Fürstenfeldbruck:Gefühlte Sicherheit

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Bei der KJR-Versammlung gibt es Kritik an der Regelung mit den Führungszeugnissen

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Am Geld scheint es nicht zu fehlen. Für die umfassende Förderung der Kinder- und Jugendarbeit im Landkreis, also der Unterstützung von 41 Jugendverbänden mit ihren angeschlossenen Vereinen, stand dem Kreisjugendring Fürstenfeldbruck (KJR) mit 921 000 Euro im Vorjahr eine ansehnliche Summe zur Verfügung. Die Arbeit leitet ein neunköpfiger Vorstand, in den bei der Frühjahrsvollversammlung am Mittwoch die Bruckerin Ines Sattler, 22, von den christlichen Pfadfindern für den ausgeschiedenen Jonas Dams neu gewählt wurde. Die Vorstandsarbeit erfolgt ehrenamtlich mit hauptamtlicher Unterstützung. In den Vereinen vollzieht sich die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in der Regel sogar ganz ehrenamtlich. Das stößt bisweilen an Grenzen, vor allem wenn der Gesetzgeber Regelungen beschließt wie jene, die sexuellen Missbrauch verhindern helfen soll.

Denn von Übungsleitern, Trainern und Betreuern in den Vereinen wird nunmehr ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verlangt. Ziel ist es, einschlägig wegen sexuellen Missbrauchs vorbestrafte Personen von dieser Tätigkeit auszuschließen. Seit gut zwei Jahren müht sich Dietmar König, Leiter des Jugendamts im Brucker Landratsamt, eine möglichst unbürokratische Umsetzung dieser Vorschrift mit den 23 Kommunen im Landkreis hinzubekommen. "Gestern hat sich die letzte Kommune entschlossen, mitzumachen", verkündete König zufrieden: Auch die Stadt Fürstenfeldbruck hat dem vereinfachten Verfahren zugestimmt. Im Mai sollen laut König alle Vereine ein Formular erhalten, in dem Art und Dauer des Kontakts zu Kindern und Jugendlichen - die Kriterien für die Notwendigkeit eines Führungszeugnisses - erfasst werden. Die Einwohnermeldeämter werden dann die Einsichtnahme und die Verwaltung der Führungszeugnisse übernehmen, damit der Datenschutz gewährleistet ist. Dagegen hatten sich zahlreiche Kommunen gewehrt. "Eigentlich ist dieses Gesetz so nicht umsetzbar", meinte der Präsident des Bayerischen Jugendrings (BJR), Matthias Fack, spürbar genervt: "Es gibt eine Tendenz in der Gesellschaft zu mehr Verrechtlichung, die negative Auswirkungen auf das Ehrenamt hat." Dieses erweiterte Führungszeugnis schaffe nur "gefühlte Sicherheit". Fack war vom KJR eingeladen worden, um die Perspektiven der Jugendringarbeit zu erläutern. "Integration, Partizipation von Jugendlichen und Demografie werden uns zukünftig noch mehr beschäftigen", umriss Fack schlagwortartig das zu erwartende Arbeitsspektrum. Die scharfe Trennung von außerschulischer und schulischer Jugendarbeit werde es angesichts zunehmender Ganztagsbeschulung der Kinder bald nicht mehr geben. "Wir müssen da auch vorkommen", forderte der BJR-Chef.

Auch die Arbeit mit Flüchtlingen erwähnte Fack als Aufgabe für die Jugendringe. Hier hatte sich der Brucker KJR bereits eingebracht und drei Monate lang in seinem Jugendhaus eine Gruppe unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge über die Weihnachtszeit betreut. "Wir halten die Flüchtlingspolitik der EU für verfehlt", betonte der KJR-Vorsitzende Philipp Heimerl und sprach sich unter dem Beifall der 31 Delegierten der Versammlung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aus. Verdienstvoll engagiert sich der KJR auch gegen Rechtsextremismus und bei der Integration gestrauchelter Jugendlicher. Das Projekt "Starthilfe" in Überacker stellte seine Arbeit mit dem "Race-Projekt" auf der Wiese des Jugendhauses in Gelbenholzen eindrucksvoll vor. Zwei Fahrer mit Motorrädern zeigten ihr Können. Sechs Jugendliche, die mit Unterstützung von "Starthilfe" ihre Schulabschlüsse nachholen, bilden auch die Crew für ein 24-Stunden-Rennen zu Pfingsten.

© SZ vom 02.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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