Fürstenfeldbruck:Abwägungssache

Lesezeit: 2 min

Erstaufnahme oder Kurzaufnahme von Flüchtlingen - Fürstenfeldbruck wälzt die Argumente

Von baz, Fürstenfeldbruck

Die Regierung von Oberbayern möchte aus der Erstaufnahmestelle im Fliegerhorst, die vor knapp zwei Jahren eingerichtet wurde und bislang eine Dependance der Aufnahmestelle in der Münchner Bayernkaserne war, eine Kurzaufnahme für mindestens fünf, vielleicht sogar zehn Jahre machen und wünscht dafür die Zustimmung der Stadt. Sollte diese nicht mittun, droht die Regierung, "den Standort längerfristig wie bisher zu nutzen", und zwar mit einer Kapazität von 1600 Betten. So steht es in einem Schreiben an die Stadt Fürstenfeldbruck. Deren Stadträte sind in der Beurteilung uneins, beiden Alternativen - Erstaufnahme oder Kurzaufnahme - aber ist gemein, dass sie nicht mit Stadtratsbeschlüssen zur Flüchtlingsunterbringung übereinstimmen. Diese sahen lediglich eine temporäre Unterbringung bis Ende 2020 vor. Die Stadtverwaltung hat die Unterschiede der beiden Arten einander gegenübergestellt:

Umfang, Art und Dauer der Belegung

Die Dependance der Erstaufnahme könnte künftig maximal belegt werden, und zwar mit 1600 Asylbewerbern. Es würden dort dann vor allem Flüchtlinge mit unklarem Ausgang ihres Asylverfahrens untergebracht. Die eindeutigen Fälle von Personen, die mit ihrer Anerkennung rechnen dürfen, sowie von Personen aus sicheren Herkunftsländern, würden nicht mehr in Fürstenfeldbruck landen, sondern zügig in Gemeinschaftsunterkünfte oder in Rückführungszentren zur Abschiebung gebracht. In einer Kurzaufnahme werden zunächst alle Flüchtlinge aufgenommen, versorgt, medizinisch untersucht und nach wenigen Tagen verteilt. Ihr Aufenthalt dort soll von wenigen Tagen bis maximal drei Monate reichen. Die Zahl der Betten wäre auf 1000 begrenzt.

Aufgaben der Stadt

Es gehört zu den Pflichtaufgaben der Stadt, die Kinder von Asylbewerbern, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben, von einer Verweildauer von drei Monaten an in Schulen und Kindergärten unterzubringen. Ob die Stadt bei anerkannten Asylbewerbern, die in der Erstaufnahme leben, eine Pflicht zur Unterbringung wie bei Obdachlosen hat, ist rechtlich strittig. Indes ist die Stadt bei Familiennachzügen für Obdachlosenunterbringung und sozialen Wohnungsbau zuständig, weiß die Stadtverwaltung. Bei einer Kurzaufnahme würden diese Aufgaben aller Voraussicht nach nicht anfallen. Auch müsste die Stadt dann keine Freizeit- und Weiterbildungsangebote finanzieren, die derzeit Ehrenamtliche für die Bewohner leisten.

Ehrenamt und Integration

In der Erstaufnahme sind derzeit mehr als 100 Ehrenamtliche tätig. In einer Kurzaufnahme sind weder Ehrenamtliche noch die Aufgabe der Integration vorgesehen.

Soziale Folgen

Durch Änderungen im Ablauf werden in der Dependance künftig vor allem Personen verbleiben, deren Asylaussichten ungeklärt oder negativ sind. Die Stadtverwaltung befürchtet deshalb Frustration bei den Bewohnern, möglicherweise auch Missbrauch von Alkohol. Dies sei schon jetzt "ein ernst zu nehmendes Thema". Aus sozialer Sicht könnte eine Kurzaufnahme positiver sein, die Neuankömmlinge erhielten dort Gesundheitsuntersuchungen und erste Schritte zur Integration in den Arbeitsmarkt und müssten Termine abarbeiten. Im Fokus stehe der schnelle Transit. Weil sie "subjektiv alle noch eine Chance auf Asyl" hätten, sei weniger Aggressionspotenzial zu erwarten. Für Integrationsreferent Willi Dräxler (BBV) ist die Kurzaufnahme nicht die bessere Lösung. Er sagt, "die Kurzaufnahme braucht man immer", eine Dependance indes würde aufgelöst, wenn weniger Flüchtlinge kämen.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: