Fürstenfeldbruck:Gemeinsamer Glaube

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Eine fast sakrale Stimmung: Fürstenfeldbrucker Gläubige singen auf einer Wiese am Silbersteg ein Lied. (Foto: Günther Reger)

In der langen Nacht der Christen ziehen Angehörige aller Konfessionen durch Bruck

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

Kein Glockengeläut, kein Weihrauchduft, ja nicht einmal Orgelklänge sind am Freitag aus der Neuapostolischen Kirche zu hören. Stattdessen locken im Eingangsbereich Tische mit Sektgläsern. Ein freundlich lächelnder Mann im Anzug begrüßt die ankommenden Besucher, und aus dem Obergeschoss sind die Töne von Querflöte, Geige und Oboe zu vernehmen. Fände der Empfang nicht in einer Kirche statt, könnte man ihn auch für die Vernissage eines Kunstvereins oder einer Galerie halten. Und in der langen Nacht der Christen in Fürstenfeldbruck geht es durchaus um eine Kunst, um die Kunst des Zusammenwachsens.

Der Kirchenraum im Obergeschoss ist hell und modern gestaltet. Ihm fehlt das ehrfürchtige und gleichzeitig beklemmende Gefühl, das Kirchenräume normalerweise ihren Besuchern einflößen. Der Altar ist aus Glas, zum Hinsetzen gibt es Stühle und nicht die üblichen Holzbänke. Der Unterschied zu den altehrwürdigen und reich verzierten Räumen von Fürstenfeld oder Sankt Magdalena, die man im Laufe des Abends noch aufsuchen wird, könnte kaum größer sein. Es wirkt so, als wollten die Veranstalter zeigen, dass es äußerlich zwar Unterschiede zwischen den christlichen Konfessionen gibt, während in den Wortgottesdiensten die Gleichheit betont wird.

Denn gerade die Gemeinsamkeiten gilt es, in der langen Nacht der Christen zu unterstreichen. Das Motto lautete: "Reformation leben - gemeinsam Brücken überschreiten", und verwies auf den 500. Jahrestag der Reformation. Diese müsse man auch als Chance betrachten, erklärt Friedrich Deschauer, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit in der katholischen Pfarrei Sankt Bernhard. "Die Reformation war eine Trennung, doch jetzt muss man wieder aufeinander zugehen." Daher habe man auch das Thema Brücken ausgewählt, da Brücken zwei Seiten miteinander verbinden. "Der Glaube vereint die Christen", erklärt auch Robert Reischmann in der Neuapostolischen Kirche. Diese Veranstaltung sei das beste Beispiel dafür. "Ich sehe Mitglieder der römisch-katholischen, der evangelischen, der neuapostolischen und noch anderer Gemeinden vereint unter einem Dach." Viele Christen glaubten an eine gemeinsame Botschaft, die Wiederherstellung der Einheit sei Teil der Reformation.

Nach diesen Worten beginnt die Prozession der Besucher in die hereinbrechende Nacht und zu den anderen Kirchen in der Kreisstadt, nach Sankt Bernhard und Sankt Magdalena, zur Erlöserkirche und zur Gnadenkirche sowie zu den Räumen der Freien evangelischen Gemeinde. Rund 45 Menschen ziehen, mit einer Kerze und einem Sektglas in den Händen zum Silbersteg, der Station der evangelischen Gnadenkirche. Nachdem man gemeinsam die Brücke überschritten hat, versammeln siech die Teilnehmer auf einer Rasenfläche am Fuß des Silberstegs und stimmen ein Lied an. Langsam zieht die Dunkelheit herauf, was im Zusammenspiel mit dem Gesang, den Klängen eines Akkordeons und dem Kerzenschein dem Moment eine sakrale Stimmung gibt.

In den vergangenen Jahren seien die unterschiedlichen Konfessionen tatsächlich viel mehr zusammengewachsen, erklärt eine Frau. In ihrer Jugend seien die Unterschiede und die Spaltungen noch ausgeprägt gewesen. Eindruck hinterließen die Worte des Pfarrers der Erlöserkirche. "Ich habe eine Vision: Dass es nicht mehr heißt, evangelisch in Fürstenfeldbruck oder katholisch in Fürstenfeldbruck, sondern: christlich in Fürstenfeldbruck." Woraufhin er die Teilnehmer das Gebet sprechen lässt, "das alle Christen verbindet": das Vater Unser.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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