Fürstenfeldbruck:Kleine Lösung

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Prototyp: So soll das Tönnchen aussehen. Es soll ein Volumen von 35 Litern haben und in braun geliefert werden. (Foto: Landratsamt)

Der Landkreis stellt einen neuen Behälter für die Abholung seiner Biomülltüten bereit - aber nur ein Tönnchen

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Biomüllsäcke dürfen künftig ganz offiziell in einem eigenen Behälter zur Abholung bereit gestellt werden. Was viele Bürger bereits nach eigenem Gutdünken praktizieren, findet nun Eingang in das Abfallkonzept des Landkreises. Der Fürstenfeldbrucker Kreistag sprach sich am Montag mit Zweidrittel-Mehrheit für das neue "Biotönnchen" aus. Allerdings gab es auch heftige Kritik daran.

"Ein Biotönnchen für Papiersäcke, das ist absurd", sagte UBV-Kreisrat Jakob Drexler. Fürstenfeldbruck sei einer von nur zwei Landkreisen in Deutschland, die Bioabfall in Papiertüten sammelten. In 80 Prozent der bayerischen Landkreise seien Biotonnen erfolgreich eingeführt. Kreisräte wie Drexler plädieren seit längerem für einen Systemwechsel, um mit Hilfe einer großen Biotonne die Menge an erfasstem Biomüll zu erhöhen und ihn anschließend energetisch zu verwerten. Es wäre eine Abkehr vom bisherigen, 25 Jahre alten Abfallkonzept des Landkreises. Der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWB) sieht keine Notwendigkeit für eine Veränderung.

Das "Biotönnchen" war die Anregung einer vom Klimaschutzmanagement geleiteten Arbeitsgruppe im Landratsamt, es soll Geruchsbelästigungen und Ungezieferprobleme lösen helfen, die bei der Bereitstellung des Biomülls am Abholtag auftreten. Weil die Säcke oft bereits über Nacht draußen stehen, würden sich "Marder, Katzen oder sogar Wildschweine daran vergnügen", erläuterte Abfallreferent Dieter Rubenbauer (CSU) seinen Kreistagskollegen in der Sitzung am Montag. Deswegen sollen die Säcke im neuen Tönnchen bereit gestellt werden, was viele Bürger freilich in einem Akt der Selbsthilfe bereits tun. So berichtete SPD-Kreisrätin Petra Weber davon, dass "wir die Biotüte in eine Tonne rein tun und die wird dann geleert". Auch ihr Fraktionskollege Peter Falk beschaffte sich eigenen Aussagen zufolge "vor einiger Zeit ein rotes Tönnchen", und er wisse, dass "Kollege Rubenbauer das mit einem schwarzen Tönnchen praktiziert". Barbara Steinmetz vom AWB bestätigte daraufhin, dass "viele improvisierte Behälter in Benutzung" seien und dass diese von den Entsorgungsfirmen auch geleert würden.

Das Tönnchen für alle will der Landkreis als freiwilliges Zusatzangebot verstanden wissen. "Die braucht ja keiner zu nehmen", sagte Landrat Thomas Karmasin (CSU). Es handelt sich dabei um einen braunen Kunststoffmülleimer mit einem Fassungsvolumen von 35 Litern. Er soll 20 Euro kosten und vom nächsten Jahr an bei ausgewählten Wertstoffhöfen erhältlich sein. Es gehe darum, "die Akzeptanz des bestehenden Systems zu steigern", betonte Rubenbauer noch, denn nach schlechten Erfahrungen mit den Mülltüten würden manche Bürger ihren Bioabfall lieber gleich in die Restmülltonne werfen.

Für Martin Runge (Grüne) ging es bei der Entscheidung für oder gegen das Tönnchen jedoch bereits um "die Systemfrage", wobei er betonte, dass sich die Grünen noch nicht auf eine Position festgelegt hätten. Wichtig sei, das bisherige System attraktiver zu machen. Wenn nun aber ein paar tausend Tönnchen verkauft würden, dann habe sich "das doch wieder verfestigt". Seine Fraktionskollegin Ingrid Jaschke ergänzte, dass man um die Diskussion über die Einführung einer richtigen Biotonne ohnehin nicht herum kommen werde, wenn es demnächst um die Abschaffung des Eigenkompostierbonus geht. Wer nämlich bislang die Biomüllsäcke nicht nutzte und die in seiner Küche anfallenden organischen Abfälle im eigenen Garten kompostierte, zahlte weniger Müllgebühren. "Die Bioabfallsammlung soll die Eigenkompostierung nicht ersetzen, sondern ergänzen. Die Eigenkompostierung wird durch ermäßigte Abfallgebühren belohnt", steht deshalb immer noch auf der Internetseite des AWB. Die Hälfte aller Müllgebührenzahler im Landkreis nimmt den Rabatt für Eigenkompostierer in Anspruch.

Weil der Landkreis aber die Sammelmengen von Bioabfall erhöhen möchte, will er das Kompostieren im Garten künftig unattraktiver machen. Die Landkreisbürger würden aus hygienischen Gründen auch Küchenabfälle über die Restmülltonne entsorgen, behauptete im Vorjahr ein Gutachten, das Handlungsoptionen für eine optimale Bioabfallerfassung und -verwertung eruieren sollte. In dem Gutachten wird auch angezweifelt, dass alle, die sich den Eigenkompostierbonus auszahlen lassen, auch wirklich selbst kompostierten.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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