Fotografie:Ein Ameisenbär zu viel

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Bei den Fürstenfelder Naturfototagen im vergangenen Jahr war auch das Foto von Marcio Cabral, dem "All-over-Winner" des Glanzlichter-Wettbewerbs, zu sehen. Doch alles deutet darauf hin, dass der Brasilianer getrickst hat. Nun ist ihm auch noch der Titel "Wildlife Photographer of the Year" aberkannt worden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Auf einer Staffelei in der Fürstenfelder Kulturwerkstatt stand dieses atemberaubende Foto. Besucher der Internationalen Naturfototage 2017 betrachteten fast ehrfürchtig das Glanzlichter-Siegerbild, das einen von Glühwürmchen umschwirrten Ameisenbären unter einem beeindruckenden Sternenhimmel zeigt - nicht ahnend, dass dieses später als unzulässig manipulierter Wettbewerbsbeitrag entlarvt und dem Fotografen der Preis aberkannt werden sollte. Vor zwei Wochen reagierte Udo Höcke, Veranstalter des Glanzlichter-Wettbewerbs und der Fototage, auf seiner Homepage unter der Überschrift "Unglaublich, aber wahrscheinlich wahr" auf einen Bericht von Spiegel Online. Nach Abschluss der diesjährigen Fotomesse am Montag sprach er von einem "in 20 Jahren Glanzlichter einmaligen Fall".

Es geht um das Bild "Futtersuche mit Beleuchtung" des renommierten brasilianischen Fotografen Marcio Cabral, das dieser nach eigenen Angaben an einem Termitenhügel im Emas-Nationalpark mit einer Canon EOS-5-DSR-Kamera, einem Nikonobjektiv 2,8/14-24 sowie zwei Blitzgeräten aufgenommen hat - mit 30 Sekunden Belichtungszeit bei Iso 5000. Im Mai 2017 hatte sich Udo Höcke noch darüber gefreut, dass Cabral eigens aus Brasilien angereist war, um seinen Preis in Fürstenfeldbruck in Empfang zu nehmen. Mit ihm freuten sich Höckes rechte Hand Mara Fuhrmann und die beiden weiteren Juroren Isabel Synnatsche und Jörg Ehrlich. Die Ernüchterung deutete sich dann ein paar Monate später an. Da kam der Verdacht auf, Marcio Cabral habe sein Glück erzwungen. Er habe nicht wochenlang auf die optimalen Bedingungen gewartet und dann noch Glück gehabt, dass sich vor ihm ein Ameisenbär höchst fotogen am Termitenhügel zu schaffen machte. Er soll vielmehr ein ausgestopftes Tier aus dem Besucherzentrum des Naturparks drapiert haben. "Wenn auch der Fotograf die Verwendung des Präparates abstreitet, so sind doch die Hinweise zu erdrückend", heißt es auf der Glanzlichter-Homepage. Eine solche Täuschung sei "unglaublich und unfassbar", das Bild sei disqualifiziert worden. Cabral wurde mittlerweile auch der Titel "Wildlife Photographer of the Year" aberkannt. Der Preis wird vom Natural History Museum London vergeben, vor allem Profis aus aller Welt reichen bei dem Wettbewerb jährlich etwa 50 000 Beiträge ein.

Das höchst umstrittene Bild von Marcio Cabral ist als "All-over-Winner" des Glanzlichter-Wettbewerbs auch bei den Fürstenfelder Naturfototagen 2017 in der Kulturwerkstatt ausgestellt worden. (Foto: Günther Reger)

Ortskundige hatten die Jury darauf aufmerksam gemacht, dass der von Cabral aufgenommene Ameisenbär einem im Besucherzentrum des Naturparks in Brasilien ausgestellten Präparat in seiner ganzen Pose verdächtig ähnele. Ameisenbärforscher und andere Experten wurden eingeschaltet. Sie kamen übereinstimmend zum Ergebnis, dass der brasilianische Fotograf getrickst hatte - auch wenn der das bis heute bestreitet. Höcke kann da nur den Kopf schütteln. Er kenne Marcio Cabral gut und schätze ihn, nun müsse dieser "bei Null anfangen". Die Ironie: Auch ohne Ameisenbär wäre die Aufnahme technisch perfekt und spektakulär gewesen.

Der Fall erinnert an den spanischen Fotografen José Luis Rodríguez, dem 2009 ebenfalls der Preis aberkannt worden war. Er hatte in einer Mondnacht angeblich einen wild lebenden Wolf beim Sprung über ein Holzgatter abgelichtet. Der Wolf entpuppte sich als zahmes Tier aus einem Madrider Zoo. Beim Glanzlichter-Wettbewerb kam es einmal zu einer Disqualifikation. Ein Teilnehmer hatte den Himmel auf seiner Aufnahme in unzulässiger Weise eingefärbt. Mittlerweile sei es sehr schwierig, Manipulationen zu erkennen, räumt Mara Fuhrmann ein. Und dies, obwohl die Teilnehmer ihre Beiträge auch als unbearbeitete RAW-Datei einreichen müssen.

Gut ohne Tricksereien kommen die diesjährigen Gewinner des "Brucker Buidls" aus. Am Freitag sind bei der Siegerehrung auch Brucks OB Erich Raff (links), Sponsor Eckart Lutzeier (3. von links), Erstplatzierter Steffen Domnick (4. von links) sowie Veranstalterin Mara Fuhrmann dabei. (Foto: Günther Reger)

Zu den Internationalen Naturfototagen sind dieses Jahr knapp 10 000 Besucher gekommen. Von 2019 an werden sie von Mai auf August verschoben. Am Freitag sind die zehn Sieger des lokalen Wettbewerbs Brucker Buidl ausgezeichnet worden: Steffen Domnick, Andreas Geiger, Raphaela Raich, Werner Kraus, Michael Bogumil, Peter Weber, Andreas Thierschmidt, Wolfgang Demmel, Christian Horger und Werner Kraus .

© SZ vom 15.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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