Fürstenfeldbruck:Flucht aus Liebe

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Nilofar war gegen ihren Willen bereits einem wohlhabenden Mann versprochen. In ihrer Verzweiflung beschlossen sie und Naweed, zu fliehen. (Foto: David Kem)

Naweed und Nilofar wollen in Deutschland glücklich werden

Von Sibylle Nagler

"Und Liebe wagt, was Liebe irgend kann", sagt Romeo zu Julia. Dieser Satz trifft auch auf die Flucht des Liebespaares Naweeed und Nilofar zu. Aber anders als bei Shakespeare findet ihr "Drama" ein gutes Ende.

Infolge des afghanisch-russischen Krieges und später nach der Machtübernahme der radikalen Taliban suchten in den vergangenen 20 Jahren mehr als zwei Millionen Afghanen Zuflucht im benachbarten Iran. So auch die beiden Eltern von Naweed und Nilofar, die sich mit ihren kleinen Kindern in der zentral gelegenen Provinz Isfahan niederließen. Da illegalen Einwanderern im Iran der Schulbesuch verwehrt ist, hatten Nilofar und Naweed bis zu ihrer Ankunft in Deutschland noch nie eine Schule von innen gesehen. Flüchtlinge sind in Iran nicht gerne gesehen: Sie würden Einheimischen die Arbeitsplätze streitig machen. Tatsächlich bekommen sie jedoch nur schlecht bezahlte und schmutzige Arbeiten, so Naweeds Vater, etwa im Brunnenbau.

Vor gut zwei Jahren lernten sich die 19-jährige Nilofar und der 23-jährige Naweed im Exil kennen und verliebten sich. Sie mussten ihre Beziehung jedoch geheim halten. Der Vater hatte seine Tochter gegen ihren Willen schon einem wohlhabenden und viele Jahre älteren Mann versprochen. Der mittellose Naweed ohne Ausbildung hatte dagegen "nichts zu bieten". Den beiden Liebenden blieb in ihrer Verzweiflung nur die Flucht. Im Bus, per Anhalter und viel zu Fuß waren sie über zwei Monate unterwegs über die Türkei nach Griechenland. In Serbien und Ungarn konnten wir nicht bleiben", erzählt Naweed. Er sei von der Polizei mehrfach geschlagen worden.

Seit einem halben Jahr lernen die beiden im vom Gröbenzeller Asylhelferkreis organisierten Alphabetisierungskurs mit der deutschen Sprache auch Satzzeichen und Buchstaben kennen. Das Lernen in der Schule ist für die beiden völlig neu. Die ehrenamtlichen Lehrerinnen brauchen hier viel Geduld. Asylhelfer Ajhmal Amin übersetzt und unterstützt freundlich und behutsam, auch im Umgang mit deutschen Behörden, obwohl er selbst erst knapp zwei Jahre hier ist. Seit Kurzem verdient Naweed den gemeinsamen Lebensunterhalt bei einer Reinigungsfirma in München. Dafür reichen seine Deutschkenntnisse nun schon aus. Nilofar träumt von einer Friseurlehre. Beide wissen, dass neben der behördlichen Anerkennung ihres Asylgesuchs die Sprache das eigentliche Eingangstor nach Deutschland ist. Und der Weg dahin ist noch ein langer.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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