Eichenau:Virtuose Spielfertigkeit

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Roggensteiner Konzertreihe endet mit barockem Klanggenuss

Von Klaus Mohr, Eichenau

Die Tage werden kürzer, und schon der Aufstieg zur Kapelle Roggenstein findet bei gedämpftem Tageslicht statt. Damit weiß man, dass die Konzertreihe dort für dieses Jahr zu Ende geht. Auch die Temperaturen in der Kapelle sind inzwischen alles andere als schwül-warm. Quasi ein Kontrastprogramm zum jahreszeitlichen Rückgang hatten sich die Blockflötistin Maria Hofmann und der Cembalist Christian Brembeck für den letzten Abend überlegt, der trotz der Bundestagswahl sehr gut besucht war: Italienische Concerti und Sonaten erinnerten an die Wärme des Sommers, virtuose Spielfertigkeit wirkte dem eher gedämpften Ambiente spürbar entgegen.

Blockflöten gibt es bekanntlich in verschiedenen Größen, und Maria Hofmann setzte in diesem Konzert auf verschiedene Instrumente. Mit der Größe veränderte sich nicht nur der Tonraum, sondern auch der Klangcharakter. So strömten in Adagio- oder Andante-Sätzen auf tieferen Flöten sonore Kantilenen in den Raum. Virtuose Passagen wirkten in hohem Tempo noch akrobatischer, wenn sie auf einer Sopranblockflöte musiziert waren, weil jeder Einzelton wie eine klangvolle Spitze in die Luft stach. Bei den meisten Werken dieses Abends kam dem Cembalisten die Rolle eines musikalischen Wegbegleiters zu, der akribisch dafür sorgte, dass die Melodiebögen den nötigen Stützgrund erhielten und die technisch brillanten Tonfolgen nicht die Bodenhaftung verloren. Aus beiden Teilen ergab sich ein sehr beeindruckender Konzertabend voll Kraft und Vitalität.

Eine Sinfonia in F-Dur des neapolitanischen Komponisten Alessandro Scarlatti eröffnete das Programm. In den vier Sätzen verbargen sich die typischen Charaktere solcher Werke: Punktierte Rhythmen im Stil einer französischen Ouvertüre bestimmten das Andante, munteres Laufwerk mit fast durchgehenden Sechzehntelketten das Allegro. Eine ausgedehnte Kantilene entfaltete sich im Largo, wobei die Blockflöte auf den langen Tönen nur sehr begrenzte Möglichkeiten für ein Vibrato hat. Dadurch ergab sich einerseits eine klare Stringenz in der Führung des Tons, andererseits bereicherten vielfältige Verzierungen einzelne Töne. Mit einem sehr kurzes Minuet endete die Sinfonia.

Drei Werke des Programms von Giuseppe Matteo Alberti, Nicola Fiorenza und Johann Adolph Hasse wurden erst vor wenigen Jahren in einem Manuskript entdeckt und erklangen alle hier im Konzert. In ihnen wurde ein wahres Feuerwerk barocker Spielkunst abgebrannt: Aberwitzige Tonrepetitionen im Allegro des Alberti-Stücks, die zu einem Raunen im Publikum führten, waren ebenso wie blitzartig abwärts rasende Tonleitern und akkurat zuckende Tongirlanden im Finalsatz der Cantata von Hasse zu hören. Eine kreisende Melodielinie bezog im Amorosa-Satz der Fiorenza-Sonate ihren Ausdrucksgehalt aus organischen Verzierungen.

Christian Brembeck bereicherte mit einer auf das Tasteninstrument und damit seine zehn Finger übertragenen Canzona für sechs Streichinstrumente ebenso das Programm wie mit einer Sonate in d-Moll aus der Feder des Sohnes von Alessandro Scarlatti, Domenico Scarlatti. Beide überraschten in ihrem klanglichen Reichtum. Die bange Frage angesichts des Weggangs von Christian Brembeck aus Eichenau beantwortete er zum Schluss selbst: Auch 2018 wird es wieder eine Konzertreihe in Roggenstein geben, und damit, so darf man vermuten, die Begegnung sowohl mit lieb gewordenen als auch mit neuen Künstlern. Auf das musikalische Gespür von Christian Brembeck dürfte auch 2018 Verlass sein.

© SZ vom 27.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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