Bürgermeister will Dirk Flechsig nicht mehr werden. Vor einem Jahr war das noch anders, als der CSU-Fraktionsvorsitzende Kandidat seiner Partei um die Nachfolge von Hubert Jung war und Wahlkampf machte gegen Martin Eberl (SPD), Claus Guttenthaler (FWE) und Peter Münster (FDP). Doch der heute 45-Jährige verlor bekanntlich die Stichwahl gegen Münster. Seither bereitet er seinen Ausstieg aus der Kommunalpolitik vor. In der Gemeinderatssitzung am 23. Mai wird sich Flechsig aus dem Gremium verabschieden, dem er 21 Jahre lang angehörte. Nachrückerin ist Jutta Huber, die Schriftführerin des CSU-Ortsverbandes, Flechsigs Nachfolgerin für den Fraktionsvorsitz ist die 25 Jahre alte Céline Lauer.
Der Wechsel an der Fraktionsspitze darf als Signal gesehen werden. Denn mit Céline Lauer übernimmt eine inzwischen erfahrene Kommunalpolitikerin den wichtigen Posten, um in ihn hinein- und, wenn es nach der Eichenauer CSU geht, über ihn hinauszuwachsen. Seit Münster im vergangenen September Bürgermeister geworden ist, hat sich die Fraktion in eine Art Oppositionsmodus begeben, hinterfragt plötzlich mehr Ideen und Entscheidungen Münsters. In diese Rolle hat sich auch die Kulturreferentin Céline Lauer im vergangenen Dreivierteljahr eingearbeitet, und in manchen Sitzungen, als Flechsig fehlte, hinterließ sie den Eindruck, sie übe schon für ihre künftige Aufgabe.
Flechsig sagte vor der entscheidenden Fraktionssitzung am Dienstagabend, dass ihn seine Kollegen in den vergangenen Woche gebeten hätten, zu bleiben. Doch nur den Vorsitz abgeben und einfaches Gemeinderatsmitglied bleiben, das wolle er nicht. Er stehe der CSU weiterhin zur Verfügung, wenn er um Rat gefragt werde. Aber sein Hauptaugenmerk wird der Inhaber einer EDV-Firma auf sein forderndes Ehrenamt als Vorsitzender der Nachbarschaftshilfe legen.
Der Sozialdienst mit 104 Mitarbeitern wird von drei ehrenamtlich tätigen Vorstandsmitgliedern geführt. Dafür hat Flechsig bislang drei Vormittag pro Woche freigeräumt. Doch um den mittelständischen Betrieb führen zu können, hält Flechsig einen Geschäftsführer für notwendig. Ohne die Kommunalpolitik im Rücken hofft er, mehr Zeit aufwenden zu können und flexibler zu sein, um die Geschäftsführung installieren zu können und zusammen mit Kassier Michael Brandstetter und dem stellvertretenden Vorsitzenden Manfred Boss,den Verein in eine Firma zu überführen. Ob das nachher eine genossenschaftliche GmbH oder etwas anderes sein wird, darüber zu entscheiden sei die Zeit noch nicht reif.
Wie flexibel es ohne kommunalpolitische Verpflichtungen geht, das hat Flechsig im vergangenen Sommer erlebt, als aus einem für zwei Wochen geplanten Urlaub im brasilianischen Rio de Janeiro ein 49-tägiger Aufenthalt während der Olympischen Spiele wurde. Das faszinierte den früheren Leistungssportler, der in der DDR aufgewachsen ist und als Schwimmer und Leichtathlet in Jena gefördert wurde, ehe er mit 14 Jahren zusammen mit seinen Eltern und der Großmutter im Rahmen der Familienzusammenführung in die BRD übersiedeln durfte. In Eichenau, wo er seither lebt, in Puchheim, wo er aufs Gymnasium ging, und in der CSU, die ihn politisch förderte, habe er so viel Hilfe erfahren, dass er sie auch wieder zurückgeben wolle, sagt Flechsig. Doch nicht allein die Nachbarschaftshilfe unterstützt er, sondern auch zwei junge Brasilianer, die er über Bekannte kennen gelernt hat. Der eine hat mit einem privaten Stipendium ("Das zahlt er jetzt zurück") in Paris studiert und einen guten Job in einer Investmentfirma bekommen, der andere baut sich mit Hilfe Flechsigs in Rio eine Existenz als Stadtführer mit eigenem Büro auf. Für dessen Marketing dürfte Flechsig nun bald mehr Zeit haben.