Fürstenfeldbruck:Auf Kurs

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Jakob Ettner wird erneut zum Präsidenten des Sportclub gewählt. Sein Herausforderer Andreas Conrad scheitert mit einem Team, das fast ausschließlich aus ehemaligen Funktionären besteht. Zurück in die Vergangenheit aber wollen die Mitglieder nicht

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Sie waren zu Siebt oder Acht und wollten noch schnell Mitglied werden beim Sportclub Fürstenfeldbruck, kurz bevor die Versammlung beginnen sollte. Doch der Verein sagte nein. Ein Anspruch auf Aufnahme bestehe nicht, so steht es in der Satzung. Der Abteilungsleiter darf das entscheiden - ohne Angabe von Gründen. "Es geht darum, den Frieden innerhalb des Vereins zu halten", wird Jakob Ettner, der Vereinschef, später auf Nachfrage der SZ sagen. Es war schnell klar geworden, dass der SCF die potenziellen Neumitglieder nicht wollte, die dem Team von Ettners Gegenspieler zuzuordnen waren. Andere Neulinge hatte er in den zurück liegenden Wochen allerdings aufgenommen. Ettner: "Ich habe zum Wohle des Vereins gehandelt." So begann die Jahreshauptversammlung turbulent und mit mehr als 20 Minuten Verspätung.

Dass die vereinsrechtlichen Grundlagen beim Sportclub überarbeitungsbedürftig sind, machte später auch der BLSV-Kreisvorsitzende Steffen Enzmann deutlich, der riet, sich statt ständiger Satzungsänderungen eine Finanzordnung zu geben, "denn jede Änderung kostet Geld". Bei einem schnellen Blick in die Satzung hatte Enzmann außerdem festgestellt, dass diese "nicht mehr konform mit der Zahl der Abteilungen" ist. Es war offenbar noch niemandem aufgefallen, dass die Sparten Tischtennis und Badminton in den vergangenen zwei Jahren ausgetreten waren und die Stockschützen bereits im Jahr 2007.

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(Foto: Günther Reger)

Überfüllt ist die Gaststätte des SCF bei der Jahreshauptversammlung. Unter den Gästen, der fristlos entlassene Fußballtrainer Tarik Sarisakal (vorne links).

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(Foto: Günther Reger)

Jakob Ettner bleibt für weitere zwei Jahre Präsident, die Versammlung zu leiten, überließ er seiner Stellvertreterin.

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(Foto: Günther Reger)

Vize Ursula Valier: Sie präsentierte auch die Zahlen zur finanziellen Lage des verschuldeten Vereins.

Von den verbliebenen drei Fußballabteilungen waren 111 stimmberechtigte Mitglieder in die Sportgaststätte gekommen, die, um alle unterzubringen, sogar mit zusätzlichen Tischen und Stühlen ausgestattet wurde. Die Versammlung begann dann mit einem weiteren Novum. Jakob Ettner, immerhin amtierender Präsident des Vereins, überließ die Moderation des Abends dem Leiter der Abteilung Alte Liga, Gerhard Knöchel, was bei so manchem den Eindruck erweckte, da stehle sich einer aus der Verantwortung. "Es war klar, dass sie mich attackieren werden", sagt Ettner hinterher. Sie - das sind die Kandidaten um seinen Herausforderer. Sie - das sind die Mitglieder der ehemaligen Führungsriege. Ettner erzählt der SZ noch, dass "die Polizei auch hier war": Zwei Beamte in zivil, um deren Erscheinen er gebeten habe, "um Tumulte zu vermeiden". Es muss schlimm stehen um den SCF.

Das Klima ist vergiftet. Ettner hat zwischenzeitlich mehrere frühere Präsidiumsmitglieder, auch mehrfach, angezeigt. Es wird ermittelt. Es überraschte deshalb, dass Andreas Conrad, Ettners Herausforderer und früherer Stellvertreter, in seinem Team fast ausschließlich ehemalige Funktionsträger präsentierte: Eckart Lutzeier, Antonio di Gorga (der freilich erst Mitglied hätte werden müssen), Johannes Mühlberger, Frank Demmer, Alfred Januschke, Sieglinde Schmid. Dazu Markus Ließ, früherer Fußballer und heute in der Alten Liga aktiv, sowie Sven Jacob, ehedem Physiotherapeut des SCF. Ehrenpräsident Albrecht Huber sprach den Medien gegenüber aus, was wohl auch manch anderer dachte: Die Vergangenheit sei noch nicht aufgearbeitet, deshalb "gehen einige Personen gar nicht". Huber meinte damit Bewerber aus dem Team Conrad. Er "hätte da andere Leute erwartet". Conrad freilich hatte schon zuvor eingeräumt, dass es schwierig war, ein Team zusammenzustellen. Potenzielle Kandidaten seien wieder abgesprungen. Darunter war auch Piraten-Stadtrat Andreas Ströhle gewesen.

Nicht einmal ein Drittel der Stimmen, nämlich 32 von 111 - das sind 29 Prozent - erhielt Conrad schließlich bei der geheimen Wahl zum Vereinspräsidenten. Mit 73 Stimmen - 66 Prozent - wurde Amtsinhaber Jakob Ettner bestätigt, seine Mitstreiter applaudierten laut, als das Ergebnis verkündet wurde. Ettner bleibt auch Jugendleiter. Seine Stellvertreterin ist Ursula Valier, die Steuerberaterin des Vereins. Als Schatzmeisterin wurde Vereinswirtin Monika Brand bestätigt, deren Bruder Alfred Thurner bleibt Fußball-Abteilungsleiter. Beisitzerin ist Manuela Thurner, neue Geschäftsführerin Kerstin Müske.

Ettner hatte zuvor doch noch ans Rednerpult treten müssen, um seinen Rechenschaftsbericht vorzutragen. Er habe den Verein "unmittelbar vor der Insolvenz" übernommen. Sein Ziel sei dessen Konsolidierung. Der SCF leiste "richtig gute Jugendarbeit". Er würdigte, wie auf dem Sportgelände "alles gepflegt und mit Blumen bepflanzt" sei, die Spielfelder seien im Gegensatz zu früher ("eine Katastrophe") jetzt "ein Traum". Der Abstieg der ersten Männermannschaft in die Bezirksliga tue ihm "persönlich sehr weh", vielleicht, so Ettner über Ettner, sei es "ein Fehler von mir gewesen, dass ich mich mehrere Zeiträume von der Mannschaft zurückgezogen habe". Sein Kontrahent betonte in seiner Vorstellungsrede, den Verein "neu ausrichten" und das Vereinsleben stärken zu wollen. Besonders zuversichtlich sah Conrad dabei nicht aus. Wenn er nicht gewählt werde, sagte er noch, dann werde er dem Verein "weiter mit ganzem Herzen verbunden sein".

Zum Schluss dann schaltete sich noch einmal der BLSV-Kreisvorsitzende ein. Der Bayerische Landes-Sportverband habe den Verein mehrmals per E-Mail aufgefordert, fehlende Unterlagen für die Zuschussvergabe für den Kunstrasenplatz einzureichen, so Enzmann. Ettner gab zur Antwort, dass sein Rechner gehackt worden sei. Enzmann ließ ihn daraufhin wissen, dass die Abwicklung in ganz Bayern in der Regel gut klappe und der Präsident in der Lage sein müsse, seine Mails abzurufen. Er, Enzmann, wisse wovon er spreche, er sei beruflich in der EDV-Branche tätig. Das Problem des SCF aber ist, dass der Nachweis von Eigenmitteln ins Stocken geraten ist, seit 42 000 Euro von einem Konto fehlen, die für das Flutlicht am Kunstrasen geplant waren. Das Geld war schon bei Ettners Amtsübernahme nicht mehr da. Es könnte sein, dass sich die Ermittlungsbehörden auch damit beschäftigen.

© SZ vom 13.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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