Fürstenfeldbruck:Facetten des Frühlings

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Die Tage werden länger, die Temperaturen steigen. Alle Leute drängt es hinaus ins Freie - zum Grillen, Garteln, Fahrrad fahren. Manche Menschen merken bei ihrer Arbeit den Wechsel der Jahreszeiten. Wir haben einige getroffen

Von Karl-Wilhelm Götteund Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Endlich ist er da! Nach dem Wintereinbruch über Ostern hat der Frühling jetzt die Oberhand über die Wetterlage gewonnen. Für das anstehende Wochenende sagen Meteorologen Temperaturen an die 20 Grad voraus. Endlich. Den Leuten merkte man ihr Bedürfnis nach Sonne und Wärme bereits deutlich an: Ein ungemütlicher, aber windgeschützter Parkplatz wird zum Treffpunkt in der Mittagspause, an den Eisdielen bilden sich Schlangen, plötzlich sind wieder mehr Fahrradfahrer unterwegs. Und am Samstag wird wohl von irgendwo - vielleicht aus dem eigenen Garten - der Duft von Gegrilltem in die Lüfte steigen. Ja, wenn es wieder wärmer wird, verändert sich vieles. Für manche wirkt sich das auch auf ihre Arbeit aus. Wir haben ein paar von ihnen getroffen.

Die Eisverkäufer

Wenn am dritten Februarwochenende die Terrasse vor dem Eiscafé Alberto wieder mit Tischen und Stühlen bestückt wird und die mannshohe Eistüte aus Plastik wieder am Wegesrand steht, dann wissen die Maisacher Bescheid. "Viele Leute sagen: Alberto, du bist wieder da. Es ist Frühling." Die blauen Augen von Alberto Pontil leuchten kurz auf und lassen ein bisschen Stolz erkennen, als er das sagt. Kann man auch verstehen: Ist doch ein schönes Kompliment, wenn die Leute an Frühjahr denken, wenn sie einen sehen. Und was wäre für diese Assoziation besser geeignet als eine Eisdiele? Schließlich gehören Menschen, die sich dem glazialen Genuss hingeben, in dieser Jahreszeit fast so zwingend zum Straßenbild wie blühende Weidenkätzchen oder Krokusse.

Eis essen im Freien: Romina und Alberto Pontil. (Foto: Günther Reger)

Seit 1996 betreiben Alberto und seine Frau Romina die Eisdiele an der Kreuzung Bahnhofstraße/Aufkirchner Straße. Die beiden kommen aus Italien, genauer: aus den Dolomiten, noch genauer: aus dem Val de Cadore in der Provinz Belluno. Mit dem Val di Zoldo könne man das auch getrost als die europäische Wiege des Speiseeises bezeichnen, wie Alberto Pontil sagt. Denn von dort kommen rund zwei Drittel der 4000 Eisverkäufer in Deutschland. Und, noch viel wichtiger: Von dort aus machte sich vor rund 150 Jahren der erste Gelatière, wie es in der Landessprache heißt, auf nach Wien.

Von der österreichischen Metropole aus Verlief dann der Siegeszug der kühle Delikatesse durch Europa. Aber ganz ursprünglich, weiß Alberto Pontil, stamme das erste Speiseeis von den Arabern. Es gab einmal eine längere Phase, zwischen 2004 und 2010, da haben sich Romina und Alberto Pontil gegen die übliche Arbeitsweise ihrer Kollegen entschieden und ihr Eiscafé auch über die Wintermonate offen gelassen. Doch das hat sich nicht gelohnt. Es seien viel zu wenige Leute gekommen. Die wenigen Einnahmen hätten die Ausgaben für die anfallenden Nebenkosten nicht aufgefangen, berichtet Alberto Pontil. "Die Leute haben im Winter kein Appetit auf Eis", hat er festgestellt. Seit fünf Jahren schließt das italienische Ehepaar also Mitte Oktober zu und öffnet gegen Ende Februar wieder. Im Unterschied zu den Italienern, hat Alberto Pontil beobachtet, beginnen die Deutschen viel früher im Jahr wieder mit dem Eisessen. Während es in seiner Heimat in den Dolomiten noch ganz kalt sei - es ist der Höhepunkt der Skisaison - strömen seine Kunden, die bis weit aus dem Maisacher Hinterland für das selbst gemachte Eis kommen, bereits an warmen Februartagen zahlreich zu den Pontils. Im Frühjahr, hat er festgestellt, kann es seinen Kunden gar nicht schnell genug gehen, endlich wieder ein Eis zu essen. Selbst wenn es gerade erst zehn Grad warm sei. Im Oktober hingegen, selbst wenn es noch richtig schön warm sei, stehe den Menschen der Sinn eher nach Plätzchen und Lebkuchen als nach Eis. Ein weiterer Unterschied beim Eiskonsum zwischen Italienern und Deutschen ist laut Alberto Pontil die Tageszeit: "Hier essen die Leute auch mittags Eis", staunt er.

Naturkinder mit Ursula Hanke (links) und Antonia Raith. (Foto: Günther Reger)

Der Fahrradladenbetreiber

Mit Daniel Cremers dieser Tage einen Termin auszumachen, ist eine besondere Herausforderung. Der Chef des Geschäfts "Amperrad" ist den ganzen Tag in seinem Laden an der Hauptstraße in Fürstenfeldbruck. Und dort kommen ständig Kunden hinein, wollen ihr Fahrrad für die beginnende Saison wieder fit machen lassen, brauchen Ersatzteile oder wollen gleich ein neues Fahrrad kaufen. Der ursprünglich festgelegte Termin jedenfalls muss den Kunden zuliebe gestrichen werden. Ihretwegen macht Cremers in dieser Zeit des Jahres, wenn es zum ersten Mal wieder richtig schön und schon etwas wärmer ist, durchaus auch einmal Überstunden, lässt den Laden abends etwas länger offen. Aber das will er gar nicht herausstreichen. Vielmehr klingt es so, als hätte er dafür volles Verständnis. "Letzten Endes möchte jeder beim ersten Sonnenstrahl wieder Rad fahren", stellt er ganz trocken fest. Trotz dieser Gesetzmäßigkeit stellt Cremers, der, wie er selbst sagt "schon immer" Downhill fährt, auch Veränderungen fest: "Es gibt nicht mehr den klassischen Saisonwandel, gerade hochwertige Räder werden auch im Winter gekauft. Die Zeiten seien vorbei, wo man einen Fahrradladen im Winter für ein paar Wochen zusperren könne.

Dennoch: Wie Cremers nach wie vor feststellt, erinnern sich die Menschen mit den ersten schöneren Tagen ihres Fahrrads, das sie im Herbst oft ziemlich überhastet und ohne weitere Pflegemaßnahmen im Keller oder in der Garage eingemottet haben. Staub, Dreck, manchmal sogar Rückstände von Streusalz machen dem Ladenbetreiber zufolge der Gängigkeit von Bremszug und Gangschaltung zu schaffen; Streusalz begünstigt darüber hinaus die Korrosion. Nach Cremers Beobachtung wecken dann die ersten Frühlingstage die Erinnerungen an das eigene Zweirad, das den Winter quasi im Dornröschenschlaf verbringt. Wobei es natürlich noch die Gruppe der Allwetterfahrer gibt, doch die soll hier unerwähnt bleiben. Für alle, deren Fahrrad es nötig hat, bietet Amperrad derzeit für 25 Euro einen Frühjahrscheck an. Dabei werden generelle Fahrtüchtigkeit und Funktionalität von Gangschaltung, Beleuchtung und Bremsen überprüft.

Radeln: Samuel Theilinger (links) und Daniel Cremers. (Foto: Günther Reger)

Die Floristikmeisterin

Susanne Beck telefoniert gerade an der Theke des Blumenladens mit einer Kundin. Es herrscht Hochbetrieb in der Gärtnerei Beck. "Der Frühling ist auf der Spitze der Aktivitäten", beschreibt Susanne Beck die aktuelle Lage. Primeln werden verkauft, Hornveilchen, Tag- und Nachtschattengewächse genauso wie Stiefmütterchen oder Bellis, wie die gezüchteten verschiedenfarbigen Gänseblümchen heißen. "Die halten Frost aus", sagt Susanne Beck. Die Floristikmeisterin kennt sich aus. Zusammen mit ihrem Ehemann Stephan Beck betreibt sie den Laden und die Gärtnerei seit 22 Jahren in der Gröbenzeller Maistraße. Steht man vor dem Blumengeschäft, kann man sich kaum vorstellen, wie weit der Betrieb der Becks nach hinten reicht. Acht Gewächshäuser reihen sich an- und nebeneinander.

Dort hinten hat Gärtnermeister Stephan Beck sein Reich. Nach dem Sturm vor zehn Tagen musste er erst einmal wieder die Dach- und Außenfolie neu befestigen. Der Wind hatte die Folie aus der Verankerung gerissen. Vor fünf Jahren haben die Becks die Glasdächer gegen Folie ausgetauscht, weil diese die Wärme besser halten. In den Gewächshäusern ist Stephan Beck mit der Anzucht der Sommerblumen beschäftigt, die demnächst zum Verkauf angeboten werden, um dann nach den Eisheiligen von den Kunden eingepflanzt zu werden. "Der Frühling ist für uns fast vorbei, wir konzentrieren uns schon wieder auf den Sommer", bekräftigt dann auch Susanne Beck. Fuchsien, Geranien und kleinblumige Petunien in Weiß oder in verschiedenen Rottönen werden massenhaft in kleinen Blumentöpfen in den riesigen Gewächshäusern gezogen. Aber auch Tomatenpflanzen haben die Becks im Angebot, genauso wie Erdbeerpflanzen, deren Früchte dann im Juni kommen sollen.

"Wir sind ein klassischer Endverbraucherbetrieb", erzählt Susanne Beck. In Gröbenzell haben die Eheleute ihr Hauptgeschäft mit der großen Gärtnerei und in Emmering dazu noch eine Filiale. Freitags stehen die Becks auf dem Gröbenzeller Wochenmarkt und samstags haben sie einen Stand beim Bauernmarkt am Kloster in Fürstenfeldbruck. Für seine Kunden hat Stephan Beck noch eine Überraschung auf Lager: Er zieht gerade die "Blume des Jahres", eine Kapmargerite, heran. Die gehört zur Kategorie der Korbblütler und gilt wie die Geranie als blühfreudige, farbenfrohe Balkonblume. "Wir werden sie bei unserem Tag der offenen Tür am 24./25. April präsentieren", kündigt Stephan Beck schon jetzt an.

Die Kindergartenleiterin

Zugegeben: Mit einem herkömmlichen Kindergarten hat der Naturkindergarten in Gernlinden wenig gemeinsam. Statt eines gemauerten Gebäudes als festem Standort mit eingezäuntem Garten samt Spielgeräten hat die 20 Kinder zählende Gruppe lediglich eine hölzerne Blockhütte bescheidenen Ausmaßes auf dem Gelände des TSV Gernlinden zur Verfügung. Und auch die wird nur betreten, wenn das Wetter wirklich keine andere Wahl lässt.

Grünanlagen pflegen: Matthias Marcher. (Foto: Günther Reger)

"Wir sind eigentlich immer draußen", erklärt Ursula Hanke. Damit meint die Erzieherin und Leiterin der Einrichtung, dass die Gruppe sich überwiegend im Freien aufhält, sommers wie winters. Das Sportgelände, auf dem gelegentlich Feldhasen hoppeln oder sich ein Reh verirrt, liegt am Ortsrand. Nur einige Meter entfernt ist der Waldsee, dahinter ein kleines Wäldchen. Doch das ist im Moment tabu für die Frechen Füchse, wie die Gruppe heißt. Wegen der abgebrochenen Äste, die Sturmtief "Niklas" oben in den Baumkronen hinterlassen hat und die bei der nächsten Böe auf die Kinder herabfallen und sie verletzen könnten. Doch es muss auch gar nicht der Wald sein, wenngleich man dort unlängst noch einem Mäusebussardpaar beim Nestbau zusehen konnte.

"Wir beobachten die Natur, wie sich alles verändert. Der Frühling ist die Zeit, wo sich am meisten verändert." Tag für Tag erleben die Frechen Füchse mit, wie die Gräser und ersten Blumen sprießen, wie Büsche und Bäume Knospen austreiben und dann ihre Blätter entfalten. Alles wird genau beobachtet: die vielen unterschiedlichen Grüntöne der Pflanzen, die Entwicklung der Kaulquappen im Waldsee zu Fröschen, die Schönheit von Käfern und Insekten, die erst unter einer Becherlupe sichtbar wird. "Wir freuen uns auch auf den ersten Löwenzahn und auf Hollerblüten", aus beidem stelle man mit den Kindern Honig her, sagt Hanke, die den 1998 gegründeten Naturkindergarten seit 2007 nur mit Elternbeiträgen und staatlichen Zuschüssen betreibt. Ihren Schützlingen scheint es übrigens herzlich egal zu sein, ob gerade Frühjahr ist, Herbst oder Winter. "Die freuen sich auch auf das Schneemann bauen, das Spuren suchen im Schnee." So oder so: Wie die Erzieherin betont, feiern die Kinder im Naturkindergarten jede Jahreszeit mit einem kleinen Fest, im Mai etwa ist eine Muttertagsfeier im Wald geplant. Und im vorigen Frühjahr haben die Frechen Füchse mit ihren Eltern einen Ausflug gemacht.

Alles für die Grillsaison: Frank Schmeck. (Foto: Günther Reger)

Der Grillfachverkäufer

In den Metzgereien und Kühltheken der Supermärkte liegen Fleischspieße und Mariniertes bereit. Dort erwartet man für dieses Wochenende ebenso, dass viele die Grillsaison einleiten wollen, wie Frank Schmeck an diesem Samstag viele Kunden erwartet. Er leitet den Verkauf der Götz GmbH in Germering, wo es neben dem Kerngeschäft Gasgeräte für jeden Zweck eine mannigfache Vielfalt an Grills gib; seit der Eröffnung 1997 ist er dort beschäftigt. "Je besser das Wetter ist, desto besser ist auch das Geschäft", dem entsprechend erwartet er deutlich mehr Kundschaft als an den winterlichen Ostertagen.

Als erfahrener Verkäufer kann Schmeck gut einschätzen, was beim Grillen gerade in ist. Nämlich größere Grills mit viel Zubehör, so dass man auch mal seine Pizza von der heißen Glut backen lassen kann, Grillen außerhalb der landläufig definierten Saison sowie die Anschaffung eines Zweitgrills. Es gibt neben dem klassischen Holzkohlegrill die Möglichkeit, sein Grillgut mittels Gas oder Strom zu garen. Wie Schmeck darlegt, dauert das Anheizen von Holzkohle mit einer Stunde und mehr relativ lange, der Gasgrill heizt sofort, der Elektrogrill braucht etwa so lange wie ein Herd. Da viele werktags keine Zeit haben, sich stundenlang mit der Nahrungszubereitung zu beschäftigen, ergibt sich daraus bereits eine Tendenz. "Der Trend geht zum Zweitgrill", auch werde es immer beliebter, alles, was man eigentlich in der Küche zubereite, auf den Grill zu legen: Kuchen, Brot und Schweinebraten nennt der Fachmann als Beispiele. "Es gibt mittlerweile den Pizzastein dazu, einen Wok oder die Paellapfanne." Schmecks Resümee: "Der Grill entwickelt sich zur Outdoorküche."

Der Bauhofmitarbeiter

Frühlingsarbeiten stehen beim Germeringer Bauhof noch hinten an. Auch zehn Tage nach dem Sturmtief "Niklas" sind viele Mitarbeiter des städtischen Bauhofs noch damit beschäftigt, Sturmschäden zu beseitigen. "Das ist ein Fass ohne Boden", sagt Bauhofleiterin Monika Schindler, als sie von einem "Jour Fixe" mit ihren Mitarbeitern kommt. Auf öffentlichen Straßen und Wegen, in Parks und Grünflächen oder im Wald sind auf Germeringer Flur massenhaft Bäume oder dicke Äste geradezu niedergeprasselt. "Wir hatten Anrufe im Zehn-Minuten-Takt von Polizei und Feuerwehr", berichtet Schindler von den Sturmtagen. "In jeder vierten, fünften Straße galt es einen Baum wegzuräumen." Dabei stehen erste Pflanzungen an und die Vorbereitungen für die Blumenbepflanzung an markanten Stellen in der Stadt müssen organisiert werden. Matthias Macher kümmert sich um die Strauch- und Hochbeete. Die stehen an der Stadthalle, entlang der Landsberger Straße und an der Münchner Straße. Dort ist Marcher gerade im Einsatz. "Das Laub wird entfernt und die Stauden werden zurückgeschnitten", erläutert Marcher: "Damit die Pflanzen wieder Luft zum Wachsen haben." Soeben neu angelegte kleine Bäume und Sträucher an der Bertha-von-Suttner-Straße müssen ebenfalls gepflegt werden. Viele davon sind vom Sturm beschädigt worden. Die Krone ist aufgerissen oder andere Bäume sind darauf gefallen.

Die Hauptpflanzzeit für Blumen beginnt für den Bauhof Mitte Mai. "Wir müssen die Eisheiligen abwarten", sagt Bauhofchefin Schindler. Danach werden auf dem großen Kreisel an der Germeringer Post Primeln gepflanzt. Auch hier ist Marcher, der seit 2010 beim Bauhof als Gärtner arbeitet, dabei: "Da muss der Boden aufgelockert und gedüngt werden. Dann wird angepflanzt und ständig gewässert." Auch die Sommerflur mit Tagetes und Kornblumen kommt dann in die Erde und ist in der Kleinfeldstraße und an der Stadthalle zu besichtigen. Ebenso werden die Verkehrsinseln mit Blumenmischungen bepflanzt. Der 31-jährige Marcher, dessen Lieblingspflanze die unscheinbar blühende Funkie ist - auch als Herzblattlilie bekannt - ist einer von etwa 20 Mitarbeitern des Bauhofes, die mit Gärtnerarbeiten beschäftigt sind. Fünf von ihnen müssen sich ganzjährig um die Friedhöfe kümmern. Neben der Blumenbepflanzung besteht der Frühling für Marcher und Kollegen auch noch aus dem Obstbaumschnitt auf dem Gelände der zahlreichen Kindertagesstätten.

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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