Fürstenfeldbruck:Immer über die Gürtellinie

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Faire Boxkämpfe gehören zur Tradition des Brucker Volksfests. Zeitweise verfolgen bis zu 500 Zuschauer die Kämpfe des BC Piccolo. Dessen Mitglieder wissen sich ihrer Gegner zu erwehren. Zum Schluss muss sogar der Festwirt in den Ring

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Beim Oktoberfest ist Boxen im Festzelt nicht mehr im Programm, dafür fliegen auf dem Cannstatter Wasen bei Bier und Zwiebelrostbraten immer noch die Fäuste. Ob Würzburg, Ingolstadt oder Peißenberg - auch in Bayern hat Volksfestboxen eine enorme Tradition. So hat der Boxsportverein Piccolo am Samstagmorgen im Brucker Volksfestzelt einen Ring aufgebaut. "Der Wirt wollte das gerne zur Überbrückung haben", sagt Piccolo-Vorsitzender Manfred Kaltenhäuser, weil Samstag von 11.30 bis 15.30 Uhr bekanntlich wenig los sei. Trotz der unüblichen Boxzeit war das Zelt mit bis zu 500 Besuchern gut gefüllt.

Julian Rosstalnyi vom BC Piccolo (rechts) gelingt ein Körpertreffer bei einem der Boxkämpfe des Brucker Volksfests. (Foto: Günther Reger)

Bei freiem Eintritt gab es natürlich auch viel Laufkundschaft. Die Volksfestbesucher schauten mal rein ins Zelt, beobachteten zwei, drei Kämpfe, um sich dann wieder bei den Schaustellern draußen zu vergnügen. Im großen Zelt wurden immerhin 14 Kämpfe geboten.

Bei Jana Mehringer ging es um den oberbayerischen Juniorentitel. Sie hatte mit der aggressiven Kampfweise ihrer aus Finnland stammenden Finalgegnerin Sofia Jalkanen (BSC Dachau) anfangs viel Arbeit. Doch ab Runde zwei traf sie mit präzisen Kombinationen und boxte sich nach vorne. Im dritten Durchgang war Mehringer nicht mehr aufzuhalten und erzielte mit einem Kopftreffer Wirkung. Jalkanen wurde bis "acht" angezählt, kurz darauf kam der Gong. Die vielen Fans waren begeistert und feierten lautstark den Sieg des weiterhin unbesiegten Brucker Talents. "Das war ein Bombenkampf der beiden Boxerinnen", schwärmte Manfred Kaltenhäuser hinterher.

Lothar Mangel, der Punktrichter der fairen Kämpfe. (Foto: Günther Reger)

Auch Piccolo-Boxer Ahmet Sünbüle holte sich durch eine furiose Schlussrunde gegen Yalcin Aynac (BSC Dachau) den Titel im Mittelgewicht. Rechtsausleger Tayfun Akbay überzeugte gegen den Rosenheimer Halbweltergewichtler Endrit Hoti durch kluges Distanzboxen. Die erfolgreichen Lokalmatadoren von Trainerlegende Wolfgang Schwamberger verbreiteten gute Stimmung im Zelt. Die Zuschauer vergaßen da schon mal, die nächste Maß Bier zu bestellen, und gingen lautstark mit.

Besonders die familiären Anhänger der Boxerinnen munterten die Akteurinnen drei Runden lang auf. Mit drei Siegen bei den Oberbayerischen Meisterschaften ging auch der Wanderpokal für den besten oberbayerischen Boxklub an den BC Piccolo. Der steht nun im Pokalschrank des Vereins. In den vergangenen beiden Jahren gewannen jeweils die Boxer der TSV 1860 München diesen Wanderpokal.

Herausragender Kampf im Challenge-Cup war aus Brucker Sicht der Auftritt von Elite-Weltergewichtler Onur Kocer. Der gefährliche Wladimir Kosak (BC Landau) suchte ständig den Schlagabtausch, wurde jedoch immer wieder von Kocer ausgekontert. Mit zunehmender Kampfdauer kamen die Technik und Schlaggenauigkeit von Onur Kocer voll zur Entfaltung. Sein Punktsieg stand außer Frage.

Manfred Kaltenhäuser, der Vorsitzende des BC Piccolo. (Foto: Günther Reger)

Boxen ist bekanntlich in Gewichtsklassen eingeteilt. Bei Meisterschaftskämpfen wird das streng gehandhabt. Wer zur Kampfzeit über dem Gewichtslimit ist, darf nicht boxen. Bei einem Boxturnier gibt es eine sogenannte Toleranzgrenze von bis zu drei Kilogramm. Bei drei Kämpfen war der Gewichtsunterschied außerhalb der Kilotoleranz.

So wie beim Piccolo-Boxer Oskar Plasene. Der wog im Halbweltergewicht 63 Kilo, sein Gegner nur 59, so dass Juniorenboxer Plasene ein Kilo zu schwer war. "Da gab es dann einen hart umkämpften Einlagekampf ohne Wertung", klärte Kaltenhäuser auf. Bei einer Wertung des Kampfes gegen Eduard Miller (PSV Augsburg) hätte der Piccolo-Chef auf ein Unentschieden getippt.Ziemlich traurig lief Sebastian Utz durchs Zelt. Der Piccolo-Eliteboxer wäre gerne in den Ring gestiegen, doch sein Gegner hatte kurzfristig aus Krankheitsgründen abgesagt.

Kämpfer aus elf Vereinen waren im Volksfestzelt am Start. Sogar ein Boxer von Bushido Coburg stand im Ring und gewann. In allen Fights mussten die Brucker Boxerinnen und Boxer ihr Können zeigen. Ein großes Hallo gab es auch für Festwirt Jochen Mörz. Auch er musste in den Ring, aber nicht zum Boxen, sondern für eine Ehrung zum 60. Geburtstag. Die ehemalige erfolgreiche Piccolo-Boxerin Cindy Metz überreichte ihm zwei gerahmte Poster, die Mörz an eine gemeinsame Begegnung erinnerten. Vor zehn Jahren war er so mutig gewesen und beim Maisacher Volksfest gegen die Weltmeisterschaftsteilnehmerin im Boxen und Weltmeisterin im Kickboxen in den Boxring gestiegen. Für seinen Mut und das Geburtstagsjubiläum gab es von den Boxfans im Zelt noch einmal heftigen Applaus.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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