Fürstenfeldbruck:Gegenseitige Blockade

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Ein Nachmittag unter Kreispolitikern: Wie eine Haushaltsberatung über die Sanierung von Schulgebäuden aus den Fugen gerät

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Für Michael Schrodi war es ein bisschen wie im Unterricht. Wenn er versucht, Schüler zu unterweisen, und die nichts verstehen oder nichts verstehen wollen. Auch als SPD-Kreisrat lässt der Lehrer nicht locker, weiß, dass man dann wiederholen und wiederholen muss. Also wies er immer wieder darauf hin, dass die Unterlagen, die die Kreisverwaltung zusammengestellt hatte, intransparent und deshalb untauglich seien. "So wird uns die Möglichkeit des politischen Einflusses, um Sachen zu verändern, genommen", schimpfte Schrodi in der Sitzung des Kreiskulturausschusses, der den Haushalt für 2016 vorberaten sollte.

Das Papier mit den Gebäudesanierungs- und Neubaumaßnahmen in Höhe von 22 Millionen Euro, das die Kreisverwaltung alljährlich als Arbeitsgrundlage für die politischen Gremien herausgibt, hatte in diesem Jahr heftigsten Unmut bei Schrodi hervorgerufen. Akribisch wie kein Zweiter hatte er sich vorbereitet, die für das Jahr 2016 geplanten Ausgaben mit jenen von 2015 verglichen und mehrmals festgestellt, dass Summen nicht zueinanderpassten oder bei geplanten Investitionen die Folgekosten für die nächsten Jahre fehlten. Man habe "das System umgestellt", antwortete der zuständige Referatsleiter im Landratsamt, Axel Schuhn: "Es soll vereinfachend sein".

Dass davon keine Rede sein könne, bemängelte später auch FDP-Kreisrat Klaus Wollenberg, der schon in den Vorjahren zusammen mit Schrodi regelmäßig mehr Geld vor allem für Schulsanierungen gefordert hatte. Wollenberg nannte die vorliegenden Zahlen "höchst unbefriedigend" und äußerte den Verdacht, dass dies wohl so gewünscht sei, "weil wir in den letzten Jahren immer wieder den Finger in die Wunde gelegt haben".

Derweil bimmelte bei Manuela Kreuzmair (CSU) das Handy so lange deutlich hörbar aus ihrer Handtasche, bis sie es endlich daraus hervorgenestelt hatte. In der Reihe hinter ihr konnte sich Frederik Röder, der CSU-Fraktionsvorsitzende - der dem Ausschuss nicht angehört, aber als Zuhörer anwesend war -, als Einflüsterer betätigen, nachdem sich die Ausschussmitglieder seiner Fraktion bei manchem Antrag Hilfe suchend zu ihm umgedreht hatten. Denn auch Landrat Thomas Karmasin (CSU) fehlte, den Sitzungsleiter gab sein Stellvertreter Johann Wieser (FW). Währenddessen verteidigten sich die Grünen gegen Wollenbergs Vorwurf, bei den Schulsanierungen "das Flickschuster-Prinzip zusammen mit der CSU-Mehrheit mitgemacht" zu haben. "Wir nennen es Gerechtigkeit", warf Christina Claus ein.

Später freilich, als Schrodi für seinen Vorwurf der Intransparenz immer mehr Beispiele fand, gab auch der grüne Kreisschulreferent Christian Stangl - wie Schrodi ein Gymnasiallehrer - in umständlich gewählten Worten zu, das mit den fehlenden Folgekosten ebenfalls "unbefriedigend" zu finden und darob "irritiert" zu sein. Nun, nach etwa anderthalb Stunden, wagte sich auch noch der Gymnasiallehrer Andreas Lohde (CSU) aus der Deckung mit dem Eingeständnis, dass "diese Vorlage nicht so informiert, wie ich mir das gewünscht hätte". Zu diesem Zeitpunkt hatte der Ausschuss sowohl den Antrag, die weitere Diskussion mit genaueren Zahlen um eine Woche zu verschieben, als auch den Antrag, nun nur über die Zahlen für 2016 abzustimmen, mit Stimmengleichheit abgelehnt.

Nun "haben wir uns gegenseitig blockiert", stellte Kreisfinanzreferent Johann Thurner (FW) daraufhin fest, und Landratsamtssprecherin Ines Roellecke äußerte Bedenken zur Geschäftsordnung. Mit einem Kniff gelang es schließlich, den Formalien doch noch Genüge zu leisten und sich sozusagen selbst die Erlaubnis auszustellen, die Sitzung eine Woche später fortführen zu dürfen: Der Tagesordnungspunkt Haushalt wurde flugs ans Ende der Sitzung verlegt. Dann war es sechs Uhr und die Sitzungszeit abgelaufen. Fortsetzung folgt.

© SZ vom 30.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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