Fürstenfeldbruck:Eine Frage der Perspektive

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Grünen-Fraktionssprecher Martin Runge (links) hat Gutachter Guido Eilenberger für einen Informationsabend eingeladen. (Foto: Johannes Simon)

Gutachter erläutert Situation der Brucker Sparkasse

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Wie die Debatte über die Fusion der Brucker Sparkasse mit den Banken in Dachau und Landsberg den Blick auf das Geldhaus verändert, ist am Donnerstag bei einem Informationsabend von Grünen, BBV und UBV im Säulensaal in Fürstenfeld wahrzunehmen. Fragen wie die Höhe der Rücklagen, die Rentabilität, die Situation des Unternehmens in Relation zu anderen Sparkassen oder die Qualifikation des Verwaltungsrats rücken in den Fokus. Punkte, für die sich niemand interessierte. Eine Bank, die sich in der Öffentlichkeit im tadellosen Ruf als Gönner sonnte, erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Sie wird schlecht geredet. Nicht an dem Abend, sondern von anderen in der Fusionsdebatte.

Laut Martin Runge, Fraktionssprecher der Kreistagsgrünen, muss erklärt werden, warum die Bank im Fusionskontext schlecht rüberkommt und man meinen könnte, sie sei ein "Sanierungsfall". Um bei der Frage der Ausschüttung von Gewinnen an Stadt und Landkreis als Träger zu ergänzen: "Hier wird vernebelt und die Unwahrheit gesagt." Laut einem im Auftrag der Grünen erstellten Gutachten hätte die Sparkasse 2015 aus Überschüssen an ihre Träger 5,6 Millionen Euro für gemeinnützige Zwecke auszahlen können, ohne ihre wirtschaftliche Situation zu verschlechtern. Stattdessen sponserte sie Vereine und Organisationen mit 250 000 Euro. Sparkassenchef Klaus Knörr ist zwar eingeladen, aber nicht gekommen.

Ein ehemaliger Ordinarius für Wirtschaftswissenschaften und Bankenexperte soll Transparenz schaffen. Guido Eilenberger erstellte für die Grünen ein Gutachten zur Brucker Bank. Er spricht vor 70 bis 80 Zuhörern, unter ihnen Stadt- und Kreisräte, fundiert über das Sparkassenwesen. Eine der Botschaften lautet, es kommt auf die Perspektive an und welchen Kriterien Prioritäten beigemessen werden, um die Sparkasse besser oder schlechter dastehen zu lassen. Das könnte von politischen Interessen abhängen. Letztlich geht es nicht nur um höhere Erträge, sondern auch darum, welche Rolle die kommunalen Träger aus den drei Landkreisen in der Großbank hätten. Der Landkreis Bruck und die Kreisstadt kämen, so viel ist bekannt, nach jetzigem Verhandlungsstand auf je neun Prozent.

Weil sie straff geführt wird und Gewinne in Immobilien steckt, liegt im Ranking bei den Fusionsgesprächen die Dachauer Bank vor Bruck, sie wäre damit die aufnehmende Bank. Laut Eilenberger liegt Bruck jedoch bei maßgeblichen Kennzahlen dreimal vorne: bei Bilanzsumme, handelsrechtlichem Eigenkapital und der Ertragsstärke, wenn diese als Return on Assets Ration (RAO) ermittelten wird. Dachau wiederum hat die Nase beim aufsichtsrechtlichen Gesamtkapital vorn, beim Eigenkapital, sofern dies nach Paragraf 340g Handelsgesetzbuch gemessen wird, sowie bei der Ertragskraft, wenn hierfür als Maßstab die Return on Equity Ratio herangenommen wird. Das zeigt, wie relativ Kennzahlen sein können. Der Wissenschaftler bezeichnet Verwaltungs- und Verbandsräte als eigentliches Problem. Obwohl ein Verwaltungsrat mehr Einfluss habe als ein Aufsichtsrat, werden diese nebenbei von Oberbürgermeistern und Landräten geführt. Und weil in den Verwaltungsräten Mitglieder sitzen, für deren Auswahl nicht Fachwissen, sondern der Parteienproporz zählt, ist dieses Gremium laut Eilenberger schwach und bereit, Kompetenzen an den Vorstand abzutreten.

Da es die Dachauer Position stärkt, ist es nicht verwunderlich, dass schlechte Nachrichten zum künftigen Brucker Partner von dort durchsickern, was Runge verärgert. Nur ist die Gemengelange sehr komplex. Einerseits geht es um komplizierte Bilanzen, in denen sich Überschüsse vor dem Zugriff der Träger verstecken lassen. Andererseits um die Interessen von Bankvorständen, von denen laut Eilenberger immer die Initiative zu Fusionen ausgeht. Dazu kommen noch die Interessen des Sparkassenverbands und die der Politiker in deren Gremien. Die Interessen der Kunden kommen, wenn überhaupt, nur am Rande vor. So ist Runge bemüht, die Aufgaben von Sparkassen in den Vordergrund zu stellen. Öffentlich-rechtliche Banken seien dem Gemeinwohl verpflichtet, sagt er, sie hätten die Kommunen zu unterstützen, die Geldversorgung in der Fläche sicherzustellen und vor allem auch die Belange wirtschaftlich schwächerer Bevölkerungskreise zu berücksichtigen.

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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