Türkenfeld:Anwalt der Demonstranten

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Andreas Schwarzer rechnet damit, dass ihn der G-7-Gipfel viel Arbeit bescheren wird. (Foto: Johannes Simon)

Der Strafverteidiger Andreas Schwarzer steht während des G-7-Gipfels Festgenommenen zur Seite

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Andreas Schwarzer ist vorbereitet. Der Rechtsanwalt aus Türkenfeld rechnet damit, dass ihm der G-7-Gipfel viel Arbeit beschert. Schon bevor die wichtigsten Politiker aus den sieben wirtschaftsstärksten demokratischen Ländern sich am Sonntag treffen, könnte die Polizei Demonstranten festnehmen, weil sie sie für gefährlich hält, meint er. Sozusagen als Vorbeugung. Das aber gefällt dem stellvertretenden FDP-Kreischef gar nicht. Er möchte, dass Demonstranten ihre Meinung sagen können. Davon sollen sie nicht durch eine riesige Polizeipräsenz abgeschreckt werden. Schon im Bundestagswahlkampf vor zwei Jahren hat Schwarzer als Kandidat der FDP die bayerische Politik kritisiert. Bei ihr komme zuerst die Sicherheit, die Freiheit spiele eine geringere Rolle, sagte er damals und sagt er heute. Im Freistaat sieht er eine "Polizeistaatsmentalität" am Werk, die sich auch jetzt, vor dem Treffen der Politiker aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und den USA zeige, so wenn Flugplätze geschlossen, Grenzen abgeriegelt und Autofahrer vermehrt kontrolliert werden.

Konkret befürchtet Schwarzer, dass Polizei und Justiz vermehrt Gebrauch machen könnten vom Artikel 17 im Polizeiaufgabengesetz. Der sieht vor, dass Personen in "Gewahrsam" genommen werden können, wenn von ihnen anzunehmen ist, dass sie eine Straftat vorhaben oder zu ihr beitragen könnten. Seine Befürchtungen gründet Schwarzer auf die Einrichtung ständiger Gerichte in München und Garmisch-Partenkirchen. Bis zum Ende des G-7-Treffens sollen mehrere Richter rund um die Uhr im Einsatz sein, um Urteile gegen festgenommene Personen zu sprechen. Diesen Aufwand könne er sich nur dadurch erklären, dass die Justiz mit einer erheblichen Anzahl von Festnahmen aufgrund des genannten Artikels rechne, sagt Schwarzer. Um den Festgenommenen Rechtsbeistand zu gewähren, stehen nach den Worten des Rechtsanwalts bis zu 200 Strafverteidiger bereit. Sie sind verbunden über ein Notfall-Handy. Dessen Nummer findet sich auf der Homepage der Initiative bayerischer Strafverteidiger.

Nach den Erfahrungen von Heiligendamm, dem bislang letzten G-7-Treffen in Deutschland im Juni 2007, und den Krawallen bei der Eröffnung des EZB-Neubaus im März in Frankfurt habe er Verständnis dafür, dass sich die Polizei auf die Demonstrationen vorbereite, sagt Schwarzer. Allerdings ist sein Eindruck, dass die bayerische Regierung zeigen wolle, dass sie besonders viel Wert auf Ordnung und Sicherheit lege. So rechnet Schwarzer auch mit einer besonders großen Polizeipräsenz bei den Demonstrationen. Dadurch und durch das Auftreten der Beamten in ihrer Schutzkleidung werde eine "unangenehme Situation" geschaffen, die möglichen Teilnehmern das Demonstrieren verleiden solle, vermutet der stellvertretende FDP-Kreisvorsitzende. Das aber sei mit der grundgesetzlich verbrieften Demonstrationsfreiheit nur schwer zu vereinbaren.

Außerdem fürchtet Schwarzer um das bislang noch liberale bayerische Versammlungsrecht. Den Liberalen sei es in der Koalition mit der CSU gelungen, dieses Recht im Jahr 2010 zu verändern, nachdem das Bundesverfassungsgericht zuvor mehrere Vorschriften außer Kraft gesetzt hatte. Der Staatsregierung, die nun wieder einzig aus CSU-Ministern besteht, unterstellt er, zu den Regelungen vor dem Kompromiss mit der FDP zurückkehren zu wollen. Die Erfahrungen mit dem G-7-Gipfel auf Schloss Elmau könnten dazu als Begründung herangezogen werden, sagt der FDP-Lokalpolitiker.

© SZ vom 03.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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