Eichenau:Spitze beim Flächenverbrauch

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Der Landkreis ist bei der Verbauung der Landschaft bayernweit unter den ersten drei Kommunen. Wie man sich als Bürger dagegen wehren kann, erläuterte der Landesbeauftragte des Bund Naturschutz in Eichenau

Von Karl-Wilhelm Götte, Eichenau

Der Boden, auf dem wir leben, ist endlich. Diese Tatsache hält die Kommunen nicht davon ab, immer mehr Flächen zu Wohngebieten und insbesondere zu Gewerbeflächen umzuwandeln. Ganz vorne mit dabei bei der sogenannten Flächenversiegelung ist in Bayern der Landkreis Fürstenfeldbruck. Richard Merkner vom Bund Naturschutz (BN) in Bayern nennt es salopp die "Fruchtfolge vom Acker zum Baugebiet und schließlich zum Gewerbegerümpel". Der Bund-Landesbeauftragte informierte im UN-Jahr des Bodens 50 Besucher im katholischen Pfarrheim in Eichenau über den "Boden - unser wertvollstes Gut".

Mergner hatte eindrucksvolle Fotos von markanten Bauten oder Bausünden dabei, die das Publikum raunen ließ. Dazu gehört der "Los Angeles Kreisel" bei Gersthofen, wie die Menschen dort das Gewirr von Straßen und Autobahnzu- und abfahrten nennen. "Warum geht es nicht ein bisschen kleiner", fragte er. Auf bestem Ackerboden sei hier ein enormer, nicht notwendiger Flächenverbrauch praktiziert worden. Mergner verwies auf die Bayerische Verfassung, die in §141,1 fordert: "Mit Naturgütern ist schonend und sparsam umzugehen." Doch dieser Verfassungsgrundsatz stehe offenbar nur auf dem Papier. Mit der Realität habe er nichts zu tun. Das Bayerische Umweltministerium spreche immer wieder gut gemeinte Empfehlungen aus, aber niemand kümmere sich darum.

Der Landkreis Fürstenfeldbruck ist bei der Flächenversiegelung unter den drei führenden Landkreisen in Bayern. In den Jahren 2000 bis 2013 gab es einen Zuwachs von 13 Prozent. Nur die Landkreise München und Neu-Ulm erreichten ähnliche Zuwächse. 2012 verbaute der Brucker Landkreis 17 Hektar Boden. Das erklärte Ziel des Landkreises von 2002, die Versiegelung von 18 auf 4,5 Hektar zu reduzieren, scheint unerreichbar zu sein. Insgesamt werden in Bayern jährlich 6500 Hektar verbaut. "Das ist die Fläche der Stadt Regensburg", erläuterte Mergner. 41 Prozent gehen für Wohnflächen und 20 Prozent für Gewerbegebiete drauf. Besonders der "Flächenfraß" der Gewerbegebiete war dem Bund-Mitarbeiter ein Dorn im Auge.

"Da herrscht die typische einstöckige Schuhschachtelarchitektur vor", kritisierte Mergner heftig. In die Höhe werde dort kaum noch gebaut. Fotos des neuen Gewerbegebietes in Olching-Geiselbullach belegten seine Kritik anschaulich. Dort hat die Stadt seit 2012 in der dritten Ausbaustufe 40 Hektar Gewerbefläche ausgewiesen. Das Gewerbegebiet an B 471 und Stuttgarter Autobahn füllt sich rasant. Gegenüber sind die riesigen Gewerbebauten der Gemeinde Bergkirchen. "Dort werden schreckliche Bausünden angerichtet", meinte Eugenie Scherb, BN-Kreisvorsitzende zu einem Foto des Gewerbeparks Geiselbullach. Neben einer endlosen flachen Halle taucht eine McDonald's-Imbissstation an der B 471 auf. Scherb kopfschüttelnd: "Diesen McDonald's kann man nur mit dem Auto erreichen."

Eine Eichenauerin traute dem örtlichen Gemeinderat zu, dass er Ähnliches am Eichenauer Kreisel bei der S-Bahn anrichten wird. "Die Wurzel des Übels ist die Gewerbesteuer", meinte eine andere Diskutantin. Das sah Mergner genauso. Er weiss um den Wettbewerb der Kommunen um Gewerbeansiedlungen, damit die Steuereinnahmen sprudeln. Die Kommunen würden ihre Planungshoheit für den Flächenfraß, besonders für Gewerbeansiedlungen, missbrauchen, kritisierte er. Es gebe gute Konzepte des Umweltministeriums zum Flächenmanagement. Diese würden jedoch von den Kommunen weitgehend ignoriert. Er forderte eine "Rückverlagerung der Genehmigung des Flächennutzungsplanes einer Gemeinde an die Bezirksregierung".

Besonders warb der Experte und Umweltschützer noch für das sogenannte Anbindegebot, das im Landesentwicklungsprogramm (LEP) steht. Dasverlange eine Anbindung von Wohnen und Gewerbe an bestehende Siedlungen und keine Gewerbeeinheiten oder Wohnbebauung auf der grünen Wiese. Insbesondere "Heimatminister" Markus Söder trete für eine Lockerung dieses Anbindegebots ein. "Schreiben Sie Söder oder ihrem Landtagsabgeordneten, dass Sie keine Lockerung wollen", appellierte der BN-Landesbeauftragte an die rund 50 Anwesenden.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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