Fürstenfeldbruck:Die Geschichtenerzähler

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Haben viel zu erzählen: Iny Klocke und Elmar Wohlrath bei ihrer Lesung in der Weltbild-Filiale in Fürstenfeldbruck. (Foto: Günther Reger)

Signierstunde und Lesung mit Iny Lorentz in Bruck

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Eine richtige Lesung aus dem Buch "Die Liebe der Wanderapothekerin" ist in der Weltbild-Filiale in Fürstenfeldbruck nicht zustande gekommen. Das war aber auch nicht nötig, denn Iny Klocke und Elmar Wohlrath, bekannt unter dem Pseudonym Iny Lorentz als Autoren des Bestsellers "Die Wanderhure", beantworteten fast zwei Stunden lang geduldig die Fragen der Fans. Die spiegelten in ihrer Zusammensetzung exakt die Leserschaft wider: 75 Prozent Frauen und 25 Prozent Männer.

"Schreiben ist unsere Sucht", gibt das Schriftsteller-Ehepaar zu. Mit dem Klischee des mit sich ringenden Dichters hat das aber nichts zu tun. Das Autoren-Duo arbeitet effizient und strukturiert. Jeder der beiden hat sein eigenes Arbeitszimmer und seinen eigenen Arbeitsbereich. Ideen für die historischen Romane liefern Meldungen über archäologische Funde oder Zeitschriften wie "Spektrum der Wissenschaft". Zusätzlich wird zumeist vor Ort recherchiert. Die aktuelle Recherchereise für einen Roman, der 2020 erscheinen wird, führt im VW-Bus nach Island. Vor Ort werden dann Stimmungen und Sinneseindrücke aufgesogen, was zwar wenig Auswirkung auf die Handlung hat, dafür aber Authentizität bringen soll. Dass weder Elmar Wohlrath noch Iny Klocke Fremdsprachen "außer Latein und Bairisch" beherrschen, ist offenbar kein Hindernis.

Gewöhnlich schreibt Elmar Wohlrath die Rohfassung der Geschichte in einem Schwung durch. Dafür braucht er drei bis vier Monate und einen festen Stundenplan: 8 bis 12 Uhr Schreiben, 12 Uhr Mittagessen, 13 bis 18 Uhr Schreiben. Manchmal gönnt er sich nachmittags mit seiner Frau einen Spaziergang, allerdings nur, um das aktuelle Manuskript zu besprechen. Gleichzeitig feilt Iny Klocke die Rohfassung aus, fungiert als Dramaturgin und Lektorin. Auch sie investiert etwa vier Monate Arbeit pro Buch, denn jeder Roman erfordert genau 14 Arbeitsschritte.

Jeder tut, was er am besten kann: Elmar erzählt, Iny korrigiert. Und das seit über 30 Jahren. "Es ist eine Lebensform", sagt sie. Damals, in den späten 1970ern, lernten sich Iny und Elmar als Brieffreunde kennen. Beide waren Mitglieder in Science-Fiction- und Fantasy- Vereinen, nahmen auch an Rollenspielen teil und liefen in Verkleidungen durch den Wald. In den Anthologien dieser Vereine veröffentlichten Iny und Elmar ihre ersten Kurzgeschichten. Daraus wurden Fortsetzungskurzgeschichten und am Ende Romane. Anfang der 1980er Jahre zogen Iny und Elmar als Pärchen nach München, arbeiteten sorglos und gut bezahlt in der gleichen Versicherung. Doch das Schreiben ließ sie nicht los. Schließlich hatten beide bereits mit zwölf Jahren den Wunsch verspürt, Schriftsteller zu werden. Sie nutzten die Wochenenden und die Freizeit für ihre Geschichten und mussten anfangs oft herbe Kritik ertragen, wie etwa von den neun Agenturen, die sie anschrieben, bis sie 1991 ihre heutige Agentin fanden. Mit Fleiß und Ausdauer, Struktur und eiserner Disziplin sind sie als Iny Lorentz mittlerweile in den Verkaufsolymp des Buchhandels aufgestiegen. Verträge sind schon bis ins Jahr 2024 unter Dach und Fach.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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