Flüchtlinge:Landkreis sucht weiter nach Unterkünften

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SZ-Grafik (Foto: FFB1)

Weil sie aus den Turnhallen raus sollen, brauchen Asylbewerber eine andere Bleibe. Auch deshalb muss die Gemeinde Adelshofen ihre Quote erfüllen - unabhängig vom Ausgang eines Bürgerentscheids

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Der Landkreis benötigt weiterhin Unterkünfte für Asylbewerber - auch wenn deren Zahl zuletzt zurückgegangen ist. Darauf hat Landrat Thomas Karmasin (CSU) am Montag in einem Pressegespräch hingewiesen. Die Unterkünfte seien auch notwendig, um die Turnhallen wieder frei zu bekommen. Deshalb wird sich auch die Gemeinde Adelshofen nicht der Aufnahme von Asylbewerbern entziehen können - auch nicht, wenn der ausgewählte Standort im Klostergarten beim Bürgerentscheid in zwei Wochen abgelehnt werden sollte.

"Aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeit" müsse auch Adelshofen Asylbewerber aufnehmen, betonte Karmasin und ergänzte, dass zudem die Integration in kleineren Gemeinden besser funktioniere. Adelshofen ist bislang eine von drei Kommunen im Landkreis, die noch keine Flüchtlinge beherbergt. In Oberschweinbach und Hattenhofen, die ebenfalls noch keine Flüchtlinge haben, ist die Errichtung von Holzhäusern beziehungsweise einer Containersiedlung allerdings bereits beschlossene Sache. In Adelshofen hatte sich der Gemeinderat auf einen Standort im Klostergarten geeinigt, die Interessengemeinschaft (IG) "Erhaltung Klostergarten Adelshofen" lehnt dies ab und erwirkte für Sonntag, 24. April, einen Bürgerentscheid.

Insgesamt leben im Landkreis derzeit 3638 Asylbewerber, davon etwa 1200 in der Erstaufnahmeeinrichtung im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck und 177 in den Turnhallen. In den Kommunen wurden 2261 Asylbewerber aufgenommen. Die Städte Olching und Puchheim haben ihre Quote deutlich übererfüllt, allerdings sind darunter auch zahlreiche sogenannte Fehlbeleger, die als anerkannte Asylbewerber eigentlich nicht mehr in der Unterkunft bleiben dürfen. Auch Eichenau und Landsberied liegen knapp über der Quote, alle anderen Kommunen hinken den vereinbarten Vorgaben hinterher. Jenseits der Erstaufnahmestelle leben mit 426 die meisten Flüchtlinge in Olching - 20 Prozent mehr als die Stadt aufnehmen müsste.

Deshalb ist dem Landkreis daran gelegen, dass die kleine Gemeinde Adelshofen, zu der die Ortsteile Nassenhausen und Luttenwang gehören, einen geeigneten Platz für Flüchtlinge findet. Geplant ist dort, im Klostergarten ein zweigeschossiges Containergebäude in unmittelbarer Nähe von Nassenhausener Straße und Niemerweg zu errichten. Mitten im Ort gelegen, gilt der Klosteranger dennoch als "Außenbereich", der zwar grundsätzlich von Bebauung frei zu halten ist, der aber durch jüngst erfolgte Änderungen im Baugesetzbuch für den Bau von Flüchtlingsheimen genutzt werden darf. Sollten die Bürger den Standort in zwei Wochen ablehnen, wird der Landkreis darauf dringen, dass die Suche nach Alternativen wieder aufgenommen wird: Als solche gelten ein unbebautes, aber mit Bäumen bepflanztes Grundstück der Kirchenstiftung an der Nassenhausener Straße, der alte Sportplatz sowie ein Grundstück im ehemaligen Mischgebiet des Ortsteils Luttenwang. Die rekultivierte Bauschuttdeponie im Norden von Adelshofen, die ebenfalls als Standort im Gespräch war, hält Kreisbaumeisterin Reinlinde Leitz auch wegen des Vorhandenseins von Altlasten im Boden nicht für geeignet. An diesem Donnerstag, 14. April, werden Gemeinde und IG ihre Argumente bei einem Informationsabend noch einmal darstellen (20 Uhr, Mehrzweckhalle).

Trotz sinkender Zuweisungszahlen braucht der Landkreis weiterhin Unterkünfte, denn die noch von Flüchtlingen bewohnten Turnhallen sollen demnächst wieder für den Schul- und Vereinssport bereit stehen. Zudem wisse man derzeit nicht, sagt Karmasin, wie sich die Flüchtlingszahlen langfristig entwickeln, ob sich das Abkommen mit der Türkei bewähre oder ob sich Flüchtlinge nun verstärkt über Italien auf den Weg machten. Noch Ende Januar waren dem Landkreis wöchentlich 78 neue Asylbewerber zugewiesen worden. "Es wäre fatal, die Akquise einzustellen", ergänzt Andreas Buchner, Asylkoordinator im Landratsamt. Würden die Zuweisungen wieder steigen, "dann hätten wir massive Probleme und müssten erneut auf Turnhallen ausweichen".

Die Maisacher Einfachturnhalle soll in vier bis sechs Wochen geräumt sein, die dort derzeit noch wohnenden 36 Flüchtlinge sollen einstweilen auf die anderen Sporthallen verteilt werden. Die beiden Sporthallen am Schulzentrum Puchheim, in denen noch 81 Asylbewerber leben, sollen in den Sommerferien geräumt werden. Nur die Halle des Germeringer Max-Born-Gymnasiums (derzeit 60 Asylbewerber) wird noch nicht bis zum Beginn des neuen Schuljahres frei sein. Für die zwischen zehn und 15 Fehlbeleger in den Turnhallen wolle man gemeinsam mit den Gemeinden Lösungen finden, sagt Asylkoordinator Buchner. In den Asylunterkünften der Gemeinden leben insgesamt fast 200 Fehlbeleger.

Wie groß der Renovierungsbedarf in den Turnhallen sein wird, weiß man im Landratsamt noch nicht so genau. Dass es so kommen wird wie am Kurt-Huber-Gymnasium in Gräfelfing im Landkreis München, wo nach dem Auszug der Asylbewerber für die Sanierung von Boden und Sanitäranlagen Kosten von 575 000 Euro errechnet wurden, schließt Axel Schuhn, zuständiger Baureferatsleiter im Brucker Landratsamt, aus. Man habe die Hallenböden eigens durch eine Auflage geschützt.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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