Eichenau/Wyschgorod:Am Ufer des Dnjepr

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Hinter dem Turm der Kirche Boris und Gleb breitet sich das malerische Dnjeper-Ufer aus. (Foto: Michael Gumtau/ OH)

Wyschgorod, die Partnerstadt Eichenaus, liegt an einem gewaltigen Fluss

Von Erich C. Setzwein, Eichenau/Wyschgorod

Wenn Anna Iwaschtschenko über ihre Heimat spricht, dann könnte man für einen Moment vergessen, dass die Ukraine ein Land im Bürgerkriegszustand ist. Donezk und Kiew sind Orte, die häufig in den Nachrichten auftauchen, auch wenn es im Westen verhältnismäßig ruhig zugeht. Deshalb hat das deutsche Außenministerium auch nur eine Teilreisewarnung für die Ukraine herausgegeben, die von Fahrten in den Osten des Landes abrät. Im Westen aber, dort wo nahe der Hauptstadt die Stadt und der Kreis Wyschgorod liegen, da scheint das Leben Spaß zu machen. Sagt zumindest Anna Iwaschtschenko, die 19 Jahre alte Völkerrechtsstudentin aus Eichenaus Partnergemeinde.

Die Partnerschaft geht zurück auf das Jahr 1992, da war Anna Iwaschtschenko noch gar nicht auf der Welt. Seinerzeit war das Ziel, Kindern aus der Gegend um Tschernobyl zu helfen. Wyschgorod liegt an der 30-Kilometer-Schutzzone um das havarierte Atomkraftwerk. Weit mehr als 70 000 Menschen leben im Rayon, einem Landkreis vergleichbar, 30 000 davon in der Stadt am Ufer des Kiewer Meeres. "Es ist heute eine schöne moderne Stadt, hier wohnen mehr als 30 000 Menschen."

Die Nähe zur Hauptstadt Kiew ist spürbar, aber die Gegend strahlt auf deren Bewohner einen besonderen Reiz aus. "In meiner Stadt gefällt mir am besten die Uferstraße am Dnjepr, es ist ein wunderschöner Platz!", schwärmt die Studentin, die im vergangenen Sommer in der Gemeindeverwaltung Eichenau ein Praktikum absolviert hat. Die Uferstraße ist für sie deshalb so besonders, weil man dort außer spazieren gehen auch Sport treiben kann - und, wer schon in der Ukraine war, weiß das, prima Hochzeiten feiern. Blickt man vom Dnjeprufer zur Stadt, sieht man das Wahrzeichen der Stadt, die Kirche Boris und Gleb, schaut man zum Wasser hin, erinnern sich die Wyschgoroder an das erste Formel-1-Motorbootrennen statt.

Zwischen den Stadtzentren von Wyschgorod und Kiew liegen etwa 25 Kilometer, zwei Buslinien verbinden das Land mit der großen Stadt. Wer nach zweieinhalb Stunden Direktflug am Kiewer Flugplatz ankommt, gibt für den Bus ein paar Griwna - das ist die ukrainische Währung - aus, um nach Norden den Dnjepr entlang nach Wyschgorod zu fahren. In Wyschgorod stehen einem dann die Hotels Uzmoria und Wyschegrad zur Verfügung, wobei für Anna Iwaschtschenko das Wyschegrad "besonders schick aussieht, wie eine echte Residenz". Ein Blick auf die Homepage des Hotels mag diesen Eindruck bestätigen.

Und sonst? "In der Umgebung meiner Heimatstadt gibt es auch viele schöne Plätze. Im Dorf Demydiv gibt es einen großen Zoo, im Dorf Nowi Petriwzi befindet sich die weltberühmte private Residenz von Wiktor Janukowytsch." Dieser war vor seiner Flucht nach Russland und dem Ausbruch der Unruhen Präsident der Ukraine. Den Eichenauern hat Anna Iwaschtschenko bei einem Besuch den Besuch der Museen ans Herz gelegt. Zum Beispiel das 2006 eröffnete Museum der Töpferei. Dort sind nicht nur wertvolle Stücke zu sehen, jeden Donnerstag können die Besucher an einem Kurs mit erfahrenen Töpferhandwerkern teilnehmen.

Wer tief in die Geschichte der Wyschgoroder eindringen will - die Siedlung besteht seit 926 -, der wird um einen Besuch des historischen Museums dann nicht herumkommen. Es wurde 2008 eröffnet und liegt in einem Naturschutzgebiet. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung seit dem Paläolithikum. Auch wird die Geschichte von den Kosaken des Mezhigorie-Klosters erzählt, und wer Ikonen mag, wird die weltberühmten Ikone der Mutter Gottes bewundern können - wenn auch nur die Kopie.

© SZ vom 17.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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