Musik:Der Klang von Inklusion

Lesezeit: 2 min

Hoch die Hände: Bei der Generalprobe des inklusiven Gospelchors "Oh happy Day" ist voller Körpereinsatz gefragt. (Foto: Günther Reger)

Ein Gospelchor vereint Menschen mit und ohne Behinderung

Von Helena Schachtschabel, Fürstenfeldbruck

Links, rechts, links. Die Hände werden abwechselnd in die Höhe gestreckt, während das Radio den Takt vorgibt. Mit strahlenden Gesichtern versuchen die Menschen, sich die Choreografie einzuprägen. Vom Nebenraum her erklingen Chorgesänge. "Jetzt üben wir noch mal die Schnulze von Whitney Houston", ruft Choreografin Stephanie Felber und die begeisterten Tänzer müssen lachen. "Wer hat an welcher Position mitgetanzt?" Ein kleines Durcheinander entsteht bis schließlich jeder seinen Platz gefunden hat. Zwei Schritte nach vorne, zwei zurück und die Arme im Kreis.

Die Tänzer und Sänger gehören zum inklusiven Gospelchor "Oh Happy Day" und verwandeln das Graf-Rasso-Gymnasium bei ihrer Probe am Sonntag in eine Musikwerkstatt. Die Klassenzimmer sind gefüllt mit Musikbegeisterten, welche ihre Stücke und Choreografien für das diesjährige Weihnachtskonzert proben. Der Projektchor "Oh Happy Day" ist deutschlandweit einzigartig, denn er besteht zu einem Drittel aus Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung. "Wir möchten mit diesem Projekt zeigen, dass sich jeder Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten einbringen kann. Wir leben die Inklusion und wir spüren wie die Grenzen zwischen den Menschen mit und ohne Behinderungen immer weiter verschwimmen", erklärt Projektleiter Thilo Wimmer. Er ist Fachdienstleiter der Caritas-Kontaktstellen für Menschen mit Behinderung im Caritas-Zentrum Fürstenfeldbruck und Dachau und vertraute von Beginn an darauf, dass die Idee von Vocal-Coach Ulrike Buchs-Quante aufgehen würde. "Ich wollte mich gerne als Mensch, dem es gut geht, engagieren. Doch meine Vorstellung war es nicht etwas für andere Menschen zu machen: Ich wollte gerne mit anderen Menschen gemeinsam etwas machen," sagt Buchs-Quante.

Die einzelnen Übungsgruppen haben sich in der Aula des Gymnasiums zusammengefunden. "Rudolph the red nosed reindeer" hallt es durch das Schulgebäude. Die verschiedenen Stimmen der Sänger und Sängerinnen fluten den Saal, während sich die 150 Chormitglieder beschwingt zur Musik bewegen. "Die Herren hätte ich gerne noch ein bisschen markiger", verbessert die musikalische Leiterin Ulrike Buchs-Quante einige der Sänger, doch immer mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Die Leidenschaft für die Musik hat diese Menschen zusammengebracht, doch nun sind es Freundschaften, welche sie verbinden.

Seit zwei Jahren gibt es das Projekt, das auch vom SZ-Adventskalender unterstützt wird, obwohl es ursprünglich als einmalige Sache geplant war: "Nach dem Konzert 2014 wollten wir das Projekt eigentlich beenden", sagt Buchs-Quante. "Doch der Chor protestierte. 2015 entsteht das, was Inklusion wirklich bedeutet: Die Menschen wachsen zusammen und es sind vor allem die mit geistiger Behinderung, welche unsere Gruppe mit ihrer Freude und ihrem Engagement tragen." Von Beginn an sind die 25-jährige Julia Asal und die 28-jährige Simone Ostermair Teil des Chors und freuen sich auch in diesem Jahr auf das anstehende Konzert. Und auch die 16-jährige Lisa Rubin wird beim Auftritt dabei sein. Das blinde Mädchen verzaubert mit ihrer Herzlichkeit und einer tollen Solostimme.

Der inklusive Gospelchor "Oh Happy Day" tritt am Sonntag, 22. November, von 18 Uhr an in der Sankt Pauls Kirche in München auf. Das Weihnachtskonzert des Chors findet am Samstag, 28. November, von 19.30 Uhr an im Veranstaltungsforum Fürstenfeld statt. Karten können im Vorverkauf beim Kartenservice Fürstenfeld erworben werden, sowie bei allen München Ticket Vorverkaufsstellen.

© SZ vom 19.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: