Fürstenfeldbruck:Geschichte in Rosa, Gelb und Grün

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Fast zwei Jahre hat die Sanierung dreier historischer Gebäude am Brucker Marktplatz gedauert. Die Denkmalschutzbehörde achtete sehr genau auf den Erhalt des Originalzustands. Deshalb musste das Stroh in der Decke bleiben und das Brameshuber noch mal angestrichen werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Denkmalschutz: fällt dieser Begriff, dann stehen manchen Hausbesitzern die Haare zu Berge. Ganz so schlimm war es bei Hans Schilling nicht. Aber dem Bauleiter der Allinger Firma Vilgertshofer, die mehrere Häuser an der Fürstenfeldbrucker Hauptstraße saniert hat oder noch saniert, war schon klar, dass die Sache kompliziert werden könnte. "Wir haben uns aber am Ende ganz gut zusammengerauft", sagt Schilling. Da steht er auf der östlichen Seite der Hauptstraße und ist sehr zufrieden mit der abgeschlossenen Restaurierung des ehemaligen Brameshuber und der beiden angrenzenden Häuser. Die denkmalschützerischen Auflagen wurden berücksichtigt. Quasi als Ausgleich gab es jetzt einen Anerkennungspreis der Stadt für das Ensemble. Vor allem aber hat es sich gelohnt für den Immobilienbesitzer, die Mieter und die ganze Stadt. Die rosa, gelb und grün gestrichenen Häuser der früheren Weinstube Brameshuber, des Konditorei-Cafés und des Hauses mit der Madonna-Abbildung am Giebel, in dem heute ein Friseur ansässig ist, sind innen und außen Schmuckstücke, die der "guten Stube" Brucks rund um den Marktplatz gut zu Gesicht stehen. "Die Häuser sind für die Identität der Stadt sehr wichtig", bescheinigt der Fürstenfeldbrucker Stadtbaurat Martin Kornacher.

Ja, die Sache mit dem Denkmalschutz. Schilling lacht. Nachdem das Bauunternehmen 2012 das ganze Areal unter anderem der Kirche und dem früheren Wiesnwirt Sepp Krätz abgekauft und bereits mit dem Bau von Wohnhäusern in zweiter Reihe begonnen hatte, sollten also die Hausnummern 11, 15 und 17 in Angriff genommen werden. Vor allem das wohl 1736 erbaute Brameshuber und das später angebaute kleine Haus, in dem 1813 der bekannten Erzgießer Ferdinand von Miller geboren wurde, sollten wieder im alten Glanz erstrahlen. Als dann aber die Fassade des Brameshuber in einem satten Weinrot erstrahlte, da machte Schilling erstmals so richtig Bekanntschaft mit Hildegard Sahler, der Gebietsreferentin des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege. Die war zwar nett, aber durchaus resolut: So gehe das nicht, der Farbton sei viel zu dunkel. Also wurde das "Bramerl" in einem helleren Rosaton noch einmal angestrichen. Die historische Stube und die Mosaike im Durchgang zwischen dem gelben und dem grünen Haus, auf dem früher die Fuhrwerke der damaligen Ackerbauern hinter auf den Hof fuhren, stehen ebenfalls unter Denkmalschutz. Abgebildet sind dort Frauen und Männer mit Bienenstock, Lebkuchen, Honigwein und Bienenwachskerzen. Auch der stilisierte Bienenstock an der Brameshuber-Fassade deutet auf die frühere Nutzung dieser Häuser hin: In der Miller-Familie wurde einst Wachs gezogen und Honig verarbeitet.

Auch das originale, handgeschlagene Gebälk galt es zu erhalten oder wiederherzustellen - ein erfahrener Zimmerermeister kümmerte sich darum. Und die Treppe im grünen Haus durfte nicht entfernt werden, auch wenn sie gar nicht mehr benutzt werden soll. Also wurde sie "eingehaust". Kurios: Untersagt wurde sogar der Ersatz von mit Strohdecken gefüllten Decken, obwohl diese hinter dem Putz gar nicht sichtbar waren. Und doch raufte man sich zusammen. Vom Dialog mit der Behörde und auch mit den sehr kooperativen Denkmalschützern im Brucker Rathaus habe man letztlich profitiert, räumt Schilling ein. Die italienischen Gastwirte, die ins Erdgeschoss des Brameshuber eingezogen sind, wissen die sorgsame Renovierung ebenso zu schätzen wie der Zahnarzt im Obergeschoss und die Friseure im Nachbarhaus. Zwei Jahre nahmen die Umbauarbeiten in Anspruch. Natürlich wäre es billiger gewesen, die alten Gebäude abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen. Die Mehrkosten der Wiederherstellung schätzt Schilling auf ein Drittel. Auch deshalb, weil alles zwar so wie einst aussehen soll, der Brandschutz aber den modernen Anforderungen entsprechen muss. So aber ging kein Stück Brucker Baugeschichte verloren. Ein paar Sachen aus jener Geschichte sind sogar in den beiden Kellergewölben aufgetaucht: ein Brunnen und eine Feuerstelle, ein alter Teekocher, Postkarten aus den Dreißigerjahren und Lebkuchenformen.

Als "gutes Ende einer langen Geschichte" würdigt Stadtbaurat Martin Kornacher das Projekt. Er kennt die Fälle, in denen alte Häuser, die unter Denkmalschutz stehen, verfallen und irgendwann doch abgerissen werden. Sepp Krätz hatte sich da einige Vorwürfe anhören müssen und die Stadt hatte mit einer Instandsetzungsanordnung gedroht. "Eigentum verpflichtet", sagt Kornacher. Letztlich ist eine Stadt aber doch auf die Einsicht und Kooperation von Immobilienbesitzern angewiesen. Im Gegenzug berät sie Bauherren. Entlang der Hauptstraße gebe es nicht mehr viele Baustellen, sagt Kornacher, mit Ausnahme vielleicht des früheren Hotels Drexler gegenüber der Sparkassen-Hauptstelle.

Das einst von Horst Jirgl bewirtete Wiener Hendlhaus ist mittlerweile nach Germering umgezogen. Der große südlich ans Brameshuber angrenzende Altbau, für den der nicht ganz so strenge Ensembleschutz gilt, wird zurzeit ebenfalls generalsaniert. Im September soll das viergeschossige Haus, das ebenfalls der Firma Vilgertshofer gehört, bezugsfertig sein. In den beiden Obergeschossen werden nach Worten Schillings wohl zwei Arztpraxen und weitere Büros eingerichtet. Ob für das Erdgeschoss ein Pächter gefunden wird, der dort vorzugsweise eine bayerische Wirtschaft betreiben soll, steht dem Vernehmen nach noch nicht fest.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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