Ausstellung im Haus 10:Ein Blick über die Grenze

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Zehn österreichische Künstler zeigen im Haus 10 eine Auswahl aus ihrem Werk. Die Flüchtlingskrise ist dabei genauso Thema, wie die Entfremdung des Arbeiters in der Moderne

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Die zeitgenössische österreichische Kunst ist politisch und kreativ. Zumindest, wenn die Werke, die in der aktuellen Ausstellung im Haus 10 zu sehen sind, repräsentativ für die Szene des Landes sind. Zehn Künstler aus dem Nachbarland hat die Künstlervereinigung eingeladen, um eine Auswahl ihrer Werke zu präsentieren. Die Ausstellung ist Teil eines länderübergreifenden Künstleraustausches, die Mitglieder der Brucker Künstlervereinigung werden im März ihre Werke in Niederösterreich präsentieren.

Besondere Beachtung in der durchweg sehenswerten Ausstellung gehört drei thematisch und technisch ganz unterschiedlichen Installationen. Den Kontrast zwischen klassischer, landwirtschaftlicher Tätigkeit und modernen, kapitalistischen Konsumprozessen zeigt Petra Buchegger in ihrer Videoinstallation "...no matter how deep the puddles". Im Bild zeigt sie eine bulgarische Bäuerin, die im hellblau-karierten Kostüm typische Arbeiten verrichtet: Kühe auf der Weide hüten, Ziegen durchs Dorf treiben, Heu abladen, Gemüse ernten und an einem Stand verkaufen. Doch nicht nur der Bruch zwischen Arbeit und Outfit auf der Bildebene bestimmt den klaren Kontrast. Die Kleidung ist vor allem eine Verbindung zum Text, der am unteren Bildrand läuft: Er beschreibt den Tagesablauf einer Pariser Modedesignerin anhand eines so wirklich erschienenen Textes. Der Tag beginnt um 7 Uhr mit dem schrillen Läuten des Alarms, einer Schüssel Granola, das aus Los Angeles kommt, und einem Kaffee. Es folgen Meetings, Präsentationen und weitere Meetings. Alles klingt nach furchtbarem Stress und ist geprägt von künstlicher Wichtigkeit. Nur in zwei Momenten lässt sich so etwas wie Glück erahnen: Als die Designerin sich ein Eis gönnt und als sie ihren Freund wiedersieht. Die Bäuerin dagegen strahlt meist eine gewisse Zufriedenheit aus.

Mit der Flüchtlingsfrage beschäftigt sich Cornelia König in ihrer gelungenen Installation "Shattering life". Aufgeteilt auf drei Glaswürfel, die jeweils einen Spiegel als Boden haben, steht da der Satz "Auf der Flucht war ich wie aus Glas. Das Leben hatte ich zusammengepackt, und es hätte jederzeit runterfallen und zersplittern können". Er stammt von Jasmin, einem minderjährigen Flüchtlingsmädchen aus Afghanistan. Die Wände der Glaswürfel sind mit bunten Schiffchen aus Zeitungspapier bedruckt, auf denen im Zentrum die Worte "Tatsächlich schön" zu lesen sind. Besser, als es König hier tut, hätte man diesen poetischen, fragilen Satz, der bei aller Angst auch Hoffnung transportiert, künstlerisch nicht verpacken können.

Eine spannende Verknüpfung von Kunst und Alltag liefert Babsi Daum mit ihrer Installation "Kehrwoche". Dafür hat sie 15 Kehrschaufeln an die Decke gehängt, auf deren Rückseite jeweils eine "Arbeitsanweisung" von einem Straßenkehrer gegeben wird. In der Schaufel auf der Vorderseite ist dieser dann konkret umgesetzt. Damit verarbeite sie Gedanken, die ihr während der Gartenarbeit kommen, so Daum. "Ziehe feine Linien durch die ganze Nacht" heißt es da etwa und so zeichnet Daum auf eine schwarz eingefärbte Fläche das, was der Auftrag verlangt: Eine feine Linie, in sich verschlungene Linie, die nichts weiter zeigt als ein abstraktes Muster, ähnlich einer Kinderzeichnung. Die 15 Kehrbesen hängen an der Wand daneben und sind mit Begriffen wie "Vorkehren, Einzeichnen, Heimkehren" beschrieben.

So eine erfrischende und gleichzeitig politische Ausstellung durfte man in Fürstenfeldbruck schon länger nicht mehr genießen.

Ausstellung "Haustausch", Haus 10, Kloster Fürstenfeld, zu sehen bis zum 21. Februar, jeweils freitags von 16 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 10 bis 18 Uhr.

© SZ vom 06.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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