Fürstenfeldbruck:Bruck fordert Kompensation vom Bund

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Die Kreisstadt knüpft ihre Zustimmung zu einem befristeten Ausbau der Erstaufnahmestelle am Fliegerhorst an Bedingungen: Maximal tausend Asylbewerber sollen untergebracht werden. Zudem soll das Militär Flächen für sozialen Wohnungsbau freimachen und Sportanlagen öffnen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt macht ihre Zustimmung zum Ausbau der Asyl-Erstaufnahmestelle von Zugeständnissen des Bundes und der Bezirksregierung abhängig: Eine bislang noch militärische Fläche im Westen der derzeitigen Unterkunft soll der Stadt noch vor dem endgültigen Abzug der Luftwaffe für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden. Außerdem soll die Bundeswehr ihre Sportstätten stärker für örtliche Vereine öffnen - und am Rande des Fliegerhorsts sollen maximal tausend Menschen unterkommen. Mit großer Mehrheit hat der Stadtrat dies am Dienstag beschlossen.

Es ist die Reaktion auf den Besuch der Regierungsvizepräsidentin Maria Els. Die hatte vor zwei Wochen die Pläne erläutert, Teile der Verwaltung, die bislang in der Bayernkaserne untergebracht sind, nach Fürstenfeldbruck zu verlegen. Denn Ende des Jahre wird der Münchner Standort voraussichtlich geschlossen, dann soll Fürstenfeldbruck von der Dependance zur vollwertigen Erstaufnahmeeinrichtung ausgebaut werden. Vor allem Verwaltung sowie medizinische Einrichtungen müssten dafür verlegt werden. Weil die Bundeswehr die Räumung weiterer Gebäude im Osten der Brucker Erstaufnahmestelle kategorisch ablehnt, will die Regierung die zusätzlichen Einrichtungen in den vorhandenen Gebäuderiegeln unterbringen, die halbkreisförmig eine große Grünfläche umschließen. Ein Teil der Asylbewerber müsste dann in neue Fertighäuser in Modulbauweise oder Container an der Von-Gravenreuth-Straße umziehen.

Solche Behelfsbauten lehnt die Stadt nun strikt ab. Stattdessen soll die Zahl der am Südrand des Fliegerhorsts untergebrachten Asylbewerber auf maximal tausend begrenzt werden. Auf diese Weise würde dort Platz frei für die zusätzlichen Einrichtungen. Ihre Zustimmung knüpft die Stadt an weitere Bedingungen. So soll die sogenannte "Kurzaufnahme", die bislang in der Landeshauptstadt angesiedelt war, nicht die vorhandene Dependance ergänzen, sondern komplett ersetzen. Das würde bedeuten, dass die Aufenthaltsdauer der Menschen von mehreren Monaten auf maximal drei Wochen sinken würde. Die Stadt hofft, dass dadurch das Risiko einer noch während des Aufenthalts erfolgenden Anerkennung im Asylverfahren sinkt. Denn in solchen Fällen gelten die gleichen Regelungen wie für Obdachlose: finden sie keine Wohnung, muss die Kommune sie in eigenen Häusern oder Pensionen unterbringen.

Großen Wert legt die Stadt zudem auf eine Befristung der Kurzaufnahme oder ähnlicher Einrichtungen, die diese bei Änderungen im Asylsystem ersetzen könnten. Toleriert werden sie lediglich bis zum 31.12.2020. Bis dahin will die Luftwaffe endgültig abziehen, dann soll die zivile Umgestaltung beginnen. Und so lange lehnt die Kreisstadt auch zusätzliche Sammelunterkünfte auf ihrem Gebiet ab.

Ob Bruck die Bedingungen und Forderungen durchsetzen kann, ist ungewiss. Sie hat zwar die Planungshoheit und kann damit bauliche Änderungen des Bestands wie etwa die Aufstellung von Containern blockieren. Stadtjurist Christian Kieser empfiehlt, notfalls eine Veränderungssperre zu erlassen, mit der mehrere Jahre lang der Zustand eines künftigen Baugebiets konserviert und eine anderweitige Bebauung blockiert werden kann. Darüber hinaus hat die Stadt aber kaum Druckmittel. Deswegen wäre vor allem eine militärische Entwidmung des für den Wohnungsbau gedachten Grundstückstreifens südlich der Hauptwache ein bemerkenswerter Erfolg. Den Grundeigentümer, die bundeseigene Immobiliengesellschaft (Bima), wird Bruck kaum zur Herausgabe bewegen können - die Bezirksregierung müsste in den Verhandlungen mit der Bima vielmehr ein gutes Wort für die Kommune einlegen. Gleiches gilt für die geforderte intensiveren Mitbenutzung der Sportstätten.

Eben jene Verhandlungen lösen bei den Politikern großen Unmut aus. Sie fühlen sich übergangen. Maria Els hatte zwar die Eckpunkte skizziert, doch auch sie habe lediglich "beschwichtigt" und sei "nicht konkret geworden", kritisiert Philipp Heimerl (SPD). "Wir wollen endlich was erfahren", pflichtet sein Fraktionskollege Walter Schwarz bei, der sich erfolgreich dafür einsetzt, eine entsprechende Passage in den Beschluss einzufügen. Denn bislang würden die städtischen Planungen "hintertrieben". Einmütiger Tenor bei der Debatte im Stadtrat: große Asylbewerberunterkünfte wie jene am Fliegerhorst überfordern eine Kleinstadt wie Fürstenfeldbruck bei den Integrationsbemühungen.

Der zuständige Referent Willi Dräxler (BBV) sieht mit Blick auf eine bevorstehende Reformierung des Asylsystems weitere dunkle Wolken aufziehen. So sei offenbar geplant, Menschen aus Ländern wie Syrien oder Irak mit Anerkennungsquoten von nahezu hundert Prozent von der dann zuständigen Erstaufnahmestelle in Bamberg aus gleich auf die Kommunen zu verteilen und Asylbewerber aus Ländern, die als sicher eingestuft werden, grenznah unterzubringen. Wird Bruck die Dependance zugunsten einer Kurzzeitaufnahme nicht los, dann rechnet Dräxler damit, dass "die Mitte aus Ländern wie Pakistan, Afghanistan oder Nigeria" zehn Monate und mehr in Fürstenfeldbruck festhängt. Bereits aktuell gebe es Anzeichen für steigenden Frust unter diesen Menschen, der zunehmend auch in handgreifliche Auseinandersetzungen mündet.

Nicht durchsetzen kann sich Alexa Zierl (Grüne) mit der Forderung, die Maximalzahl der Bewohner auf 600 zu begrenzen. Einzig Franz Neuhierl (Freie Wähler), der über fehlende Detailinformationen klagt und mit einer kürzeren Befristung in die Verhandlungen gehen will, stimmt letztlich gegen den Beschluss.

© SZ vom 12.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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