Fürstenfeldbruck:Die andere Seite kennenlernen

Lesezeit: 2 min

Deutschunterricht für Flüchtlinge am Gymnasium Olching. (Foto: Günther Reger)

Gemeinsame Projekte mit Flüchtlingen an Schulen

Es sind Menschen mit völlig unterschiedlichen Lebensläufen, kulturellen und individuellen Hintergründen, und dennoch leben Schüler und Flüchtlinge an mehreren Schulen im Landkreis beinahe Tür an Tür. Wie viel Kontakt ist dabei möglich? Wie viel Kontakt ist erwünscht?

Am Puchheimer Schulzentrum mit Gymnasium und Realschule ist die Bereitschaft, sich für Flüchtlinge einzusetzen, durchaus vorhanden. Allerdings besteht kaum Kontakt zu den Flüchtlingen, weil die Hallen abgeschottet und nur eine Durchgangsstation sind. Die ständig wechselnde Belegung behindert den Aufbau von Beziehungen. Gleichwohl engagieren sich Schüler und Lehrer. An der Realschule gibt es einen Asylhelferkreis, der sich als Wahlfach konstituiert hat, erzählt Rektor Herbert Glauz. Es sei das Wahlfach mit den meisten Anmeldungen gewesen. Im Einsatz seien die Ehrenamtlichen allerdings in der regulären Unterkunft im Gewerbegebiet in der Siemensstraße, nicht in der Turnhalle. Am Gymnasium wurde reichlich Material gesammelt, Schulranzen und Hefte, erzählt Rektor Georg Baptist. Die Schülermitverwaltung hat beim Christkindlmarkt rund 1500 Euro gesammelt und für die Flüchtlinge gesammelt. Demnächst gibt es ein Benefizkonzert in der Kreuzkirche.

Auch in der Turnhalle am Max-Born-Gymnasium in Germering, die seit zwei Monaten Flüchtlinge beherbergt, ist die Fluktuation hoch, Kontaktaufnahme und Kontaktpflege gestalten sich dementsprechend schwierig. Kommende Woche werden etwa 30 bis 40 Schülerinnen und Schüler, die sich am neu gegründeten ehrenamtlichen Asylhelferkreis beteiligen wollen, instruiert, wie sie sich dort einbringen können: bei der Betreuung von Flüchtlingskindern etwa oder bei der Unterstützung von Deutschkursen, erläutert der stellvertretende Schulleiter Bernhard Sauermann. Auch im Unterricht würde das Thema Flüchtlinge seither öfter zur Sprache kommen, etwa indem man die Lage in Syrien thematisiere.

In Olching leben in den Schulcontainern, die das Gymnasium nicht mehr benötigt, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Sie bekommen zusätzlich zum Deutschunterricht, der ihnen über das Brucker Forum vermittelt wird, von Montag bis Donnerstag je eine weitere Deutschstunde, für das sich ein 14-köpfiges Lehrerteam und angehende Abiturienten der Q 12 in einem "Arbeitskreis Flüchtlinge" zur Verfügung stellen. Die jungen Männer aus Syrien, Afghanistan und Pakistan kommen dazu für eine Schulstunde rüber ins Schulhaus, begleitet vom Sicherheitsdienst. Zudem hatte ein P-Seminar aus der Oberstufe eine Weihnachtsfeier für die Flüchtlinge organisiert. Auch den Gymnasiasten täte der Kontakt gut, sagt Direktorin Beate Sitek: "Sie erfahren, was es bedeutet, wenn Leute keinen Zugang zu Bildung haben, oder was es bedeutet, wenn Krieg ist. Da kommt das wirkliche Leben ins Haus."

An der Berufsschule in Fürstenfeldbruck leben zwar keine Flüchtlinge in der Turnhalle nebenan, es werden dort aber in drei Klassen 60 junge Flüchtlinge unterrichtet, die jeden Tag aus den Unterkünften im Landkreis an die Schule kommen - wie andere Schüler auch. Dass Berufsschul- und Flüchtlingsklassen miteinander in Kontakt kommen, ist nicht einfach, denn "an der Berufsschule gibt es nicht so eine Gemeinschaft wie an den allgemeinbildenden Schulen", sagt Schulleiterin Andrea Reuß. Die jungen Auszubildenden sind entweder nur an einzelnen Tagen oder wochenweise an der Schule, die übrige Zeit verbringen sie in ihren Ausbildungsbetrieben. Dennoch gibt es Berührungspunkte: Schüler aus den Fachklassen versuchen, in leicht verständlichen deutschen Sätzen den Flüchtlingen aus ihrem Berufsalltag zu erzählen. Die Friseurfachklasse plant ein Projekt, bei dem sie Flüchtlinge für anstehende Bewerbungen beraten will. Es gibt Anti-Aggressions-Trainings für Flüchtlinge, und es gab ein gemeinsames Fußballturnier. Ein anderes Projekt testete das Wissen der deutschen Schüler über Flüchtlinge: Was bedeutet das Wort Taliban auf deutsch? Oder: Wie weit ist Somalia von Deutschland entfernt?

© SZ vom 30.01.2016 / baz/bip - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: