Fürstenfeldbruck:Hilfsbedürftige Kinderhilfe

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Eine Gruppe auf der Wiese vor der Kinderhilfe mit den Betreuern (hinten von links) Melanie Stengl, Gerda Andreas und Martin Ippenberger. (Foto: Günther Reger)

Brucker Behinderteneinrichtung sucht dringend Fachpersonal. Mehrere Kinder können deshalb nicht mehr betreut werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die geistig behinderte Tochter von Maria Huras muss bis zum Ende des Schuljahres zu Hause betreut werden. Eine Nachmittagsbetreuung in der Heilpädagogischen Tagesstätte der Brucker Kinderhilfe sei nicht mehr möglich, es fehlt an Betreuern. Die Mutter aus Germering bedauert dies zutiefst. Sie ist zwar in der glücklichen Lage, die 19-Jährige zu Hause betreuen zu können, weil sie sich die Zeit in der eigenen Firma selbst einteilen kann. Aber für ihre Tochter sei die fachkundige Betreuung bei der Kinderhilfe sehr wertvoll gewesen und habe ihr in all den Jahren gut getan - allein schon wegen der sozialen Komponente und der gemeinsamen Unternehmungen wie Schwimmen, Theaterbesuchen, Spiel und Sport.

Maria Huras' Angaben werden von der Kinderhilfe bestätigt. Es gelinge nicht, alle durch Verrentung freiwerdenden Stellen wieder zu besetzen. Die an der Feldstraße ansässige Einrichtung sucht seit Monaten händeringend Erzieher, Heilerziehungspfleger, Heilpädagogen und Sozialpädagogen. Doch der Markt der Bewerber ist wie leer gefegt. Bei Fachkräften wie Krankenschwestern oder Kindererziehern hat sich die Lage in den zurückliegenden Jahren zugespitzt. Verschärft wird sie im Fall der Kinderhilfe noch dadurch, dass in der Einrichtung Kinder erst nach Schulschluss betreut werden. Halbzeitstellen am Nachmittag aber gelten als wenig familienkompatibel und wenig attraktiv für Teilzeitkräfte - da mag das Arbeitsklima noch so gut, die Arbeit noch so erfüllend und das Team noch so intakt sein. Hinzukommt, dass Betreuungspersonal im Kinderbereich auch noch viel bessere Deutschkenntnisse vorweisen muss als etwa Krankenschwestern oder Pfleger.

In einem ähnlichen Dilemma befindet sich beispielsweise die heilpädagogische Tagesstätte der Mathilde-Eller-Schule in Laim, in der im Herbst, wie jüngst bekannt geworden ist, mehr als hundert geistig behinderte Kinder ohne Platz dastehen könnten. Auch dort mussten einige Gruppen geschlossen und Kinder auf andere Gruppen verteilt werden.

Jost Brockmann und Beatrix Mülling-Urban verfolgen die Entwicklung bereits seit vielen Monaten mit zunehmender Sorge. Seit Mitte 2016 haben sie "geworben wie blöd", Anzeigen geschaltet, den Bezirk um Unterstützung gebeten. Fast ohne greifbares Ergebnis. Eine Anfrage an die Heimaufsicht der Regierung, ob man angesichts des großen Mangels für ausgewählte Tätigkeiten die Ansprüche an die Qualifizierung in einzelnen Bereichen etwas herunterschrauben dürfe, wurden ablehnend beschieden. Heike Tonch, Leiterin der Tagesstätte, beziffert den Bedarf in Fürstenfeldbruck auf vier Fachkräfte, in Germering zusätzlich auf eine Fachkraft.

Neun Heilpädagogische Gruppen gab es bislang bei der Brucker Kinderhilfe. Die bis zu neun Gruppenmitglieder, alle im Alter zwischen sechs und 21 Jahren, werden betreut von zwei Fachkräften. 125 Kinder besuchen die Cäcilienschule, 72 davon werden nach Unterrichtsende bis 17 Uhr an der Sternstraße betreut. Durch die Umstrukturierung der Gruppen mussten - in Absprache mit den Eltern- sechs Kinder beurlaubt werden. Vier davon würden die Einrichtung als Schulabgänger ohnehin zu den Sommerferien verlassen. Drei weitere Plätze warden gar nicht erst besetzt worden. Gesichert sind nach Worten von Beatrix Mülling-Urban aber die individuellen Ergo-, Logo- oder Physiotherapien, da diese bereits am Vormittag in der Schule erfolgen. Immerhin gibt es manchmal auch so etwas wie einen kleinen Lichtblick: Zum März konnten eine bislang vakante Stelle als Fachkraft im Gruppendienst und eine Springerstelle wieder besetzt werden. Für die Tochter von Maria Huras ändert das freilich nichts mehr.

Die Kinderhilfe sucht neben Fachkräften auch Personen für ein freiwilliges soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst. Interessenten können sich melden unter Telefon 08141/40 500 oder info@stiftung-kinderhilfe.de

© SZ vom 21.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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