Fürstenfeldbruck:Besuch vom anderen Ende der Welt

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Brucks OB Erich Raff empfängt eine vom evangelischen Dekanat betreute Delegation aus Papua Neuguinea

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Es ist ein Vergleich auf Augenhöhe. Jeder der beiden kann am Montag bei dem kleinen Empfang im Brucker Rathaus punkten - wenn auch auf höchst unterschiedlichen Feldern. Die vier Mitglieder der Delegation einer kleinen Insel vor der Nordküste Papua Neuguineas können mit ganzjährig fast 30 Grad glänzen, mit Palmen, die sich im Winde wiegen, einem meist nicht gar so stressigen und verplanten Arbeitstag und damit, dass ihre Nahrungsmittel praktisch immer hundertprozentig bio und regional vermarktet vom eigenen Feld auf den Tisch kommen.

Dieter Schlenz aus Grafrath und der frühere Pfarrer Walon Kumer beim Verladen eines Wasserfilters. (Foto: Dekanat)

Der oberste Repräsentant der Fürstenfeldbrucker hält dagegen mit einer ans Stromnetz angeschlossenen Stadt mit relativ niedrigem Durchschnittsalter, in der es üblicherweise mehrere Mahlzeiten gibt statt des einen Reis-,Gemüse-,-Süßkartoffel-Abendessens. Und in der das Risiko, von einer herabfallenden Kokosnuss getroffen zu werden, weitaus geringer ist. Andererseits: Auf Karkar sind bestenfalls ein paar Dutzend Autos unterwegs, ansonsten wird klimaneutral zu Fuß gegangen oder Rad gefahren. Und würde der passionierte Radfahrer Raff auf der Insel mit ihren 80 000 Einwohnern amtieren, dürfte er sich "Distriktpräsident" nennen, was schon irgendwie erhabener klingt als Oberbürgermeister. Auch der Vergleich der Insignien endet mit einem Unentschieden: Die tolle Kette mit den kleinen Pflanzensamen und Muscheln, die dem OB zum Abschied umgelegt wird, kann es mit der goldenen Amtskette der Kreisstadt aufnehmen. Und die kleine schwarz-rot-gelbe Flagge mit den fünf weißen Sternen, die da auf dem Tisch im Amtszimmer aufgepflanzt worden ist, harmoniert bestens mit dem vorherrschenden Weiß-blau. Zwei Welten treffen im OB-Zimmer da also aufeinander. Mehr interkulturelle Kommunikation geht kaum. Englisch erweist sich mit Unterstützung der Gräfelfinger Diakonin Monika Protze als gemeinsamer Nenner zwischen Hiri Motu oder Tok Pisin auf der einen und Bayerisch auf der anderen Seite.

Muschel-Amtskette, cooles Käppi: OB Raff mit Gastgeschenken. (Foto: Stadt FFB)

District Secretary Agub Gabol, Pfarrer Daniel Baniwap sowie Gombei Buken Dungo (Verwalterin) und Nancy Bidang (Frauenbeauftragte der benachbarten Bagabag-Insel) sind der Einladung des Evangelischen Dekanats gefolgt. Ebenso wie 80 Prozent ihrer Landsleute sind sie Protestanten. Ein Teil Papua Neuguineas war unter der Bezeichnung "Kaiser-Wilhelm-Land" bis zum Ersten Weltkrieg deutsches "Schutzgebiet". Heute ist der Ostteil der riesigen Insel, die nördlich von Australien liegt, unabhängig, der Westteil von Indonesien annektiert.

Beim Empfang im Rathaus. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Partnerschaft des Dekanats mit der kleinen Vulkaninsel im Pazifik besteht seit den Neunzigern, auch in Form von Solar- oder Wasserfilterprojekten. Etwa alle vier Jahre besuchen sich kleine Delegationen gegenseitig. 2004 und 2013 waren die Fürstenfeldbrucker auf Karkar, 2009 bereits Vertreter des Papua-Neuguinea-Distrikts im Landkreis. Untergebracht sind die Gäste bei Familien in Kottgeisering und Türkenfeld. In den nächsten drei Wochen werden sie nicht nur die Lutherstädte Wittenberg und Erfurt besuchen, sondern auch Einrichtungen wie Berufsschulen. Zudem nehmen sie unter anderem teil am Singen und Tanzen am Freitagabend in der Friedenskirche Türkenfeld und dem Missionssonntag in der Brucker Gnadenkirche.

Dass sie bei aller Bescheidenheit bereit sind, auch einmal den Ton anzugeben, das beweisen Raffs Gäste am Montag mit Unterstützung einer kleinen Bongo-Trommel und den acht Begleitern des Dekanats mit dem Lied "Dies ist der Tag". Dem Tag werden weitere gut zwei Wochen am anderen Ende der Welt folgen. Die ersten Eindrücke? Bislang nie gesehene Hochhäuser und Züge, viel Verkehr. "So viele Blumen", schwärmt Nancy Bidang. "Und alles so durchgetaktet", wundert sich Kirchensekretär Agub Gabol.

© SZ vom 26.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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