntmen über Möbelstücke fallen und ziellos in den Raum gestikulieren. Kaum eine beherrscht das so gut wie Aline Pronnet, die in ihrem zuckersüßen Tüllkleid von einem lautstarken Sturz in den nächsten stolpert. Colonel Melkett, von Claus Hilgers im Tarnanzug inklusive Krawatte zum Drill-Instruktur stilisiert, hat so manche Lacher auf seiner Seite, wenn er sich herrlich herrisch zum Problemlöser ausruft. Weitergelacht wird auch später, als alle den Stadtwerke-Mitarbeiter Schupanski (Christian Götz) wegen seines Akzents für den russischen Millionär halten oder als Brindsleys Ex Clea (Larissa Kahr) zunächst ungesehen und schließlich folgenschwer dazustößt .

Den Höhepunkt erreicht die Inszenierung allerdings bereits, als die Nachbarn eintreffen: Katrin Leinfelder als Miss Furnival und allen voran Andreas Beer als Harold Gorringe sind ein Comedy-Duo der Extraklasse: Sie wirkt mit Papilotten im Haar und schrill-dümmlichen Kommentaren wie die liebenswerte, aber verwirrte Katzenlady von nebenan. Seine Darbietung balanciert wunderbar zwischen versnobt und tuntig und er lässt sich in seinen Erzählungen auch nicht aus der Ruhe bringen, als Brindsley und Carol parallel versuchen, im Dunkeln die Möbel, die sie heimlich aus seiner Wohnung geholt haben, um den Russen zu beeindrucken, unbemerkt zurückzuschaffen. Diese Szene ist eine komödiantische Meisterleistung aller Beteiligten. Und wie der Rest des Stücks funktioniert sie als Gesamtbild gar nicht paradoxerweise deshalb so gut, weil jeder ungeachtet der anderen seine eigene Nummer durchzieht.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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