Fürstenfeldbruck:Genug vom Krisenmodus

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Die Flüchtlingskrise dominiert die Etatreden im Kreistag. 57 neue Stellen sollen helfen, die eigentlichen Aufgaben zu erledigen

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Weil im Landratsamt infolge der Flüchtlingskrise vieles darniederliege, setzte Landrat Thomas Karmasin (CSU) bei der Verabschiedung des Kreishaushalts zu einer "Thermopylenrede" an. Den Vergleich der heldenhaft arbeitenden Mitarbeiter im Landratsamt mit dem heldenhaften Kampf der Griechen gegen die Invasion der Perser baute der Landrat aber nicht weiter aus. Auch weil er, wie er sagte, nicht der König von Sparta, und Bruck nicht Sparta sei. Seit Reichsfeldmarschall Hermann Göring zur bevorstehenden Niederlage der 6. deutschen Armee in Stalingrad eine Thermopylenrede hielt, hat diese Bezeichnung auch einen negativen Beigeschmack. Das wurde im Kreistag nicht angesprochen. Dafür ging Karmasin darauf ein, was in seinem seit einem Jahr im Krisenmodus arbeitenden Amt im Argen liegt. Das sind die kommunalpolitische Kultur und die Kommunikation. So musste laut dem Landrat der Haushalt als Kernstück der Kommunalpolitik beinahe nebenbei erledigt werden.

Und Karmasin versprach, "dafür zu kämpfen", dass sich das wieder ändert und wieder die seit langem im Landkreis lebenden Menschen zu ihrem Recht kämen. Als Beispiel nannte er das Recht, in einer überschaubaren Zeit eine Baugenehmigung zu erhalten und das Recht, an Schulen wieder unbeeinträchtigt Sport machen zu können. Damit spielte er darauf an, dass mehrere Schulturnhallen mit Flüchtlingen belegt sind. Diese Ziele verband der Landrat mit der Hoffnung, "dass wir nur noch so viele Zuwanderer in unser Land lassen, wie wir auch versorgen können".

Den Pessimismus des Landrats konterte Peter Falk, Sprecher der SPD-Fraktion, mit Optimismus. Mit einem "wir schaffen das", riet der Sozialdemokrat dazu, tätig zu werden und nicht länger zuzuschauen. Mit dem Appell "Wir müssen mehr Landkreis wagen" verband Falk die Forderung, mehr bezahlbare Wohnungen zu bauen, sich intensiver für eine bessere S-Bahn einzusetzen, "mehr gute Schulen zu wagen", in die Ganztagsbetreuung an Gymnasien zu investieren und die viel zu niedrigen Sozialhilfesätze freiwillig aufzustocken.

Finanzreferent Johann Thurner (FW) verwies auf eine "gewisse Machtlosigkeit" der vorberatenden Ausschüsse. So sei der Jugendhilfe-Haushalt mit Aufwendungen in Höhe von 33,4 Millionen Euro in fünf Minuten beschlossen wurden, einschließlich von 12,65 Millionen Euro, die für die Unterbringung und Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge vorgesehen sind. Laut Thurner stehen von 57 neuen Stellen im Landratsamt - die Personalaufwendungen erreichen damit einen Rekordstand von 33,4 Millionen Euro - 38 in direktem Zusammenhang mit der "Flüchtlingsproblematik". Die zusätzlichen Stellen seien nötig, um alle anfallenden Aufgaben zu erledigen, würden aber bis auf wenige Ausnahmen nicht vom Staats finanziert. Sie belasten also über die Kreisumlage die Kommunen. Thurner sprach von zwei Haushaltsschwerpunkten: der "Bewältigung der Flüchtlingsströme" und sehr hohen Investitionen in Schulen.

Martin Runge (Grüne) kritisierte die mangelnde Transparenz des Haushaltes und den schlechten Umgang des Landratsamts mit den Gemeinden. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Nachfrage der Gemeinde Gröbenzell zu den Jahresüberschüssen des Landkreises. Die Anfrage sei mit der Begründung, kreisangehörige Gemeinden hätten grundsätzlich keinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Landkreis, nicht beantwortet worden. Dazu passe der Hinweis, der Gemeinde stehe der Verwaltungsrechtsweg offen.

Emanuel Staffler (CSU) bezeichnete den Haushalt als Spiegelbild der Herausforderungen. So sei der Etat 2016 von der Herausforderung Asyl geprägt. Alfred Streicher (UBV) erinnerte daran, Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen. Quartiere in Turnhallen seien "unangemessen". Ulrich Bode (FDP) rügte, Flüchtlinge zum Nichtstun zu verdammen und forderte, deren Energie und Motivation zu nutzen. Er wünsche sich mehr Gründergeschichten wie nach dem Zweiten Weltkrieg, sagte Bode. Christian Holdt (ÖDP) begrüßte die Personalaufstockung, die er mit wieder mehr Dienstleistungen für die Landkreisbewohner verbindet.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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