Fürstenfeldbruck:Ausdruck der Gefühle

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Julia Schneider gibt einen Gesangskurs für jedermann

Von Anna Landefeld-Haamann, Fürstenfeldbruck

Singen, so sagt Julia Schneider, sei ein Urbedürfnis des Menschen. "Immer dann, wenn das gesprochene Wort an seine Grenzen stößt, sucht der Mensch nach einer anderen Möglichkeit, seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen." Gelegenheit zum Singen bietet die 40-jährige Bruckerin in einem Kurs, den sie am Sonntag, 25. Oktober, von 18 Uhr an leitet. Mitsingen kann jeder ohne musikalische oder stimmliche Voraussetzungen.

"Wer eine Stimme hat, der hat auch das Recht gehört zu werden", sagt Schneider, die an der Hochschule für Musik in München Schulmusik in den Fächern Gesang und Klavier studiert hat. Seit mehreren Jahren unterrichtet sie unter anderem an der Musikschule in Grafrath. Unter ihren Schülern sind neben semi-professionellen Chorsängern und Leuten, die ihre Sprechstimme verbessern wollen, auch eine kleine Gruppe derjenigen, die meinen, überhaupt nicht singen zu können. "Den meisten wurde als Kind gesagt: Du kannst nicht singen. Das klingt schief. Lass das", erzählt Schneider. Solche Bemerkungen seien verletzend - denn seine Stimme, die könne man ja nicht einfach verändern oder ablegen. "Wer jemandes Stimme herabwürdigt, degradiert damit den Menschen", davon ist Schneider überzeugt. Einige ihrer Schüler litten jahrzehntelang: Insgeheim singen zu wollen, aber es sich schlussendlich zu verbieten. "Behutsam die verschüttete Stimme wieder auszugraben - daran arbeite ich mit ihnen. Sie sollen mit ihrer Stimme wieder stimmig sein." Es käme nicht darauf an, dass jeder ein großer virtuoser Sänger werden müsse, sagt die Gesangspädagogin.

Ganz genauso hält sie es auch mit ihren Gruppenkursen, die sie seit vier Jahren regelmäßig anbietet. "Ob nun die Töne richtig oder falsch getroffen sind, das ist nicht wichtig". Fernab jedes Leistungsgedankens gehe es darum, mit anderen zusammen zu musizieren. Singen, nicht als artifizielle Ausdrucksform, sondern als soziales Ereignis aufzufassen, das ist für Schneider entscheidend. Für ihren Kurs hat sie deswegen auch Lieder ausgewählt, deren Text und Rhythmus einfach aufgebaut sind. Gesungen werden unter anderem sogenannte Chants, die sich in vielen spirituellen Traditionen wie dem Buddhismus, Sufismus oder Judentum wiederfinden. Durch ständige Wiederholung von einigen wenigen kurzsilbigen Wörtern kann es zu einem meditativen Zustand kommen. Es sei medizinisch erwiesen, sagt Schneider, dass sich Puls und Atmung beruhigen und damit Stress abgebaut werden könne.

Doch "Heilsversprechen", wie Schneider es nennt, möchte sie nicht geben, obwohl auch Healing-Songs, also heilsame Lieder, gesungen werden. "Ich bin keine Musiktherapeutin", sagt sie. Niemand könne allein durch Singen von seiner Angststörung oder Krebserkrankung geheilt werden, höchstens die Genesung begleiten. Heilsam, darunter versteht Schneider, dass sich der Mensch als sinnliches und körperliches Wesen erfahreund wieder zu sich finde. Weitere Informationen und Anmeldung zu "Seelengesänge" unter 08141/35 85 24 oder post@der-eigene-ton.de

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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