Fürstenfeldbruck:Friedensdemo auf dem Fahrrad

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Banner vor dem Firmengelände: Teilnehmer der Friedensdemonstration vor dem Gelände der Firma Schleifring. (Foto: Günther Reger)

Pazifisten demonstrieren vor zwei Brucker Firmen gegen Produktion und Export von Waffen

Von Christian Lamp, Fürstenfeldbruck

"Entrüstet München!" Unter diesem Motto sind Mitglieder der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) noch bis zum Hiroshima-Gedenktag am Sonntag, 6. August, in München und dem Umland mit dem Fahrrad "auf Achse für Frieden, Abrüstung und ein ziviles Europa". Die Aktivisten wollen auf das "Rüstungszentrum München" aufmerksam machen, in dem nach ihrer Rechnung 25 Unternehmen militärische Technologien produzieren. Am Donnerstag waren die rund 25 Friedensradler auf Visite in Fürstenfeldbruck: Ziele waren die Firmen Schleifring und ESG. Vor der Sparkasse gab es zudem eine "Antikriegsperformance" zu sehen.

Fahnen, Logos und Slogans zitieren vergangene Zeiten des Pazifismus. Aber von den Theorien von Carl von Ossietzky oder Aldo Capitini ist hinter der Ästhetik der Alt-68er wenig zu spüren. Auch die biblische Aufforderung, "Schwerter zu Pflugscharen" zu schmieden, wird auf einem Fahrrad zitiert. Die Performance versuchte jedoch, mehr auf sinnlicher Ebene zu operieren. Zu dem Pur-Titel "Kein Krieg" suggerierte das menschliche Standbild aus drei Soldaten, zwei Toten und den drei konfuzianischen Affen, die nichts sehen, nichts hören und nichts sagen, einen Zusammenhang von amerikanischen Ölinteressen (auf Ölfässern prangte das Logo von Esso), Krieg und Tod unter schweigender Duldung der Mehrheit. Schweigend rollte der Berufsverkehr daran vorbei.

Von einer Militarisierung der Politik spricht Thomas Rödl, Sprecher des Landesverbands Bayern der Pazifisten. Gerade die Katastrophe in Syrien zeige die Notwendigkeit "ziviler Lösungen" statt willkürlicher Waffenlieferungen, sagt er und fragt: "Warum gibt es keine Verhandlungen?" Dass insbesondere Russland, Schutzpatron des Assad-Regimes, eine diplomatische Lösung des Kriegs in Syrien sabotiert, stört Rödl offensichtlich nicht. Auch was die Ukraine angeht, müsse wieder Dialog her, fordert er. Die von den USA forcierte Osterweiterung der NATO verfolge nur die wirtschaftlichen Interessen der Herrschenden. So komme es zu einer Eskalationsspirale. Genauso sehen das Alfred Pichler von der Katholischen Arbeitnehmerbewegung, ein Zuschauer, und auch der extra aus Nürnberg angereiste Peter Wilscher, ein Teilnehmer der Fahrrad-Demonstration.

Rödl bezeichnet Deutschland als einen führenden Waffenexporteur und wirft deutschen Eliten vor, die Hegemonie in der EU ausbauen zu wollen. Er wünscht sich dagegen einen deutschen Sonderweg, der darin bestehen soll, auch alleine mit der Entmilitarisierung zu beginnen.

Bei der Ankunft am Firmensitz der Elektronikfirma ESG, der die Friedensaktivisten vorhalten, für das Militär zu produzieren und diesem Dienstleistungen anzubieten, kommt es beinahe zum Konflikt. Die Polizei besteht darauf, dass die Kundgebung nur auf dem Kiesweg neben dem Parkplatz genehmigt sei. Entrüstete Einwände werden von den Polizisten zurückgewiesen. Die Demonstranten willigen schließlich ein, Teilnehmer an der Kundgebung, die nicht zu den Aktivisten gehören, fehlen ohnehin. Dem Unternehmen wird vorgeworfen, sich durch Gewerbesteuerbeiträge und soziales Engagement die Duldung im Landkreis zu erkaufen. Das, so wünscht sich ein Redner, soll durch öffentlichen Druck problematisiert werden.

Die Teilnehmer appellieren an die individuelle Verantwortung und die Möglichkeiten eines jeden, für eine Zivilgesellschaft ohne Militär und Waffenproduktion einzutreten. Nur auf die Übermacht gesellschaftlicher Tendenzen zu verweisen, das greife zu kurz und führe zu resignativer Tatenlosigkeit, hieß es. Ob die Appelle bei den Firmenmitarbeitern ankamen? Die, die während der Kundgebung das Betriebsgebäude verließen, gingen jedenfalls an den Demonstranten vorbei, ohne stehen zu bleiben.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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