Fürstenfeldbruck:Heimat verschieden

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Jugendliche bearbeiten Thema der Kulturtage

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Heimat, was ist das eigentlich? So oft man die Frage auch stellt, so unterschiedlich fallen die Antworten aus, denn eine Antwort auf die Frage kann nur subjektiv sein, wenngleich Begriffe wie Vertrautheit, Verwurzelung, Familie und Freunde stets in den Erklärungen enthalten sind. Bei den zehnten Kulturtagen des Landkreises Ende Juli, Anfang August soll nun unter dem Motto: "Heimat im Wandel - eine sommerliche Begegnung", versucht werden, dem Begriff Heimat auf vielfältige Weise zu begegnen. Der Brucker Lese- und Theaterklub Turmgeflüster möchte dies zum Beispiel mit Lyrik oder Poesie, mit ausdrucksstarker Malerei oder mit subtilen Tänzen versuchen und hat dazu neben Mitgliedern auch unbegleitete jugendliche Flüchtlinge eingeladen. Zusammen will die Gruppe in mehreren kreativen Workshops dem Heimatbegriff von verschiedenen Ansätzen aus näher kommen und ihn aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.

Knapp zwanzig Jugendliche hatte die Vorsitzende von "Turmgeflüster", Christine Dietzinger, für den Eröffnungsworkshop am Samstag gewinnen können. Unter den jungen Leuten waren auch die Somalier Husien (17) und Adnan (18), die seit 17 Monaten in Bruck leben, schon recht gut Deutsch sprechen, und wie sich zeigte, keine Berührungsängste haben. "Heimat ist da, wo man gut leben kann mit Familie und Freunden", sagte Adan, in Somalia sei das nicht mehr möglich gewesen.

Zum Einstieg, damit sich die Jugendlichen kennen lernen, miteinander Kontakt aufnehmen, sich öffnen und animiert werden, gemeinsam an dem Projekt zu arbeiten", hatte Dietzinger den Autor, Regisseur, Sänger, Schauspieler und Tangotänzer David Tobias Schneider, den man aus Fernsehserien wie Tatort oder München 7 kennt, in die Aumühle eingeladen, um mit den Jugendlichen Darstellungstechniken und Ausdrucksmöglichkeiten zu erarbeiten. Nach einem tänzerischen Aufwärmprogramm vermittelte Schneider spielerisch Zusammengehörigkeits- und Gruppengefühl. Dann durfte Veit einen Text vorlesen, den er in der zweiten Grundschulklasse ins Schulheft geschrieben hatte, und er tat dies ganz ungezwungen und locker über seine damalige Ausdrucksweise schmunzelnd. "Es war verständlich, nicht zu schnell und die Betonung war gut", lautete das Urteil der Gruppenanalyse, woraufhin der Workshop-Leiter ausprobieren lies, wie sich der Text anhört, wenn er in Trauer gelesen wird. "Nicht so glaubhaft", meinte dazu ein Mädchen und verstand, dass es beim Lesen oder Sprechen auf "Authentizität" ankommt. "Wut, Angst, Freude aber auch Zorn und Ekel sind das Handwerkszeug einer guten sprachlichen Darstellung, nur wenn die Gefühle rüberkommen, wird ein Vortrag akzeptiert", erklärte der Schauspieler und erarbeitete, wie mit richtiger Atmung, Stimmmodulation, Artikulation, Körpersprache, Gestik und Mimik selbst eintönige Texte zu einem Feuerwerk der Emotionen werden können. Diese Grundausbildung wird für die kreative Arbeit sehr hilfreich sein", befand Dietzinger.

Dass in den folgenden Workshops das Thema Heimat im Mittelpunkt steht, kommt bei den Jugendlichen offensichtlich gut an. "Ich verspreche mir heute, mehr Sprachgefühl zu entwickeln, meine Stimme besser kennen zu lernen, und hoffe, dies dann später in der gemeinsamen Arbeit an dem Thema, das ja jeden angeht, umsetzen zu können", sagte die 14-jährige Ronja. Für Marlene gibt es zudem kaum eine bessere Möglichkeit, sich mit dem Heimatbegriff auseinandersetzen, als unter Einbeziehung von Menschen aus anderen Kulturkreisen. "Aber es soll auch Spaß machen und das tut es eigentlich immer, wenn wir zusammen an etwas arbeiten", meinte die 17-Jährige, die dem Verein "Turmgeflüster" schon seit seiner Gründung vor elf Jahren angehört.

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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