Fürstenfeldbruck:Die Sorgen der Basis

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Unter den Mitgliedern der Kreis-CSU gibt es Kritik an der Asylpolitik der Bundesregierung. Landesgruppenchefin und Wahlkreisabgeordnete Gerda Hasselfeldt verteidigt bei ihrem Auftritt in Fürstenfeldbruck Merkels Linie

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Es wird ein Abend unter Freunden werden, zumindest mit mehr Sympathisanten als Kritikern, und alle werden am Ende der CSU-Veranstaltung im Säulensaal des Veranstaltungsforums Fürstenfeld in Fürstenfeldbruck mit ein wenig mehr Insiderwissen nach Hause gehen. Denn so nah an der, von der CSU-Spitze arg gescholtenen Bundeskanzlerin Angela Merkel wie Gerda Hasselfeldt sind nicht sehr viele. Dementsprechend interessante Details zur aktuellen Asylpolitik durften die etwa 70 Zuhörer am Montagabend von der CSU-Landesgruppenchefin im Deutschen Bundestag erwarten. Hasselfeldt enttäuschte die meisten wohl nicht, etliche aber schienen in ihrer negativen Meinung über die derzeitige Politik gefestigt geworden zu sein.

In das Merkel-Wort, dass man es schaffen werde, haben anscheinend viele in der Versammlung kein Vertrauen. Wie auch, wenn sich niemand um Deutschland herum findet, der bei der Lösung der anstehenden Probleme hilft. Dass sich in der Bevölkerung Ängste entwickeln, ist für Fürstenfeldbrucks Alt-Oberbürgermeister Sepp Kellerer eine ganz natürliche Reaktion. Er ist derjenige, der vor Gerda Hasselfeldt zusammenfasst, was er draußen so hört. Er, der die wachsende Verunsicherung der Menschen spürt, äußert deshalb auch deren Sorgen: "Ich habe nicht das Gefühl, dass sich eine klare Regelung abzeichnet", kritisiert er das Regierungshandeln in der Asylpolitik. Kellerer sagt weiter, es sei "nicht absehbar, dass Europa das schultert" und erkennt: "Wir werden allein gelassen."

Ein wenig ratlos sind die Brucker CSU-Mitglieder über die Regierungspolitik in Berlin, an der auch ihre Partei beteiligt ist. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Gerda Hasselfeldt, die derzeit mächtigste CSU-Frau auf Bundesebene, kann diese Sorgen verstehen, aber sie macht klar, dass die Regierungskoalition schon etwas unternommen hat, um die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland zu begrenzen. Gesetze, die den Familiennachzug regeln, oder die rasche, unangekündigte Abschiebung seien verabschiedet oder auf dem Weg. Von einem Zusammenbruch der Rechtsordnung, wie ihr ein Zuhörer vorhielt, könne doch gar nicht die Rede sein. "CDU und CSU sind sich in der Asylpolitik einig, und das ist schriftlich niedergelegt", berichtet Hasselfeldt. Sie versucht damit dem Eindruck entgegenzutreten, dass die Seehoferschen Attacken auf die Kanzlerin einen Keil zwischen die Schwesterparteien getrieben hätten. Sie verteidigt mehrmals Merkels Linie gegen die auch aus dem Publikum zu vernehmende Kritik.

Die Kanzlerin wegen ihrer Äußerungen allein für die Willkommenskultur verantwortlich zu machen, sei so nicht richtig. "Denken Sie an die Menschen, die am Hauptbahnhof standen und die Flüchtlinge begrüßt haben", erinnert Hasselfeldt das Publikum an die im Ausland positiv aufgenommenen Bilder aus Deutschland.

Freilich sei es richtig, dass die meisten Flüchtlinge nach Deutschland wollten. Es sei aber auch ein Leichtes, wenn sie durch EU-Staaten wie Österreich einfach reisen könnten, ohne dass sie dort Asyl beantragen. Die Folge müsse sein, dass Flüchtlingszahlen begrenzt werden müssten, wenn nötig an den nationalen Grenzen, besser aber an der EU-Außengrenze. Diese als Hotspots bezeichneten Registrierungs- und Rückführungszentren, wie sie offiziell heißen, seien aber eine europäische Aufgabe in Absprache mit den jeweiligen Staaten an den Außengrenzen. Das Ziel, gab Hasselfeldt ehrlich zu, dass diese Hotspots bis Ende des Jahres aufgebaut würden, "werden wir nicht hinbekommen".

Gerda Hasselfeldt klärt sie im Säulensaal des Veranstaltungsforums über die Asylpolitik der Koalition auf. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Flüchtlingssituation hat die CSU aber auch umdenken lassen. Immer häufiger ist nun - am Montag auch von Hasselfeldt - zu hören, dass die Fluchtursachen untersucht und bekämpft werden müssten, dass es "ein viel stärkeres Engagement der gesamten westlichen Welt in der Entwicklungspolitik" geben müsse.

Nach Erkenntnisgewinn hört sich auch an, dass man in der Nahostpolitik Fehler gemacht habe. " Wir haben nur die Spannungen in Israel, aber nicht in anderen Ländern gesehen." Sich nun in den Kampf gegen den IS in Syrien und Irak einzuschalten, habe nur mit der Solidarität mit Frankreich zu tun, das nach den Anschlägen von Paris um Hilfe gebeten habe. Von einem Bundeswehreinsatz in Syrien hält Hasselfeldt überhaupt nichts: "Wir werden keine Bodentruppen schicken, wir kämpfen nicht an der Seite Assads." Auf den Einwand von Maria Röhl, junge syrische Flüchtlinge bei der Bundeswehr "ein Vierteljahr gründlich auszubilden" und statt deutscher Soldaten in den Einsatz gegen den IS zu schicken, erwidert Gerda Hasselfeldt: "Wenn wir den Kampf von anderen führen lassen, werden wir unglaubwürdig."

Das Engagement beschränke sich zwar auf den Schutz des französischen Flugzeugträgers im Mittelmeer, die militärische Ausbildung der Peschmerga-Kämpfer im Irak sowie den Einsatz der Tornado-Aufklärungsflugzeuge, aber Deutschland trage etwas dazu bei, "was die anderen nicht können".

Zum Bürgerkrieg in Syrien, dem internationalen Kampf gegen den IS und die Folgen hat auch Sepp Kellerer eine Meinung parat, die diesmal sehr nach seiner eigenen klingt und die er fragend formuliert: "Wohin sollen den Leute zurückgehen, wenn wir ihnen alles aus der Luft kaputt machen?"

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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