Fürstenfeldbruck:Die rote Liste wird länger

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Christine Weeser-Krell (von links), Holde Tietze-Härtl und Anke Simon begutachten Anschauungsmaterial der Wildbienen-Ausstellung. (Foto: Johannes Simon)

Eine Ausstellung im Landratsamt versucht Bewusstsein zu wecken für eine bedrohte Insektenart: die Wildbienen

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Gefüllte Blumen sind zurzeit bei Gartenfreunden und Blumenliebhabern der absolute Renner. Kein Wunder, denn rein optisch können diese Blüten gegenüber den herkömmlichen, ungefüllten mit einer doppelten Reihe von Blütenblättern aufwarten - mindestens. Was allerdings nur wenige wissen: aus Insektensicht könnte man statt echter gefüllter Blumen auch solche aus Stoff oder Plastik in den Garten stellen. Denn Pollen oder Nektar bieten diese speziellen, nur auf das Aussehen bedachten Züchtungen nicht mehr. Und somit sind sie für das Ökosystem zumindest wertlos, wenn nicht sogar schädlich, da sie je den "echten" Blumen den Platz wegnehmen. Wissenswertes dieser Art zeigt eine Ausstellung über Wildbienen, die noch bis Ende dieses Monats im Landratsamt zu besichtigen ist.

Die Schau über Wildbienen, Hummeln und Hornissen auf der Galerie im ersten Stock der Kreisbehörde ist ein Gemeinschaftsprodukt der Kreisgruppe des Bund Naturschutz, dem Imkerverein Fürstenfeldbruck und Umgebung, dem Agenda 21 Büro und der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Der traurige Hintergrund der Ausstellung dürfte sich inzwischen schon herumgesprochen haben: Die Biene als wichtigster Bestäuber von einem Großteil unserer Nahrungsmittel ist akut vom Aussterben bedroht. In diesem Winter sind zum Beispiel signifikant mehr Bienenvölker gestorben als im langjährigen Mittel.

Die Ausstellung widmet sich Wildbienen, da alle Bienenarten außer der domestizierten Honigbiene zu dieser Gattung gehören. Weltweit sind etwa 20 000 Bienenarten bekannt. In Bayern sind - oder besser waren - fast 520 Arten heimisch. 40 Arten sind bereits verschwunden, 64 Prozent aller Wildbienenarten werden in der Roten Liste der gefährdeten Tierarten Bayerns aufgeführt. Die Ausstellung will den Besuchern auch Ratschläge geben, wie sie Wildbienen und ihren Verwandten, den Hummeln, beim Überleben helfen können.

Deshalb wird nicht nur erläutert, warum gefüllte Blumen nicht umweltfreundlich sind. Es gibt auch jede Menge unterschiedlicher, sogenannter Insektenhotels. Das sind kleine oder etwas größere Holzkästen, die mit verschiedenen natürlichen Materialien gefüllt sind. Sie sollen Ersatz schaffen für die fehlenden natürlichen Lebensräume, die der Mensch in seiner auf Wirtschaftlichkeit ausgelegten Land- und Forstwirtschaft vernichtet hat. Man erfährt, dass Gasbeton und Lochziegel als Materialien ungeeignet sind und teure Duftstoffe als Lockmittel für die Insektenhotels nichts weiter als "Dreiste Abzocke gutgläubiger Menschen!".

Auf neun Schautafeln erfahren die Besucher Wissenswertes über die Wildbiene und ihre nahen Verwandten, beispielsweise welche Nistplätze sie bevorzugen, was für natürliche Feinde sie haben, welche Arten von Honig es gibt oder warum der Tanz der Bienen so bedeutsam ist. An mehreren Tischen haben die Verantwortlichen Anschauungsmaterial ausgelegt: Da gibt es einen traditionellen Bienenstock, oval und aus Stroh oder Bast gebunden; in kleinen Glasröhrchen stecken die teils schon etwas ramponierten Skelette von Scherenbiene, rostroter Mauerbiene und anderen Unterarten; ein vergrößertes Modell aus Plastik stellt die verschiedenen Entwicklungsstadien einer Biene dar. Es gibt einen Bienenstock-Schaukasten aus Styropor, aus dem man einzelne Mittelwände herausnehmen und anschauen kann, wie Bienenwaben aussehen. Auch ein Hornissennest ist im Landratsamt ausgestellt. Und apropos: die Aussage, drei Hornissenstiche könnten einen Menschen töten, wird im Landratsamt als Gerücht entlarvt. Die Stiche des etwa drei Zentimeter langen Insekts seien nicht schlimmer als die einer Biene oder Wespe.

Des weiteren erfährt man einiges über den Imkerverein Fürstenfeldbruck und Umgebung. Etwa, dass der Verein im Februar 1886 von 26 Imkern gegründet wurde. Ihre absolute Hochzeit erfuhren die Imker in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg: Vor rund 90 Jahren zählte der Imkerverein sage und schreibe 270 aktive Mitglieder, die gemeinsam 4300 Bienenvölker beheimateten. Erschreckend, wenn man den damaligen mit dem jetzigen Bestand in Relation setzt: Heute betreuen 170 Imker nicht einmal mehr ein Drittel an Bienenvölkern, 1250 sind es noch.

Ausstellung über Wildbienen, Hummeln und Hornissen, Galerie im Landratsamt, Montag bis Donnerstag von 8 bis 18 Uhr, Freitag bis 16 Uhr .

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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